14.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 144 / Zusatzpunkt 2

Ralf StegnerSPD - Halbzeit der Wahlperiode

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Frau Präsidentin! Wissen Sie, Herr Brandner, der Vorteil der Klugheit besteht darin,

(Stephan Brandner [AfD]: … dass Sie den Mund halten! – Bernd Schattner [AfD]: … dass Sie etwas wissen!)

dass man sich dumm stellen kann und Ihnen damit entgegentreten kann.

(Kay Gottschalk [AfD]: Kaufen Sie sich mal eine Tüte Humor!)

Das Gegenteil ist unmöglich, Herr Abgeordneter.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden über einen Antrag der Union. Ich bedanke mich sehr herzlich für diesen Antrag, weil durch ihn deutlich wird, worin der Unterschied zwischen uns besteht. Sicherlich tun wir uns manchmal schwer, und man muss sich auch nicht immer so streiten, wie das gelegentlich geschieht, aber wir leben in Zeiten von Krisen: Corona ist noch nicht ganz vorbei,

(Kay Gottschalk [AfD]: Corona ist seit zwei Jahren zu Ende, Herr Stegner!)

mitten in Europa ist Krieg, wir haben Inflation, und es besteht die Notwendigkeit, unser Land umzubauen. Dabei versuchen wir, innere und äußere und soziale Sicherheit zusammenzuhalten und die Transformation hinzubekommen. Und am Ende werden wir Erfolg haben.

Was machen Sie? Sie schreiben einen Antrag. Bei Ihnen gewinnt man immer den Eindruck: Sie schauen nur in den Rückspiegel. Es ist bei Ihnen wie bei der Inventur: Da sind alte Ladenhüter dabei, Versuche, gefährliche Spaltungen zu betreiben und grobe Ungerechtigkeiten; vor allem ist aber gefährlicher Unsinn dabei. Und jeder gute Klempner weiß übrigens, dass heißer Dampf gefährlich ist.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liest man genau, was Sie vorschlagen – dann wird es sehr interessant –, erfährt man zum Beispiel, die Lösung bestünde jetzt darin, den Schwächsten etwas wegzunehmen. Das ist Ihre Antwort. Sie beklagen den Weihnachtsfrieden und wollen ihn schwächen. Wo ist eigentlich Ihr C? Haben Sie das outgesourct? Sie können am Bürgergeld übrigens sparen, wenn Sie für Tariflöhne und für ordentliche Bezahlung eintreten würden. Dann hätten wir weniger Sozialtransfers und müssten den Leuten gar nichts wegnehmen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Also: Leute aufzuhetzen und anschließend Krokodilstränen über Lohnabstand und anderes zu weinen, ist nicht besonders glaubwürdig.

Das Gleiche gilt übrigens für die Flüchtlingspolitik. Dazu muss ich Ihnen ehrlich sagen: Wer hat denn verhindert, dass die Menschen arbeiten können, die bei uns sind? Das haben Sie jahrelang verhindert. Da war mit der Union nichts möglich, und das ändern wir als Ampel.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frau Kollegin Wittmann, bei aller Liebe,

(Stephan Brandner [AfD]: Bei aller Liebe? Hört! Hört!)

eines muss man schon sagen: Ihnen ist vielleicht entgangen, dass im letzten Sommer in bayerischen Bierzelten Antisemitismus bejubelt worden ist. Da kann man nicht nur von den Einwanderern reden. Und ich muss Ihnen noch eines sagen, wenn Sie über die Stimmung gegenüber der Ampel klagen, was die Flüchtlingspolitik angeht: Es war Horst Seehofer, der bei Angela Merkels Politik von einer Herrschaft des Unrechts gesprochen hat.

(Bernd Schattner [AfD]: Da hat er recht!)

Und dann haben wir solche klugen Menschen wie Herrn Söder, der von einer Zwangsveganisierung Bayerns redet. Was ist das für eine Realität? Unsere Regierung beschäftigt sich mit einer ganz anderen Realität, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dann schreiben Sie in Ihrem Antrag, Sie seien ja so furchtbar konstruktiv. Als Demokraten akzeptieren wir natürlich, was das Verfassungsgericht in Karlsruhe entscheidet – das müssen wir ja auch – und gehen damit um. Aber ich muss Ihnen schon sagen: Man hat manchmal den Eindruck: Sie wollen eine Außenstelle des Konrad-Adenauer-Hauses in Karlsruhe aufmachen. Sie kündigen uns ständig nur Klagen an, anstatt mal inhaltliche Vorschläge zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Verfassungsbrecher!)

Schauen Sie nach Amerika! Die setzen da 750 Milliarden Dollar dafür ein, das Land zu modernisieren. Und wir diskutieren über die Schuldenbremse wie der Vatikan über das Zölibat, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist doch eine Absurdität sondergleichen. Das muss man doch einfach mal feststellen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber so denkt man eben, wenn man in Erding und anderswo davon spricht, die schweigende Mehrheit zurückzuholen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Die Gefahr, wenn Sie so daherreden, ist, dass Sie billigend in Kauf nehmen, dass Sie von Rechtsradikalen Zustimmung kriegen. Das ist in der Welt, in der wir momentan leben, das Letzte, was wir gebrauchen können, das Allerletzte. Ich muss auch ehrlich sagen: Ich bin froh, dass die Ampel die Entscheidungen so getroffen hat. Denn die drittstärkste Wirtschaftsnation der Welt

(Stephan Brandner [AfD]: Nee! Das stimmt nicht mehr, Herr Stegner! Schauen Sie mal neue Statistiken an! Das war einmal!)

kann es sich in der Situation, wie wir sie momentan international haben, nicht leisten, Pause zu machen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass das Land zusammengehalten wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss – so kurz vor Weihnachten –, dachte ich, erfreue ich Sie mit einem Zitat von Konrad Adenauer, weil es besonders gut passt. Wenn man Jürgen Trittin mit Jens Spahn vergleicht

(Stephan Brandner [AfD]: Um Gottes willen!)

oder gestern den Kanzler mit Herrn Merz,

(Bernd Schattner [AfD]: Not und Elend! – Stephan Brandner [AfD]: Pest und Cholera!)

dann – das kann man sagen – gilt der alte Satz von Konrad Adenauer: „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“ Das ist wirklich wahr, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Frohe Weihnachten! Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605014
Wahlperiode 20
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Halbzeit der Wahlperiode
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