15.12.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 145 / Zusatzpunkt 9

Stephan ThomaeFDP - Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich finde ja, dass der Antrag der AfD nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Aber da wir schon mal dabei sind und Sie, Herr Seif, auch ein paar Punkte unserer bisherigen Migrationspolitik angesprochen haben, will ich doch auf diese Punkte eingehen und darauf erwidern.

Es ist, finde ich, unübersehbar, dass wir vor allem seit der Zeitenwende des Ukrainekrieges auch in der Migrationspolitik entscheidende wichtige Maßnahmen ergriffen haben. Migrationspolitik ist kein Wasserhahn, an dem man das Wasser auf- und zudrehen kann.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Man muss aber die richtigen Hähne aufdrehen!)

Da müssen Maßnahmen schon erst mal wirken und greifen.

(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Man muss die Maßnahmen auch erst mal treffen!)

Ich will einmal sagen, dass wir schon zu unserer humanitären Verantwortung stehen, dass wir unsere verfassungsrechtlichen, europarechtlichen, völkerrechtlichen Pflichten wahrnehmen und ernst nehmen. Das ist ein wichtiger Punkt. Aber richtig ist auch eines: Nicht jeder, der zu uns kommt bzw. zu uns kommen will, hat auch einen Anspruch darauf, bei uns zu bleiben. Deswegen haben wir hier schon einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, die ich aufzählen will; denn Sie haben das, finde ich, ein bisschen in ein falsches Licht gerückt.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Rückführungsverbesserungsgesetz!)

Zum Thema „Chancenkarte und Fachkräfteeinwanderungsgesetz“. Es ist ja nicht so, dass wir nur Akademiker bräuchten. Wir brauchen auch ganz viele Menschen in unserem Land, die berufspraktische Erfahrungen mitbringen, die in der Hotellerie, Gastronomie,

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Es gibt ganz tolle Hotels in Afghanistan!)

als Erntehelfer oder als Saisonarbeiter mitwirken können. Das ist auch wichtig, und hier hat es ganz wichtige Verbesserungen gegeben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Tobias B. Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie beschweren sich, dass wir nur zwei Länder neu zu sicheren Herkunftsländern erklärt hätten: Georgien und Moldawien.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: „Moldawien“ sagt man nicht mehr! Das gehört zum Sozialismus! – Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In Ihrer Zeit ist das immerhin nicht geschehen. Deswegen ist es ein großer Erfolg, dass wir zwei Länder neu als sicher eingestuft haben.

Oder: Sie haben angesprochen, dass viele Menschen hierbleiben dürfen, deren Identität ungeklärt ist. Nein, der Chancen-Aufenthalt ist für solche Menschen, die ihre Identität klären

(Manuel Höferlin [FDP]: Ach? Dann stimmt das ja gar nicht, was Herr Seif gesagt hat!)

und die eben seit 2015, 2016 in Deutschland sind und seit sieben, acht, neun Jahren nicht abgeschoben werden können und endlich dank des Chancen-Aufenthaltes in Arbeit kommen können. Das sind ganz wichtige Punkte. Deswegen finde ich Ihre Kritik nicht berechtigt.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Tobias B. Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Norbert Kleinwächter [AfD]: Wenn sie abgeschoben werden sollen, waren sie nie Flüchtlinge! Das bedeutet, Sie belohnen sie auch noch!)

Migrationsabkommen – auch das ist ein wichtiger Punkt – kommen jetzt auf den Weg.

Und zuletzt: Sie sprechen hier immer wieder – ich finde das unredlich – von „Turboeinbürgerung“. Wissen Sie: Unser Land ist momentan unattraktiv für Menschen, die herkommen könnten, um hier zu arbeiten.

(Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Warum? – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Wegen dem Arbeitsmarkt! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das liegt doch nicht am Staatsangehörigkeitsrecht!)

Wenn wir attraktiver werden wollen für Einwanderung, dann müssen wir auch ein attraktives Angebot zur Einbürgerung machen. Das, was wir verhindern – das ist ein wichtiger Punkt –, ist, dass Straftäter und Antisemiten Deutsche werden können. Also: Wichtige Punkte, die zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Keine Ahnung!)

Aber eigentlich wollten wir über das GEAS sprechen,

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja, eben! Das wäre vielleicht mal was!)

über das Gemeinsame Europäische Asylsystem. Hier gilt: Es kann nicht auf Dauer offene Binnengrenzen in Europa geben, wenn die Außengrenzen Europas nicht gründlich kontrolliert werden.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Aha!)

Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt nach vielen Jahren die Chance haben, dieses Gemeinsame Europäische Asylsystem zu reformieren.

Seit 2014 klemmt das, kommt nicht voran, und jetzt ist es vor der Europawahl 2024 endlich mal so weit, dass wieder Bewegung in den Apparat kommt – auch dank dieser Bundesregierung.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Damit die Leute nicht mehr demokratisch darüber entscheiden können! Deshalb zieht man das jetzt vor!)

Das ist ein wichtiger Punkt; das sollten wir uns nicht madig machen lassen.

Vielmehr ist es wichtig, dass wir hier jetzt eine ganze Reihe Punkte – je nach Zählweise zehn oder elf; Ober- und Unterpunkte zählen separat – weiterverhandeln. Punkte, die seit 2014 nicht in Bewegung sind, kommen jetzt voran.

Neue Punkte wie das Screening-Verfahren, mit dem wir dafür sorgen werden, dass alle Menschen an den europäischen Grenzen lückenlos registriert werden, kommen voran. Auch die Asylverfahrensrichtlinie, wo wir klarmachen, dass wir schnell zu Entscheidungen kommen wollen, vor allem bei den Menschen, bei denen ziemlich klar ist, dass sie aus Ländern mit geringer Schutzquote stammen und voraussichtlich keine gute Bleibeperspektive haben werden, kommt vorwärts. Ebenso ist ein neuer Solidaritätsmechanismus, der eine sinnvolle Verteilung auf ganz Europa ermöglichen wird, unter den Punkten usw. usw.

Auch GEAS ist wie das deutsche System ein Gesamtkonzept, in dem sich die Dinge fügen, in dem Bänder ineinandergeflochten werden und am Ende ein Gesamtkonstrukt ergeben. Wichtig ist: Es dauert seine Zeit, bis es wirkt. Es gibt ja einen großen Nachholbedarf auf deutscher wie auf europäischer Ebene; aber wir kommen hier Schritt für Schritt voran.

Deswegen ist es gut, dass diese zehn, elf neuen Rechtsakte auf dem Weg sind und es in diesen Triologverhandlungen am kommenden Montag hoffentlich zu einem Durchbruch kommt. Dann wird man sehen, wie viel in dem letzten Jahr in Deutschland und Europa geschehen ist.

(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Ach!)

Das darf man nicht schlechtreden. Wir müssen die Chancen nutzen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und sage: Auf Wiedersehen im neuen Jahr!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Moritz Oppelt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605367
Wahlperiode 20
Sitzung 145
Tagesordnungspunkt Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
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