Emily VontzSPD - Barrierefreiheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher/-innen auf den Tribünen! Unsere Kollegin Stephanie Aeffner hat gerade schon eine Situation hier aus dem Plenum berichtet, und ich erlaube mir, auch eine kleine Geschichte zu erzählen, die davon handelt, was diesen Sommer in Merzig, in meinem Wahlkreis, los war.
Es war die Deutschland-Tour, also ein großes Fahrradrennen. Danach sind alle zu ihren Autos gegangen: überall anfahrende Autos, zugeparkte Bürgersteige, Absperrungen überall. In all dem Chaos sehe ich eine Person im Rollstuhl. Ich bin zu ihr gegangen, wir haben kurz geredet, und ich habe sie gefragt, ob ich sie anschieben darf. Dann haben wir versucht, einen Bürgersteig zu finden, der abgesenkt ist, und wir haben es nicht geschafft: Wir mussten auf der Straße unterwegs sein, und Sie können sich vorstellen, wie die Autofahrerinnen und Autofahrer uns angeschaut haben. Es gab keinerlei Verständnis für diese Situation. Ja, Sarah wäre sicherlich gerne selbstbestimmt, selbstständig unterwegs gewesen, aber es gab keine Möglichkeit. Ihr Heimweg wurde zur Gefahr.
Viele betroffene Personen könnten hier viel mehr Geschichten erzählen, als ich es heute kann. Deshalb ist es gut, dass wir über Barrierefreiheit reden, dass wir in der Vergangenheit viel über Barrierefreiheit geredet haben. Aber wir haben heute auch gemerkt: Es hat sich in den letzten Jahren viel zu wenig getan.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass bei der Stadtplanung, beim Bauen, beim Wohnen – überall, worüber wir heute gesprochen haben – Barrierefreiheit mitgedacht wird. Selbstverständlich braucht es zum Beispiel große Tasten in Aufzügen auf der Höhe eines Rollstuhls. Es braucht schwellenlose Übergänge, breite Türen und auch breite Aufzüge. Und ja, wenn man das alles umbaut, dann kostet das Geld, natürlich.
Aber die gute Nachricht ist: Wir haben die Mittel dazu. Meine Kollegin Hanna Steinmüller hat es eben gesagt. Bei dem Förderprogramm „Altersgerechtes Bauen“ ermöglichen wir den Bau von und den Umbau zu barrierefreiem Wohnraum. Wir haben das Bündnis bezahlbarer Wohnraum – es wurde auch schon angesprochen – und den sozialen Wohnungsbau. Auch da ist Barrierefreiheit ein großes Thema. Sie sehen also, liebe Union: Das Thema ist uns wichtig. Wir kümmern uns, und die Instrumente sind da.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Beispiel Sarah zeigt uns auch, dass wir selbstverständlich kurze Wege brauchen, durchgehende Beleuchtung, sichere Aufenthaltsplätze und, und, und. Das ist dann nicht nur für die Rollstuhlfahrer/-innen gut, sondern auch für die Eltern mit Kinderwagen, die Kinder oder eine Person mit Rollator. Die Städtebauförderung – sie wurde angesprochen – unterstützt die Kommunen hierbei.
Dass es kleine Veränderungen sind, die viel bewirken, zeigt uns zum Beispiel ein Blick nach Barcelona. Dort gibt es sogenannte Superblocks. Da werden Straße und Bürgersteig nicht mehr getrennt, sodass ein lebenswertes Umfeld für alle entsteht und das Auto in den Hintergrund tritt, und der Mensch tritt in den Vordergrund. Das gefällt vielleicht nicht allen. Aber das zeigt eben, dass die Frage nach Barrierefreiheit die Zukunft unserer Städte und Dörfer betrifft. Barrierefreiheit bedeutet Lebensqualität, Sicherheit, Nachhaltigkeit: für das kleine Kind, für die Seniorin und auch für die Person im Rollstuhl.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605328 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 145 |
Tagesordnungspunkt | Barrierefreiheit |