Christian Lindner - Bekämpfung von Finanzkriminalität
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Deutschland genoss bislang den bescheidenen Ruf, geradezu ein Paradies für illegale Finanzgeschäfte zu sein. In einem Bericht aus dem Jahr 2022 hat auch der internationale Standardsetzer für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die FATF, bei uns wesentlichen Nachholbedarf in diesem Bereich festgestellt. Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag hiermit vorlegt, adressiert genau diese Mängel. Wir schlagen damit ein neues Kapitel bei der Bekämpfung der Geldwäsche auf.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn Finanzkriminalität ist eine fundamentale Bedrohung. Sie kostet den deutschen Staat jährlich nicht nur einen hohen Milliardenbetrag. Sie untergräbt vor allen Dingen auch das Vertrauen in die Integrität unseres Wirtschaftsstandortes und die Stabilität unserer Gesellschaft. Der rechtschaffene Unternehmer und die ehrliche Bürgerin dürfen am Ende nicht die Dummen sein, wenn Verbrecher mit ihren illegalen Machenschaften bei uns zu leichtes Spiel haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Daher nehmen wir jetzt eine grundlegende Neuordnung bei der Bekämpfung von illegalen Finanzströmen und Geldwäsche vor. Wir bündeln die bislang fragmentierten Zuständigkeiten in einer schlagkräftigen neuen Behörde, im Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität. Unter einem Dach werden alle Schlüsselkompetenzen – Analyse, strafrechtliche Ermittlungen, Aufsicht, Sanktionsdurchsetzung – zusammengeführt und vernetzt.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Stimmt ja nicht! Es bleibt ja bei den Ländern! – Zuruf des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU])
Neben der Financial Intelligence Unit, der Behörde für Finanztransaktionsuntersuchungen, wird auch die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung aus dem Zoll perspektivisch in das BBF integriert. Zugleich ist ein neues Ermittlungszentrum für komplexe internationale Geldwäschefälle zuständig und vorgesehen.
Doch wir ändern nicht nur die Organisationsstruktur der Geldwäschebekämpfung. Die neue Behörde wird auch einen neuen Ermittlungsansatz besitzen. Früher haben wir bei der illegalen Vortat von Geldwäschegeschäften angesetzt. So diente etwa das Drogendelikt als Ausgangspunkt für eine anschließende Untersuchung. Jetzt setzen wir bei den illegalen Finanzströmen selbst an und folgen der Spur des Geldes, um kriminelle Netzwerke zu erkennen. Kurz gesagt: Bisher hat man sich um die kleinen Fische gekümmert, jetzt sollen auch die großen Fische ins Netz gehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das BBF wird insbesondere dann tätig, wenn ein Geldwäschering aus Deutschland heraus grenzüberschreitend agiert. Drogenkartelle, Kleptokraten, Menschenhändler oder andere, die ihr schmutziges Geld beispielsweise über Tarnfirmen in deutsche Immobilienmärkte einschleusen, stehen künftig im Visier.
Ein weiteres scharfes Schwert des wehrhaften Rechtsstaates gegen Verdachtsfälle im Sanktions- und Geldwäschebereich wird die sogenannte administrative Vermögensermittlung sein, eine neue Befugnis. Mit ihr soll es auch außerhalb von Strafverfahren künftig möglich sein, hochwertige Vermögensgegenstände mit unklarer Herkunft zu identifizieren. Noch aber befinden wir uns in Abstimmung innerhalb des Ressortkreises dazu.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das steht im Gesetz nicht drin!)
Denn hier gibt es – genau – noch eine Reihe von sorgfältigen Abwägungen hinsichtlich auch der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu beachten. Schließlich wollen wir nicht kriminalisieren und pauschale Verdächtigungen aussprechen, sondern wir wollen die wirklich Kriminellen identifizieren. Aber es darf keinen pauschalen Verdacht geben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb haben wir hier noch einiges an Arbeit zu leisten. Wir werden das nachreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, illegale Finanzaktivitäten sind natürlich nicht nur ein rein deutsches Problem, auch wenn wir einiges aufzuarbeiten hatten. Sie stellen auch unsere europäischen Partner vor Herausforderungen. Daher wurde in Brüssel entschieden, eine neue, unabhängige EU-Antigeldwäschebehörde, die AMLA, zu schaffen, einen Gamechanger für die europäische Aufsichtsarchitektur.
(Beifall bei der FDP)
Vor wenigen Wochen haben wir uns mit dem Standort Frankfurt am Main um den Sitz dieser neuen EU-Behörde beworben. Gerade vor dem Hintergrund unserer strukturellen Neuordnung im Kampf gegen Finanzstraftaten wäre Deutschland im Allgemeinen und Frankfurt als Finanzzentrum Kontinentaleuropas im Besonderen der ideale Standort. Denn wir wollen ja nicht nur effektive Regeln für den deutschen Finanzplatz. Wir wünschen uns auch, dass diese Regeln in Deutschland mitgestaltet werden und ihre Einhaltung streng überwacht wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetzentwurf zeigen wir der organisierten Finanzkriminalität die rote Karte.
(Kay Gottschalk [AfD]: Die zittern alle!)
Denn wir machen unsere Behörden schlagkräftiger. Zugleich fördern wir die Stärke des Rechts, um die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor denen zu schützen, die sich nicht an die Regeln halten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat Matthias Hauer für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Sehr guter Mann!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605017 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Finanzkriminalität |