Mathias MiddelbergCDU/CSU - Nachtragshaushaltsgesetz 2023, Artikel 115 II GG
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich darf zunächst für meine Fraktion sagen: Wir wünschen dem Bundesfinanzminister alles Gute und schnelle und baldige Genesung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der AfD)
Wir sind ja jetzt auch auf dem Genesungspfad Ihrer Haushaltspolitik angekommen. Wir machen jetzt den ersten Schritt zur Genesung Ihrer missratenen Haushaltsbuchungstechnik. Ich kann Ihnen sagen: Grundsätzlich jedenfalls verfahren Sie hier so, wie es angezeigt ist. Aber ich sage Ihnen auch: Leider können wir trotzdem heute nicht zustimmen, weil verfassungsrechtliche Bedenken bleiben. Sie korrigieren zwar Ihre Buchungstechnik, die das Verfassungsgericht bemängelt hat, für die beiden Sondervermögen Wirtschaftsstabilisierungsfonds und Ahrtal. Aber bei den übrigen Sondervermögen buchen Sie weiterhin an der kassenmäßigen Kreditaufnahme vorbei. Das ist im Hinblick auf die Anrechnung auf die Schuldenbremse – jedenfalls nach unserer Überzeugung – weiterhin zweifelhaft. Deswegen bleiben verfassungsrechtliche Bedenken auch an Ihrem Nachtragshaushalt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ganz entscheidend ist, wie ich finde, dass wir heute den Blick nach vorne werfen. Wenn wir auf Ihre Planung – Planung kann man das ja noch nicht nennen – bzw. Ihren politischen Kompromiss für den Haushalt 2024 blicken, dann muss ich ganz offen sagen: Das ist kein guter Kompromiss für dieses Land. Das ist eher der Versuch, den Riss in Ihrer Ampel zu kitten. Ihnen ist der Klebstoff in der Größenordnung von 60 Milliarden Euro abhandengekommen. Jetzt muss die Lücke anderweitig geschlossen werden. Was dieses Land in dieser schwierigen Situation einer umfassenden Zeitenwende wirklich bräuchte, wäre ein echtes Reformpaket, ein Umsteuern auf fast allen politischen Feldern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was hier von Ihnen geleistet wird, ist aber nur ein Rettungspaket für Ihre eigene Ampel. Mehr ist es leider nicht. Sie sprechen von Einsparungen in Ihrem Haushalt. Diese muss man allerdings mit der Lupe suchen. Einsparungen gibt es in bestimmten Ministerien; aber wo da konkret gespart wird, wird nicht gesagt. Das Einzige, was benannt wird, ist die Einsparung im Etat von Hubertus Heil in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, und das bei einem Etat von 172 Milliarden Euro. Dann gibt es einige – ich nenne das mal so – schräge Umbuchungen zulasten der Länder bei den Regionalisierungsmitteln und zulasten des „Sondervermögens Bundeswehr“, die dafür herhalten müssen, Ihren Standardhaushalt auszugleichen. Aber der Hauptbestandteil Ihres Pakets – das will ich Ihnen heute ganz offen sagen – sind schlichtweg massive Steuer- und Abgabenerhöhungen, nichts anderes. Damit sanieren Sie Ihre Ampel.
Der dickste Punkt ist der eben angesprochene CO2-Preis. Ihr Hinweis, dass Sie sich damit auf unseren Pfad begeben würden,
(Dennis Rohde [SPD]: Korrekt!)
