Peggy SchierenbeckSPD - Bekämpfung des Politischen Islamismus
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Uns liegt wieder einmal ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion vor, der bereits durch seinen Titel „Politischen Islamismus wirksam bekämpfen – Ausländische Einflussnahme auf deutsche Muslime zurückdrängen“ einen ganz bestimmten Vorwurf macht. Was in diesem Titel angedeutet wird, nämlich dass angeblich nicht gehandelt wird, führen Sie dann in Ihrem Antrag konkret aus, angeblich. Es ist von einem Nichthandeln der regierenden Koalition die Rede,
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Regiert die überhaupt noch?)
von Fehlern, von fehlenden Lösungen. Es geht noch weiter: Sie behaupten, dass Islamismus keinen Schwerpunkt bei der Bundesregierung bildet, dass er im Regierungshandeln einfach nicht berücksichtigt wird.
Ich bin langsam davon überzeugt, dass dieses Verhalten, negative Behauptungen in die Welt zu setzen, leider zu Ihrer Spezialität geworden ist. Wenn ich mir den Antrag noch mal genau anschaue, dann glaube ich, dass er ein Rum-fort-Antrag ist: Alles, was rumlag und fortmuss, wird da zusammengefasst. Zudem bedienen Sie Dinge, die wir sowieso schon angehen.
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Was gehen Sie denn an?)
– Ja, einige dieser Punkte.
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Fangen Sie doch mal an! Nennen Sie mal drei!)
Ich mache mal weiter. Bevor ich jetzt ganz klar widerspreche und das erläutere, möchte ich etwas klarstellen: Politischer Islamismus stellt wie jede andere Form des Extremismus eine Gefahr für unsere Sicherheit, eine Gefahr für unsere Gesellschaft dar.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Mein Gott, seid ihr inhaltlich platt! Das gibt es ja gar nicht! Noch schlimmer, als ich dachte!)
Extremistische Organisationen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Sie lehnen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ab, sie lehnen unsere Grundwerte ab. Diese Gefahr ist uns bewusst; dem wird von keinem widersprochen.
Es muss an dieser Stelle aber auch betont werden: Nicht der Islam bedroht den gesellschaftlichen Frieden, sondern bestimmte politische Deutungen des Islams und die daraus abgeleiteten Arten von Praxis.
Kollegin Schierenbeck, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen de Vries?
Nein. – Jede Form von Extremismus, so auch der politische Islamismus, wird von unserem Staat konsequent bekämpft. Unsere Sicherheitsbehörden haben diesen Bereich im Blick.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Wir hätten gern mal konkret etwas erfahren!)
Wenn Sie unsere gesamten Anstrengungen gegen Islamismus nicht anerkennen,
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Welche denn?)
dann verhöhnen Sie nicht nur die Menschen dahinter, sondern auch ihre harte Arbeit.
Leider wird die aktuelle Situation zur Agitation gegen Musliminnen und Muslime sowie gegen Migrantinnen und Migranten ausgenutzt.
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Es geht um Extremismus!)
In Ihrem Antrag sprechen Sie von Instrumentalisierung von in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten sowie davon, dass Einwanderung zu Herausforderungen führt, worauf wir Ihrer Meinung nach keine Antworten hätten. An dieser Stelle möchte ich wieder sagen, wie ich es in jeder meiner Reden tue: Wir tun eine ganze Menge. Wir sind noch nie so weit gekommen. Die GEAS-Verordnung hat unsere Innenministerin vorangetrieben; da war jahrelang Stillstand. Wir gehen mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz voran. Wir gehen auch mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht weiter. Wir gehen jetzt das Staatsangehörigkeitsrecht an. Wir haben Grenzkontrollen eingeführt. Wir tun eine ganze, ganze Menge.
Wir wollen einen vom Ausland unabhängigen Islam der Musliminnen und Muslime. Das ist auch der Schwerpunkt der Deutschen Islam Konferenz, die vor einem Jahr von Bundesinnenministerin Nancy Faeser in einer neuen Phase gestartet wurde. Ihr Ziel ist ein Islam der Musliminnen und Muslime in Deutschland. Vor wenigen Wochen haben die ersten Absolventen des Islamkollegs ihre Zertifikate erhalten. Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes konnten sich angehende Imame auf Deutsch ausbilden lassen, und zwar auf dem Boden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das ist die richtige Richtung.
Es muss uns allen dabei vor allem um die wichtige Frage gehen: Wie kann man religiösen Fanatismus verhindern? Es reicht nicht, populistische Anträge zu schreiben. Wir müssen den Problemen auf den Grund gehen. Meine Kollegin Teuteberg hat es eben angesprochen: Es geht um Prävention, es geht um Deradikalisierung. Denn Prävention ist ein wesentlicher Schutz für unsere Demokratie.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Linda Teuteberg [FDP])
Die Gründe, aus denen sich Jugendliche und junge Erwachsene dem Islamismus zuwenden, sind häufig ähnlich. Sie fühlen sich in der Gesellschaft nicht integriert und haben keine Zukunftsperspektiven. Sie suchen nach Anerkennung und Identität. In islamistischen Organisationen glauben sie diese Anerkennung zu finden. Wir wollen, dass sich diese Menschen nicht abwenden, sondern sich als Teil unserer demokratischen Gesellschaft verstehen und unsere Grundwerte anerkennen.
Unser gesellschaftlicher Zusammenhalt ist nun wichtiger denn je. Er ist die Grundlage unserer Demokratie. Ihren Antrag lehnen wir ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich erteile das Wort zu einer Kurzintervention dem Kollegen de Vries.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605162 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 144 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung des Politischen Islamismus |