14.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 144 / Tagesordnungspunkt 10

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Verwendung der Steuermehreinnahmen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Zu den Anträgen der AfD hat mein geschätzter Kollege Dr. Meister alles ausgeführt. Selbstverständlich werden wir aufgrund der vielen Unzulänglichkeiten und der politischen Polemik, die in den Anträgen enthalten ist, diese ablehnen.

(Jörn König [AfD]: Nein, weil ihr euren Grundsatzbeschluss habt!)

Aber die Anträge schaffen die Möglichkeit, allgemein noch ein wenig über Steuerpolitik zu reden und festzustellen, dass wir in Deutschland eine Situation haben, in der wir steuerpolitisch handeln müssen. Wir sind in einer Rezession. Wir sind Schlusslicht in Europa. Ich will nicht vom kranken Mann Europas sprechen – dann würden wir wieder darüber diskutieren, ob die Begrifflichkeit richtig ist –, aber jedenfalls liegen wir, was das Wirtschaftswachstum angeht, ganz hinten. Wir haben eine steigende Arbeitslosigkeit. Wir müssen feststellen, dass die Insolvenzen dieses Jahr geschätzt auf circa 18 000 Unternehmen steigen werden; das ist ein Anstieg von fast 24 Prozent. Wir haben eine Exportflaute. Die privaten Investitionen gehen zurück. Das sind alles signifikante Daten, die es notwendig machen, dass wir handeln.

Unser Standort Deutschland ist in Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Dafür sind drei Punkte wichtig. Wir haben die höchsten Energiekosten. Sie haben versucht, einiges für einige Unternehmen zu machen, aber nicht, die Kosten für alle zu reduzieren. Wir haben die höchsten Arbeitskosten. Und wir haben die höchste Steuerbelastung.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Falsch!)

Während der thesaurierte Gewinn in Deutschland bei einer Kapitalgesellschaft mit 30 Prozent besteuert wird, wird er im OECD-Durchschnitt mit 23 Prozent besteuert und in der EU, wenn ich Deutschland herausrechne, mit 20 Prozent. Daran sieht man, dass wir hier Handlungsbedarf haben. Daran sieht man, dass wir die Unternehmen entlasten müssen, damit Investitionen wieder nach Deutschland kommen, damit die Unternehmen die Möglichkeit haben, zu investieren und den Transformationsprozess selber aus ihrem Einkommen zu finanzieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Karlheinz Busen [FDP])

Denn Steuerpolitik ist immer auch Standortpolitik. Von daher geht es darum, steuerliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die das möglich machen.

Sie haben einen Versuch unternommen – ansonsten erleben wir in dieser Ampel im Wesentlichen steuerpolitischen Stillstand – mit dem Wachstumschancengesetz. Jetzt können wir in die Debatte eintreten, wer woran schuld war. Ich will nur feststellen – weil Kollegin Beck, die jetzt leider gerade nicht da ist, gesagt hat, es habe punktuell Kritik der Länder gegeben –: Im Beschluss des Bundesrates ist 16 zu null festgestellt worden, es gebe grundlegenden Überarbeitungsbedarf. Das war der Beschluss von 16 Ländern. Unter Beteiligung von SPD, Grünen und CDU ist das so beschlossen worden. Das müssen wir, glaube ich, auch zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt, glaube ich, auch gute Gründe dafür – das mögen Sie anders sehen –; denn es wäre seriös, erst einen Haushalt vorliegen zu haben und die entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen zu haben, um dann die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Sie haben sich jetzt auf den Weg gemacht, den Haushalt 2024 zu beschließen. Ich höre, im Januar soll er beschlossen werden. Das ist doch die Chance, dass wir gemeinsam den Vermittlungsausschuss anrufen und die richtigen Maßnahmen, die in diesem Wachstumschancengesetz enthalten sind, gemeinsam umsetzen. In den Medien war zu hören, dass Minister Lindner nicht mehr von den 3 Milliarden Euro spricht, sondern mittlerweile wieder von 6 Milliarden Euro, die zur Verfügung stehen. Das ist ja ein richtiges Signal. Alleine deshalb hat es sich schon gelohnt, sich zu einigen, weil die Zahl sich schon wieder verdoppelt hat. Von daher sind wir da, glaube ich, auf einem guten Weg.

