Jens ZimmermannSPD - Bekämpfung von Finanzkriminalität
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen einen prominenten Fall hier in Berlin erlebt – er ist eben schon mal kurz angesprochen worden –, wo Immobilien, die von der Staatsanwaltschaft festgesetzt wurden, aufgrund der Beschlusslage eines Gerichtes wieder freigegeben werden mussten. Das ist für alle, die im Kampf gegen Geldwäsche unterwegs sind, ein schwerer Schlag ins Gesicht gewesen.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das wird auch so bleiben mit dem Gesetz!)
Der „Tagesspiegel“ schreibt „Geldwäsche-Ermittler sehen ‚fatales Signalʼ“. „ Die Welt“ schreibt: „Ein Sieg für die Geldwäsche“ und die „Berliner Zeitung“: Herber Rückschlag im Kampf gegen Geldwäsche.
Was ist da passiert? Ich denke, das ist ein gutes Beispiel, warum wir hier gesetzlich nachschärfen müssen. Nach 32 Verhandlungstagen hat das Landgericht Berlin die Einziehung mehrerer Immobilien und weiterer Vermögenswerte eines Mitgliedes einer bekannten Berliner Familie abgelehnt. Dabei ging es um Werte in Höhe von ungefähr 2 Millionen Euro und insgesamt acht Immobilien. Das hat sich von 2015 bis 2019 hingezogen. Es gibt nicht wenige, die sagen: Es war ziemlich offensichtlich, dass diese Häuser und Wohnungen mit Geldern aus Straftaten finanziert wurden.
Der Kern dieses Ermittlungsverfahrens war aber der Verdacht auf Geldwäsche. Das ist genau das, was der Minister in seinen Ausführungen erwähnt hat. Hier ist man dem Geld gefolgt und auch diesen Immobilien. Das Fatale an dieser Stelle ist nun, dass das Berliner Gericht die Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte ablehnt, weil nicht auszuschließen sei, dass die Finanzierung aus legalen Quellen erfolgt sei. Ich glaube, hier wird es eben sehr, sehr deutlich:
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Aber Sie wollen ja keine Beweislastumkehr!)
Man kann nicht ausschließen, dass es nicht auch legale Quellen für dieses Geld gegeben haben könnte. Das ist juristisch nachvollziehbar; aber es ist natürlich ein echtes Problem. Deswegen ist es so wichtig, dass wir mit dem Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität eine Säule im Kampf gegen Geldwäsche massiv stärken.
Aber wir brauchen dazu auch eine zweite Säule, nämlich: Wir müssen die Vermögensabschöpfung eindeutig stärken, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Dann macht mal! – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das machen Sie ja nicht! Machen ist wie Reden, nur krasser!)
Denn aktuell ist es ganz klar: Es geht immer um die Vortaten. Vortaten betreffen Gelder illegaler Herkunft; diese werden dann gewaschen. Dabei muss man sagen: Es ist natürlich so ein schöner klischeehafter Fall – Herr Kollege Hauer, ich habe Ihnen da eben schon sehr genau zugehört –;
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sehr gut! – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Schadet nichts! Das kann helfen!)
aber es kann natürlich auch Geld sein, das früher edle Herren Müller, Meier, Schmitz nach Liechtenstein und in die Schweiz gebracht haben, das berühmte Schwarzgeld, das es an vielen Stellen gab.
(Zuruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU])
Es gab mal einen Vorsitzenden in Ihrer Partei, der es als „Bimbes“ bezeichnet hat.
(Beifall des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Die betrifft es dann am Ende natürlich auch.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Ist doch super!)
Das zeigt, warum wir mit Ihnen in der Großen Koalition bei diesem Thema nichts hinbekommen haben.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Weil wir was Vernünftiges gemacht haben und Sie nicht!)
Und ich unterstelle Ihnen und den Kolleginnen und Kollegen aus dem Finanzausschuss da nicht mangelnden Willen; aber wir müssen doch mal eines feststellen: Wenn es genau bei diesen Punkten zum Schwur kam, dann haben Sie am Ende immer einen Rückzieher gemacht,
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das stimmt ja nicht! Das Gegenteil ist der Fall! Mit Ihnen war nichts zu machen!)
sind zurückgezogen worden. Deswegen sind wir auch nicht vorangekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Problem bei all diesen Taten ist eben am Ende immer: Die Straftaten müssen nachgewiesen werden, um die Quelle des Geldes auch damit in Verbindung zu bringen. Das ist ein großes Problem in Zeiten von Kryptowährungen; denn die Verbrecher sind hier sehr, sehr kreativ. Deswegen ist es entscheidend, dass wir hier gesetzlich nachschärfen und ergänzen; das ist auch die Erwartung der SPD-Bundestagsfraktion im weiteren Gesetzgebungsverfahren;
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Gute Rede! Leider schlechtes Gesetz!)
das ist entscheidend.
Aber ich will auch ganz klar sagen: Der Aufbau dieser neuen Behörde, die Christian Lindner auf den Weg gebracht hat, ist genau richtig; denn wir brauchen Vermögensabschöpfung auf der einen Seite und müssen natürlich auch die Möglichkeiten, die wir bei der Aufdeckung haben, durch die Bündelung der Kompetenzen weiter stärken. Deswegen ist es ein richtiger Schritt, alles unter einem Dach zu zentralisieren und die Schlagkraft zu erhöhen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja, eben nicht! – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das machen Sie nicht!)
