14.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 144 / Tagesordnungspunkt 18

Daniel BaldySPD - Stabilität und Demokratie im Libanon

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie jetzt ja schon mehrfach betont wurde, wurde die Hisbollah im April 2020 in Deutschland verboten, nachdem der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer und seine Vorgänger leider viel zu lange untätig waren. Im Mai 2021 legte Seehofer dann nach: Drei Spendenvereine der Hisbollah in Deutschland wurden verboten. So weit, so gut. Aber die gegenwärtige Situation und die vergangenen Razzien und auch die heutige Debatte zeigen uns doch: Die Verbote wurden zwar ausgesprochen, aber wirklich umgesetzt wurden sie nie; vor allen Dingen an der Verfolgung der Mitglieder gab es nie ein wirkliches Interesse. Und das kennen wir ja leider so seit Jahren.

Die Union war bei Verbotsforderungen immer sehr schnell – auch aktuell gerade wieder –, aber wenn es dann darum ging, diese Verbote auch nachhaltig durchzusetzen, beispielsweise Immobilien zu durchsuchen, Verbindungen offenzulegen, wenn es also an die richtige Arbeit ging, dann ist sie leider allzu oft nachlässig geworden. Da ging es ihr leider – das wurde schon angesprochen – häufiger um die schnelle „Bild“-Schlagzeile als um die richtige Arbeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das hat sich der ehemalige Bundesinnenminister auch selbst eingestanden. Das zeigen Antworten auf Anfragen der Grünen- und FDP-Bundestagsfraktion im Sommer 2021 zu den Folgen des Hisbollah-Verbots. Wurden beispielsweise Vermögen beschlagnahmt? Nein. Und auch an vielen anderen Stellen lautete eine der häufigsten Antworten der damaligen Bundesregierung und des damaligen Bundesinnenministers: Es liegen keine Erkenntnisse vor.

Anderthalb Jahre nach dem Betätigungsverbot drängte sich schon damals der Eindruck auf, dass man im BMI nicht wirklich versucht hat, die Strukturen der Organisation ernsthaft aufzuklären oder zu zerschlagen. Und da muss ich ganz ehrlich sagen: Den Schuh, den Sie hier der Ampelkoalition versuchen anzuziehen, müssen Sie sich leider selber anziehen, liebe Unionsfraktion.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Die gute Nachricht aber ist: Die aktuelle Bundesregierung und allen voran die Bundesinnenministerin, Nancy Faeser, tun genau das, sie gehen diesen Kampf an. Die Razzien der vergangenen Wochen unterstreichen genau das: Das Islamische Zentrum Hamburg wurde durchsucht, die Behörden werten die beschlagnahmten Datenträger aktuell gründlich aus, und weitere rechtsstaatliche Maßnahmen werden vorbereitet.

Eines wird dabei ganz klar, liebe Union: Vereinsverbote sind eben keine Grundsatzprogramme, die man mal schnell lieblos hinschreibt, sondern solche Verbote müssen gut vorbereitet sein. Und mit den Durchsuchungen sind wir einem solchen Verbot schon ein gutes Stück nähergekommen; denn 54 durchsuchte Objekte Mitte November zeigen doch, wie weit verbreitet der Einfluss des IZH, wie lang der Arm des iranischen Regimes und auch der Hisbollah in Deutschland ist. Klar ist aber – da schließe ich mich dem Hamburger Innensenator Andy Grote an –: Die Zeit des Islamischen Zentrums Hamburg ist erkennbar abgelaufen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Deshalb muss ich leider feststellen: Ihr Antrag kommt aus innenpolitischer Perspektive zu spät. Zu Ihren Forderungen in den Punkten 2 und 3, „Vereinsverbote … zu nutzen, um die Tätigkeit der Hisbollah und ihrer Vorfeldorganisationen in Deutschland zu erschweren“ sowie „die Finanzaktivitäten der Hisbollah in Deutschland zu unterbinden“: Das alles wird ja gerade schon von den Behörden geprüft.

Die Frage ist doch: Wie trocknen wir die Hisbollah und andere islamistische Organisationen und vor allen Dingen deren Einflussnahme in Deutschland denn nachhaltig aus? Ja, richtig, wir tun es, indem wir Menschen, vor allem junge Menschen, dazu bringen, dass sie nicht mehr hingehen, dass sie sich nicht mehr von denen einfangen lassen. Dazu braucht es Perspektiven, dazu braucht es vor allen Dingen Islamismusprävention. Hier gibt es schon viele gute Initiativen und Projekte auf allen Ebenen, beispielsweise auch in meinem Heimatbundesland Rheinland-Pfalz.

Wir haben ja in den letzten Wochen und Monaten sehr häufig über den Themenkomplex „Islamismusprävention und Prävention insgesamt“ gesprochen und uns gefragt: Wie können wir diese Projekte festigen? Wir können das beispielsweise auch mit dem Demokratiefördergesetz? Deshalb freue ich mich dann, wenn wir ganz konkret über Prävention reden, über ihre Zustimmung zum Demokratiefördergesetz, liebe Unionsfraktion.

(Beifall bei der SPD)

Zu guter Letzt: Der bekannte Vorwurf der extremen Rechten lautet ja immer wieder, durch die Migrationspolitik der Ampel oder auch der GroKo sei der Einfluss der Hisbollah in Deutschland gestiegen. Dem möchte ich eins entgegenhalten: Es war in der Vergangenheit nämlich gerade die extreme Rechte – nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern –, die der Hisbollah den Hof gemacht hat.

(Matthias Moosdorf [AfD]: Was? Das ist doch Schwachsinn!)

Udo Voigt, ehemaliger NPD-Vorsitzender, reiste beispielsweise 2019 in den Libanon, um dort – Zitat – seine „Unterstützung für die wichtige Rolle der Hisbollah im Kampf gegen Terrorismus und die israelische Aggression“ auszudrücken.

(Leni Breymaier [SPD]: Unglaublich!)

Vor diesem Hintergrund muss auch in der heutigen Debatte festgehalten werden: Wer wie die extreme Rechte mit dem Finger auf die demokratischen Fraktionen zeigt und ihnen eine Mitschuld für den Einfluss der Hisbollah in Deutschland gibt, dem kann man nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Herzlichen Dank. Schönen Abend!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der letzte Redner in dieser Debatte ist Paul Ziemiak für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605239
Wahlperiode 20
Sitzung 144
Tagesordnungspunkt Stabilität und Demokratie im Libanon
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