In der Debatte ist auch die Substanzbesteuerung angesprochen worden. Ich habe über die Probleme des Standorts gesprochen. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das wäre der völlig falsche Weg. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat geschrieben: Keine Steuer wäre wirtschaftsfeindlicher. Die Vermögensteuer wäre eine Mittelstandsbremse. Das ifo-Institut sagt, es wären erhebliche toxische Wirkungen auf den Standort Deutschland zu spüren, wenn wir so was hätten. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das wären zusätzliche Belastungen.

Ich bin ganz froh, dass die Freunde in Hessen sich jetzt in einem Koalitionsvertrag mit der SPD verständigt haben. Darin steht im Abschnitt „Steuerpolitik“: „Wir bekennen uns zu Entlastungen statt Belastungen“. Die Hessen-SPD hat also schon mehr verstanden als die SPD hier im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])

Zu der Debatte, wie viel da jetzt von wem bezahlt werden soll: Erst mal würde ich feststellen wollen, dass ein großer Teil des Vermögens gebundenes Vermögen ist, das nicht als freie Liquidität zur Verfügung steht. Das gilt auch für betriebliches Vermögen. Davon abhängig sind natürlich auch viele Arbeitsplätze, die Sie gefährden würden, wenn Sie dies weiterdenken. Aber Sie sind ja verfangen in Ihrer Neiddebatte.

Wir haben in der Einkommensteuer, über die wir auch schon gesprochen haben, einen linear-progressiven Tarif. Das heißt, er steigt. Die breiteren Schultern sollen auch mehr tragen. Das ist richtig so; dazu stehen wir auch. Ich möchte Ihnen aber sagen, dass mittlerweile 10 Prozent der Steuerpflichtigen fast 55 Prozent des gesamten Steueraufkommens in der Bundesrepublik Deutschland tragen. Auch das ist eine Tatsache, die man, glaube ich, mal zur Kenntnis nehmen muss. Die, die mehr haben, leisten auch mehr, und das können wir, glaube ich, auch mal feststellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der AfD – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Dennoch ist es wichtig und es könnte ein gemeinsames Anliegen sein, dass wir uns mit dem Einkommensteuertarif und nicht nur mit der Progressionsanpassung beschäftigen. Wir haben den Progressionsbericht; darauf ist hingewiesen worden. Aber ich glaube, wir haben ein Problem mit dem Einkommensteuertarif, weil er am Anfang zu steil ansteigt. Wir müssen gemeinsam vielleicht mal darüber nachdenken, wie wir den Mittelstandsbauch abbauen könnten. Das wird keine einfache Lösung sein, weil es eine teure Lösung ist. Aber ich glaube, wir sollten da was machen. Wir sollten die Tarifeckwerte nach rechts verschieben. Ich kann keinem erklären, dass man 1960 ein Spitzenverdiener war, wenn man das 18-Fache des durchschnittlichen Arbeitseinkommens verdient hat,

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)

und heute bereits Spitzenverdiener ist, wenn man das 1,5-Fache des Durchschnittseinkommens verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Von daher gibt es hier erheblichen Handlungsbedarf, und dem sollten wir uns stellen.

Abschließend: Mich wundert ja fast gar nichts mehr bei dieser Regierung. Aber als ich heute Morgen in den Medien gelesen habe: „Habeck-Ministerium rät Firmen zu WENIGER Gewinn“, habe ich mir gedacht: Jetzt weiß ich, wo die Ampel steht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Der letzte Redner in der Debatte ist für die SPD-Fraktion Tim Klüssendorf.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605074
Wahlperiode 20
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Verwendung der Steuermehreinnahmen
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