ist allenfalls zur Hälfte richtig. Der erste Schritt ist, dass wir den CO2-Preis anheben müssen; das ist richtig so. Das Problem ist aber der Ausgleich. Den Schritt, dies über das Klimageld an die Bürger zurückzugeben, tun sie nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das wäre nämlich der entscheidende Schritt hin zu einem sozialen Ausgleich gewesen. Nein, Sie benutzen den CO2-Preis nur als Instrument, um die Bürger abzukassieren. Das muss man so klar sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist in der Wirkung nichts anderes, als wenn Sie da die Mehrwertsteuer anheben würden. Wer morgens zur Arbeit fährt, kann in Zukunft daran denken, dass er damit Ihren Ampelkompromiss bezahlt. Und wer mit Erdgas, Öl und Kohle heizt, der macht die gleichen Erfahrungen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ihr Paket ist überdies sozial völlig unausgewogen; denn Sie treffen damit vor allem die arbeitende Bevölkerung und die Rentner. Diejenigen, die im Bürgergeld sind, sind wieder einmal die, die mit diesem Paket komplett entlastet werden. Diejenigen, die arbeiten, tragen bei Ihnen die Belastung. Das ist die Einseitigkeit und die wirklich unverschämte Unausgewogenheit in diesem Paket.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Finanzminister Lindner hat vor Ihren Nachtsitzungen, derer Sie sich ja so gerne rühmen, davon gesprochen, es gebe drei große Kostenblöcke, mit denen man sich beschäftigen müsse: das Bürgergeld, internationale Finanzhilfen und Förderprogramme. Nichts davon hat die FDP in den Gesprächen erreicht, nichts.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist gelogen!)
Von den unsinnigen Förderprogrammen, die Sie in Ihrem Haushalt haben, wird kein einziges zurückgefahren. Zu den internationalen Finanzhilfen haben wir jedenfalls bisher keinen Hinweis auf irgendeine Veränderung oder Kürzung. Auch was das Bürgergeld angeht, gibt es null Änderungen in Ihrem Paket. Dabei gehört das Bürgergeld mittlerweile zu den Haushaltspositionen, die am dynamischsten wachsen.
(Saskia Esken [SPD]: Haben Sie zugestimmt, ja oder nein?)
44 Milliarden Euro, jeden zehnten Euro aus dem Bundeshaushalt, geben wir mittlerweile für Bürgergeld aus. Das ist bei Weitem zu viel; das sage ich Ihnen ganz klar.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bringen Sie endlich mehr Menschen in Arbeit! 4 Millionen Menschen, die Bürgergeld empfangen, könnten arbeiten, sind erwerbsfähig. Das leisten Sie nicht. Ihr Arbeitsminister Hubertus Heil ist bei diesem Thema ein Totalausfall; anders kann man das nicht sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Abg. Katja Mast [SPD]: Der einzige Totalausfall steht da vorne!)
Beim Thema Asyl, mittlerweile ein Kostenpunkt von 28 Milliarden Euro in Ihrem Haushalt, tragen Sie dank Ihrer SPD-Parteitagsbeschlüsse jetzt auch zu einer Dynamisierung bei, Stichwort „Familiennachzug“. Diese Etatposition wird tendenziell weiter steigen. 28 Milliarden Euro, das sind schon über 6 Prozent des ganzen Haushaltsvolumens.
(Katja Mast [SPD]: Machen Sie eigene Vorschläge!)
Ich sage Ihnen ganz ehrlich – das ist das gleiche Thema –: Die Menschen wandern überwiegend ins Bürgergeld ein und nicht in Arbeit. Von den Syrern, die die größte Flüchtlingsgruppe darstellen, arbeiten gerade mal 32 Prozent sozialversicherungspflichtig, 55 Prozent beziehen Bürgergeld.
(Peter Boehringer [AfD]: Und das so viele Jahre später!)
Das wäre eine riesengroße Aufgabe, der Sie sich endlich einmal zuwenden sollten.
Es gab hier mal – das habe ich in der letzten Debatte schon gesagt – mutige Sozialdemokraten, die zu echten Reformen bereit waren:
(Katja Mast [SPD]: Wir erwarten Ihre Vorschläge!)
Gerhard Schröder 2003 mit der Agenda 2010, Franz Müntefering mit der Rente mit 67 und Peer Steinbrück, in der Koalition mit uns, mit der letzten großen Unternehmensteuerreform, die es in diesem Land gegeben hat. Das waren wirkliche Bausteine für Wachstum in diesem Land.
(Katja Mast [SPD]: Vorschläge! Eigene Vorschläge, Herr Middelberg!)
Sie müssten sich durchringen, solche Bausteine vorzulegen und nicht dieses Stückwerk, das Sie hier abgeliefert haben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster hat für die SPD-Fraktion Dennis Rohde das Wort.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605283 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 145 |
Tagesordnungspunkt | Nachtragshaushaltsgesetz 2023, Artikel 115 II GG |