Am Ende des Tages, liebe Kolleginnen und Kollegen – wir beraten ja auch den Antrag der Union –, muss man mal eines feststellen – Sie erwähnen immer die internationalen Behörden –: Die FATF hat uns ein ordentliches Zeugnis ausgestellt,
(Zuruf von der AfD: Bitte?)
hat uns aber auch einiges ins Stammbuch geschrieben. Nur, das Problem ist, dass diese internationalen Vergleiche immer nur so lange herhalten dürfen, wie es Ihnen in den Kram passt. Wenn aber diese Regierung darangeht, die Empfehlungen umzusetzen,
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das machen Sie ja nicht!)
dann gehen Sie immer von der Fahne, und das ist ein Problem. Sie können nicht auf der einen Seite sagen:
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sie setzen es nicht um!)
„Hm, Deutschland hat nur eine Drei bekommen“, und auf der anderen Seite nicht gemeinsam mit uns in den Nachhilfeunterricht gehen wollen.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Deutschland hat auch keine Drei bekommen!)
Auch das zeigt, dass Sie an keiner Lösung interessiert sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des fraktionslosen Kollegen Görke zulassen?
Ja.
Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Dr. Zimmermann, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie sind ja Vertreter der Kanzlerpartei. Sie stellen den Ostbeauftragten, und Sie haben einen Koalitionsvertrag unterschrieben, in dem Sie sich dafür ausgesprochen haben, dass neue Bundesbehörden bevorzugt im Osten angesiedelt werden sollen.
Nun ist bei dieser neuen Bundesbehörde als Hauptstandort Köln festgelegt. Das heißt, über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in Köln angesiedelt sein und nur eine kleine Dependance wird in Dresden ihren Sitz finden. Insofern will ich Sie einfach fragen: Ist das die bevorzugte Ansiedlung von Bundesbehörden? Und würden Sie mit uns gemeinsam parlamentarisch noch versuchen, die Planung für die Ansiedlung dieser Bundesbehörde genau umzudrehen, das heißt: Hauptsitz in Dresden und möglicherweise eine Dependance im schönen Köln?
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Görke, für die Frage. – Ich gebe Ihnen absolut recht: Carsten Schneider als unser Ostbeauftragter ist ein ganz starker Fürsprecher des Ostens.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das war aber nicht die Frage!)
Deswegen hat nicht nur er,
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Hat er sich ja nicht durchgesetzt!)
sondern auch mein Kollege Carlos Kasper sich sehr dafür starkgemacht, dass genau das, was Sie fordern, aufgenommen wird.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Aber Sie sind doch am Hebel!)
Ich stelle aber mal fest: Auch Sepp Müller aus Ihrer Fraktion, unserem ehemaligen Koalitionspartner, hat sich damals extrem dafür eingesetzt, dass der Standort der FIU nach Dresden kommt. Der Plan – ich schaue mal zum Herrn Minister hinüber – ist: Wir haben mindestens diese beiden Standorte Köln und Dresden.
Ich sage auch ganz klar: Wir brauchen qualifiziertes Personal. In Köln ist der Wettbewerb sehr groß. Deswegen habe ich eine große Sympathie, den Standort Dresden auch weiter auszubauen,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Dann machen Sie mal!)
will aber hier aus meinem Herzen keine Mördergrube machen: Es gibt auch in Teilen Westdeutschlands Orte, die mehr Behördenstandorte gebrauchen könnten, zum Beispiel der Odenwald in Südhessen. -Herzlichen Dank.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber lassen Sie mich zum Ende noch den Punkt machen: Wir haben wirklich einen sehr, sehr guten Vorschlag, um die Kompetenzen weiter auszubauen. Dazu gehört natürlich auch, dass – da gebe ich dem Kollegen Hauer absolut recht – die Behörde das, was wir im Bundestag im Bereich der künstlichen Intelligenz
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Die wäre in der Regierung auch gut!)
gesetzlich ermöglicht haben, jetzt auch technisch nutzen kann.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Aber Sie haben die Ausschreibung gestoppt!)
Es gehört aber auch dazu, dass man, wenn es am Ende zum Schwur kommt, auch zu dem steht, was man hier immer fordert. Ein Problem ist doch – das müssen wir doch auch sagen –, dass die Länder, wenn es darum geht, Kompetenzen irgendwo zu bündeln oder abzugeben, immer sehr, sehr zurückhaltend sind.
(Markus Herbrand [FDP]: Allerdings!)
Das sehen wir doch auch beim Thema Geldwäschebekämpfung. Ich nenne das Stichwort „Nichtfinanzsektor“. Das kennen wir alle. Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wenn ich daran zurückdenke, was im Fall Wirecard passiert ist: dass die Bezirksregierung von Niederbayern am Tag der Insolvenz von Wirecard schriftlich erklärt hat, dass man nicht zuständig ist!
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Die hatten mehrmals vorher bei der BaFin nachgefragt! Die BaFin hat monatelang vorher keine E-Mails beantwortet!)
Solche Fälle dürfen nicht passieren! Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir die Kräfte bündeln, meine Damen und Herren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das war also der Kollege Zimmermann aus dem Wahlkreis Odenwald. – Jetzt hat das Wort für die AfD Kay Gottschalk.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605025 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Finanzkriminalität |