Hannes WalterSPD - Aktuelle Stunde: Landwirtschaft und Handwerk, Gastronomie und Transportgewerbe in Gefahr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Künast, Frau Karliczek hat ja ganz deutlich gesagt, was sie möchte, nämlich dass Leute, die jeden Tag hart arbeiten, nicht vernünftig entlohnt werden. Das ist ganz deutlich rübergekommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt! – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: So ein Unsinn! Das ist absoluter Unsinn! – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das ist genau Ihr Problem: Sie können nicht zuhören!)
Das können wir so nicht stehen lassen. Es gibt viele Leute, die hart arbeiten und wenig Geld am Ende des Monats haben. Wir stehen an der Seite dieser Leute;
(Stephan Brandner [AfD]: Ja, das merken die Leute!)
denn wir haben das Wohngeld erhöht, wir haben das Kindergeld erhöht, wir haben den Kinderzuschlag erhöht, und wir haben die Einkommensteuer gesenkt. Das gehört auch zu zwei Jahren Arbeit der Ampelkoalition dazu.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dass wir aber zurzeit in einer wirtschaftlich schwierigen Situation sind, brauchen wir nicht schönzureden; das ist so.
(Mike Moncsek [AfD]: Woher kommt’s denn? Das ist Ihre Regierung!)
Als Handwerksbeauftragter der Bundestagsfraktion der SPD habe ich genau wie mein hochgeschätzter Kollege Manfred Todtenhausen die Situation der vielen Handwerksbetriebe besonders im Blick. Deshalb nutze ich die Aktuelle Stunde gerne, um über die derzeitigen Herausforderungen im Handwerk zu sprechen.
Seit Beginn der Legislaturperiode rutschen wir unfreiwillig von einer Krise in die nächste.
(Stephan Brandner [AfD]: „Unfreiwillig“? Sie machen eine Krise nach der anderen selber!)
Der Bundesregierung dafür komplett die Schuld in die Schuhe zu schieben, ist Unsinn. Nichtsdestotrotz trägt unsere Bundesregierung die Verantwortung, mit der Situation umzugehen
(Stephan Brandner [AfD]: Und die AfD!)
und die besten Entscheidungen für unser Land zu treffen.
Besonders im Bereich der Energieversorgung waren die Herausforderungen sehr groß. Innerhalb kürzester Zeit haben wir darauf reagiert. Im Jahr 2021 kamen laut Bundesnetzagentur noch 52 Prozent des importierten Gases aus Russland. Nachdem Russland die Gaslieferungen eingestellt hat, haben wir schnell reagiert und nach Alternativen gesucht.
(Zurufe der Abg. Kay Gottschalk [AfD] und Mike Moncsek [AfD])
Dadurch konnten wir die Gasspeicher füllen und sind wir sicher durch den letzten Winter gekommen. Auch in diesem Winter gelingt uns das.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Noch wichtiger: Wir haben dafür gesorgt, dass die Energieversorgung stabil bleibt.
(Zuruf von der AfD: Zum dreifachen Preis!)
Mit der Gas- und Strompreisbremse haben wir sowohl die Betriebe als auch die Bürgerinnen und Bürger finanziell unterstützt; denn selbstverständlich wollen wir unserer Verantwortung gerecht werden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])
Erst im Dezember haben wir ein Strompreispaket beschlossen. Damit senken wir die Stromsteuer auf das europäische Minimum.
Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen müssen wir aber auch langfristig denken. Gerade für die Betriebe in Nord- und Ostdeutschland ist es wichtig, dass wir das Strommarktdesign grundsätzlich überdenken; denn hier wird besonders viel erneuerbare Energie produziert. Durch die Netzentgelte müssen diese Regionen aber hohe Stromkosten schultern. Hier braucht es einen Ausgleich und ein System, das fairer für alle ist.
(Beifall bei der SPD)
Ein Thema, das mir bei Gesprächen mit Handwerkerinnen und Handwerkern immer wieder begegnet, ist die hohe Bürokratiebelastung. Das ist auch bei den Protesten zu spüren gewesen, an denen sich die Handwerksbetriebe in den letzten Tagen beteiligt haben. Was viel Bürokratie für den Handwerkeralltag bedeutet, weiß nicht nur Manfred, sondern auch ich als Handwerker und als Familienunternehmer. Das Kerngeschäft, das eigentliche Handwerk, muss im Fokus des unternehmerischen Handelns stehen können.
Mir ist klar, dass es in Zukunft keine Mehrbelastung durch Bürokratie geben darf. Bei der Bürokratieentlastung kann es aber nicht einen großen Schlag geben. Die Wahrheit ist doch: Wir müssen ein bürokratisches Hindernis nach dem anderen beseitigen, und davon gibt es viele. In diesem Prozess ist es wichtig, diejenigen einzubinden, die wissen, wo der Schuh, im Unternehmeralltag drückt. Und das passiert auch, nämlich beim Bürokratieentlastungsgesetz IV. Dadurch bringen wir konkrete Entlastungen auf den Weg. Schon in der Vergangenheit haben wir durch verschiedene Fachgesetze Bürokratie abgebaut, und das werden wir auch in Zukunft tun.
Es gibt darüber hinaus viele Themen, die den Menschen in unserem Land Sorgen machen. Das hat sich in den letzten Tagen bei den Demonstrationen deutlich gezeigt. Viele Argumente sind absolut nachvollziehbar. Wir arbeiten im Bundestag an Lösungen, und zwar für alle Menschen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Kay Gottschalk [AfD]: Aha!)
Das gelingt uns nur, wenn wir uns wie schon in der Vergangenheit auch in Zukunft mit verschiedenen Interessengruppen an einen Tisch setzen und einen gemeinsamen Kompromiss finden. Dass Menschen auf die Straße gehen und für ihre Interessen einstehen, ist wichtig; denn genau das macht eine Demokratie aus. Rechte Parolen, Bedrohungen und Umsturzfantasien haben allerdings nichts mit dem demokratischen Diskurs zu tun.
(Beifall bei der SPD)
Hier weiß ich auch unsere Partner von den Organisationen der Landwirtschaft, des Handwerks, der Gastronomie und des Transportgewerbes auf unserer Seite. Wenn sich aus Protesten im Rahmen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung ein konstruktiver Dialog entwickelt, ist das ein guter Weg, um sich einzubringen.
Genau das habe ich in den letzten Tagen oft beobachtet, auch in meinem eigenen Wahlkreis in Südbrandenburg. Nach der Demo an diesem Montag waren Vertreterinnen und Vertreter des Bauernverbandes Südbrandenburg bei mir zum Gespräch. Viele ihrer Forderungen kann ich nachvollziehen und unterstützen. Deshalb haben wir auch sehr konstruktiv über Lösungsvorschläge diskutiert.
Ich bin davon überzeugt, dass wir die beste Lösung für alle nur gemeinsam finden können. Diese Zeiten erfordern mehr Pragmatismus und keine Hetze. Viele Landwirte und Handwerker gehen mit einem guten Beispiel voran. Diesen gemeinsamen Weg sollten wir auch weitergehen.
Vielen Dank und Glück auf!
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605466 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 146 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Landwirtschaft und Handwerk, Gastronomie und Transportgewerbe in Gefahr |