14.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 144 / Tagesordnungspunkt 10

Albrecht GlaserAfD - Verwendung der Steuermehreinnahmen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema lautet: Die Auswirkung der Inflation auf die Verteilungsgerechtigkeit für Bürger und Staat. – Sie ist besonders brisant in Hochsteuerländern und bei progressiven Einkommensteuersystemen; beides trifft auf Deutschland zu. Die Steuer- und Sozialabgabenlast, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, betrug 2022 42 Prozent. Das BIP – ich sage Ihnen jetzt etwas ganz Neues – steht jedoch gar nicht zur Verteilung zur Verfügung, sondern nur das Volkseinkommen, und das ist 1 Billion Euro kleiner. Der Staat partizipiert daran mit 56 Prozent, und den Bürgern verbleiben nur 44 Prozent der jährlichen Verteilungsmasse.

Die Einkommensteuer ist traditionell die größte Einnahmequelle unseres Staates. Sie enthält einen progressiven Belastungstarif, viele Freibeträge und Pauschalen. Bei einem Jahreseinkommen von 30 000 Euro zahlt der Steuerpflichtige 2 700 Euro Einkommensteuer, ein anderer mit 60 000 Euro, also dem Doppelten an Einkommen, zahlt 10 700 Euro – viermal so viel Steuern bei doppeltem Einkommen.

Die Inflation verringert die Kaufkraft, während die Eurobeträge im Gesetz unverändert bleiben. Wenn ein Arbeitnehmer eine Lohnerhöhung erhält, die genauso hoch ist wie die Inflation, hat er keinen Kaufkraftzuwachs, jedoch auf dem Papier ein höheres steuerliches Einkommen. Auf diesen Erhöhungsbetrag zahlt er zusätzlich Steuern und hat somit eine geringere Kaufkraft als vor der Lohnerhöhung. Das ist die Wahrheit. Diesen Vorgang nennt man „heimliche Steuererhöhung“, weil er sich unsichtbar vollzieht und daher kaum bemerkt und meistens gar nicht verstanden wird.

(Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Viele Staaten haben rechtliche Lösungen gefunden, die automatische Inflationsanpassungen vorsehen, vorab die Schweiz. In Deutschland wurde in 2012 ein Schritt in die richtige Richtung unternommen: Der Bundestag hat die Bundesregierung beauftragt, alle zwei Jahre einen Steuerprogressionsbericht vorzulegen. Das macht die Bundesregierung auch. Sie hat für 2023 und 2024 in der Tat den Tarif, den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag prospektiv angehoben.

Ganz anders sieht es jedoch bei den vielen Pauschalbeträgen und Pauschalen aus: Werbungskostenpauschbetrag bei sonstigen Einkünften seit 1955 unverändert, Arbeitnehmerpauschbetrag seit 2011 unverändert, Sonderausgaben für Kinderbetreuung seit 2006 unverändert, Pauschale für das häusliche Arbeitszimmer seit 1996 unverändert. Und so geht es gerade fort.

Daher die Forderung der AfD: automatische Indexierung aller Geldbeträge im Einkommensteuergesetz nach dem beigefügten Gesetzesvorschlag. Das wäre internationaler Standard vor allen Dingen der aufgeklärten und in der Tat sehr liberalen Staaten.

Heimliche Steuererhöhungen gibt es aber auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, und das ist dramatisch. Die Preise für Eigentumswohnungen haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Werte aber auch!)

– Ja, natürlich die Werte auch. Daran knüpft ja die Steuer an.

(Lachen des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU])

Durch das neue Sachwertverfahren im Bewertungsgesetz verlieren die bisherigen Freibeträge, gerade auch bei Erbfällen innerhalb der Kleinfamilie, ihre Bedeutung als Sicherung von Familienvermögen. Die Kombination aus Inflation, unkontrollierter Immigration und unterlassenen gesetzgeberischen Eingriffen zerstört nachhaltige Familienkonzepte und generationsübergreifende unternehmerische Aktivitäten. Der Verteilungskampf zwischen Bürger und Staat ging auch hier in den vergangenen Jahren zugunsten des Staates aus.

Die Freibeträge der Erbschaft- und der Schenkungsteuer müssen daher dringend den veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Das ist ein Gebot elementaren Verfassungsrechts.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich erteile das Wort Katharina Beck für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605061
Wahlperiode 20
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Verwendung der Steuermehreinnahmen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine