Sebastian RoloffSPD - Halbzeit der Wahlperiode
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Nach dem Beitrag, Herr Spahn, bin ich ja froh, dass das Testosteron sich wieder verzogen hat und wir zur Sache zurückkommen können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Och!)
Das fällt mir bei Ihrem Antrag aber leider nicht so leicht. Ich habe mich eigentlich ein bisschen gefreut, als Sie ursprünglich die Rohstoffpolitik auf die Tagesordnung gesetzt haben. Darüber hätten wir gerne reden können; da haben wir viel Gutes auf den Weg gebracht.
Ich dachte dann: Gut, machen wir eine Halbzeitbilanz. – Ich bin ja froh, dass Sie nicht den alten Bürokratieantrag, den Sie jetzt schon sechsmal am Stück eingebracht haben, hier platziert haben; aber weite Teile von dem sind auch im vorliegenden Antrag drin. Ich finde im Antrag leider wenig konkrete Vorschläge, die Sie – da Sie ja immer für sich in Anspruch nehmen, eine konstruktive Opposition zu sein – mal hätten platzieren können.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hören Sie doch einfach auf den Normenkontrollrat! Menschenskinder! Was halten Sie hier für eine Rede? O Gott! – Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Lesen hilft!)
Nichts Konkretes! Dafür Behauptungen quer durch den Gemüsegarten, ohne liefern zu müssen, und dementsprechend wundere ich mich schon ein bisschen, was daran seriös sein soll.
Sie fordern eine seriöse Haushaltspolitik – völlig richtig; das haben wir seit gestern geschafft –, und parallel fordern Sie Maßnahmen für wettbewerbsfähige Energiepreise. Sie fordern eine Belastungsgrenze für Bürger/-innen und Unternehmen. Ja, grundsätzlich richtig. Wie es finanziert werden soll, sagen Sie nicht.
(Nadine Heselhaus [SPD]: Wie immer! Das machen sie nie!)
Das ist das alte Spiel, das wir kennen und das Sie hier immer spielen.
Genauso ist das beim Thema Bürokratieabbau. Zum wahrscheinlich zehnten Mal fordern Sie ein Belastungsmoratorium. Ja, das klingt vielleicht gut; aber sogar Ihnen nahestehende Expertinnen und Experten sagen, dass das schlicht dazu führen würde, dass die Politik nicht mehr arbeiten kann, weil sie keine Regeln mehr erlassen kann. Vielleicht wäre es Ihnen gar nicht aufgefallen, wenn ich das so sagen darf. Aber wenn wir das Land gestalten möchten, geht das mit einem Belastungsmoratorium nicht. Hören Sie da wenigstens auf Ihre Experten!
Auch jetzt muss ich mich leider wiederholen, weil es von Ihnen immer wieder kommt: Das Wachstumschancengesetz und das Bürokratieentlastungsgesetz IV bedeuten eine Reduktion der Bürokratiekosten für die deutsche Wirtschaft um mehr als 2,3 Milliarden Euro. Das müssen Sie nicht loben; aber Sie könnten wenigstens im Bundesrat Ihre Blockade dazu auflösen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber nein, es geht Ihnen nicht um Entlastung; es geht Ihnen um kurzfristige billige Punkte.
Beim Thema „Fach- und Arbeitskräftepotenzial voll ausschöpfen“ wird es ja ganz skurril. Sie haben recht in der Analyse: Der Mangel an Fachkräften und Arbeitskräften ist eine unserer größten Wachstumsbremsen in Deutschland. – Ich finde es sehr spannend, wie Sie sich in den letzten Jahren bei entsprechender Entwicklung der Gesetzgebung verhalten haben. Ich sage Ihnen auch: Die Ampel hat mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz das modernste Einwanderungsrecht der Welt geschaffen, und zwar mit großer Unterstützung der Wirtschaft, zum Beispiel durch den Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, mit dem wir ganz hervorragend zusammenarbeiten, der aber nicht im Verdacht steht, linksradikal zu sein.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das stimmt!)
Er begrüßt die Fachkräftepolitik der Ampel ganz ausdrücklich. Hören Sie auf ihn, wenn Sie schon nicht auf uns hören, und hören Sie auf damit, das in Bausch und Bogen zu verdammen, was Sie selber jahrelang blockiert haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen Arbeitspotenziale heben und beispielsweise die Frauenerwerbsquoten weiter erhöhen. Natürlich müssen wir auch noch weitere Fortschritte bei der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit und teilweise auch bei der Kinderbetreuung machen. Klar ist auch, dass wir gezielte Weiterbildung und zeitgemäße Ausbildung ermöglichen müssen. Das fordern Sie selbst. In der Analyse ist der Antrag ja phasenweise richtig. Auf der anderen Seite haben Sie das alte Feindbild Bürgergeld, was Sie genauso in Bausch und Bogen verdammen. Dem hatten Sie zwar zugestimmt, aber dann passte es nicht mehr in die Argumentation. Das ist fatal, weil das Bürgergeld eben genau das tut: Es sorgt dafür, dass Menschen qualifiziert werden und leichter und schneller in Arbeit kommen.
(Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])
Dementsprechend würde ich mir in der Debatte ein bisschen weniger Ideologie und ein bisschen mehr konkrete Vorschläge von Ihnen wünschen. Die Ampelregierung hat in den letzten zwei Jahren geliefert. Ja, in der Kommunikation können wir noch besser werden. Das werden wir tun, und wir werden weiter liefern. Wir brauchen Sie dafür nicht. Sie werden herzlich eingeladen, sich konstruktiv einzubringen. Wenn es so weit ist, sagen Sie mir Bescheid.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605005 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Halbzeit der Wahlperiode |