18.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 147 / Zusatzpunkt 5

Steffen BilgerCDU/CSU - Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor gut einem Monat, am 13. Dezember, haben uns die Kürzungspläne des Trios Scholz, Habeck, Lindner erreicht. In der Regierungsbefragung hat uns der zuständige Minister erklärt, er wusste von nichts; er könne auch nicht mehr dazu sagen.

Da muss man sich doch mal die Frage stellen: Was ist eigentlich in dieser Bundesregierung los? Wie kann es sein, dass der Minister bei so weitreichenden Kürzungsplänen nicht gefragt, nicht informiert wird? Welchen Einfluss hat dieser Minister in seiner Partei, in seiner Fraktion, in dieser Bundesregierung? Was ist los in dieser Ampelbundesregierung?

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Nichts ist los! Das ist ja das Problem!)

Nun hat uns der Minister in vielen Interviews erklärt, weshalb wir zurzeit den massiven Protest der Landwirtschaft erleben: Bei der Entscheidung, Agrardiesel- und Kfz-Steuerbefreiung zu streichen, sei gegen das ansonsten bei ihm stets eingehaltene Prinzip verstoßen worden, erst mit den Menschen zu reden und dann zu entscheiden. In der Tat: Hier haben Sie nicht mit den Menschen geredet, sondern über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden. Aber ich wage auch zu bezweifeln, ob das ansonsten ein Markenzeichen grüner Politik ist.

Ganz im Gegenteil: Die viel beschworene Hausfreundschaft zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium ist Fluch statt Segen für unsere Landwirtschaft. Die aktuellen Streichungen sind in der Tat der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Und Sie haben das Fass gefüllt, oder wie?)

Lieber Herr Minister Özdemir, das Manöver, die Verantwortung einfach auf andere, insbesondere auf Verantwortliche in der Vergangenheit zu schieben, ist billig und durchschaubar. Wer als Minister seit zwei Jahren Verantwortung trägt, der wird damit nicht durchkommen. Die bisherige Amtszeit von Cem Özdemir sind zwei verlorene Jahre für die Landwirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia Lehmann [SPD]: Zwei Jahre gegen 16 Jahre! Oh Mann! Oh Mann! Oh Mann!)

Nun haben einige von Ihnen ja die Kommissionen aus der vergangenen Legislaturperiode gelobt. In der Tat: Da wurde gute Arbeit geleistet. Aber was ist denn die Realität? Ein Kommissionsmitglied nach dem anderen hat entnervt aufgegeben.

(Isabel Mackensen-Geis [SPD]: Das ist abgeschlossen! – Sylvia Lehmann [SPD]: Die Arbeit ist ja abgeschlossen!)

Die Borchert-Kommission hat im August letzten Jahres ihre Arbeit eingestellt, weil sie gesagt hat: Es geht nichts voran in dieser Ampelkoalition. – Das ist doch die Realität, die die Experten, die sich so verdienstvoll eingebracht haben, erleben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bilger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hocker?

Gerne.

Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Kollege Bilger, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade die Borchert-Kommission angesprochen. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bewusst ist, dass die Borchert-Kommission anderthalb Jahre vor Ende der letzten Legislaturperiode ihre Ergebnisse vorgestellt hat und dass es die damalige Landwirtschaftsministerin Klöckner nicht geschafft hat oder aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage gewesen ist, diesen Abschlussbericht beiseitezulegen, ohne auch nur irgendetwas davon umzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Sie hat es doch geschafft, es zur Seite zu legen! Sie widersprechen sich da!)

Können Sie mir erklären, warum man sich damals nicht entschlossen hat, das umzusetzen, was von der eigenen Kommission vorgeschlagen wurde?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Kollege Hocker, mitunter sitzen wir ja im gleichen Boot. Sie haben jetzt auch die SPD als Koalitionspartner, also können Sie eigentlich nachvollziehen, wo da die Schwierigkeiten sind.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Ist das billig! Ist das billig! – Sylvia Lehmann [SPD]: Ah nein! Oh Mann!)

Aber jetzt reden wir mal über die Gegenwart und über das, was von Ihnen zur Tierwohlabgabe zu hören war. Minister Özdemir schlägt einen Bauernsoli vor. Vor ein paar Wochen haben Sie noch gesagt: Nehmen wir doch diese – und zwar wirklich völlig unzureichenden – Mittel, die im Bundeshaushalt eingeplant sind – über mehrere Jahre gerade mal 1 Milliarde Euro für den Stallumbau –, um die Streichung beim Agrardiesel gegenzufinanzieren.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Wie viel hatten Sie denn eingeplant? Keinen Cent haben Sie eingeplant!)

Das war Ihr Vorschlag, Herr Hocker. Jetzt am Montag, als der Minister mit dem Vorschlag des Bauernsoli kam, haben Sie gesagt: Da sind wir schon gesprächsbereit.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Antworten Sie doch mal auf die Frage, warum Sie nichts umgesetzt haben! Nebelkerze!)

Und dann haben Sie gleich ein paar Fallen aufgestellt, weil Sie nämlich gesagt haben: Das muss aber auch alles europarechtskonform sein. Es darf keine Benachteiligung darstellen usw. – Ich bin mal gespannt.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Keine Antwort ist auch eine Antwort!)

Sie haben in Ihrem Antrag jetzt sieben Fragen formuliert. Die Landwirte erwarten eigentlich Antworten. Und jetzt wollen Sie das mal irgendwann bis zum Sommer diskutieren.

(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Sie haben das Prinzip nicht verstanden!)

Aus meiner Sicht ist das eine Taktik, um Zeit zu gewinnen. Ich bin sehr gespannt, ob Sie bei dem Thema Tierwohlabgabe irgendwas hinbekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Schade, dass Sie nicht auf die Frage antworten!)

Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch mal schlagwortartig an, wie grüne Politik Landwirte entweder konkret belastet, nicht entlastet, unter Generalverdacht stellt oder abgrundtiefes Misstrauen gegenüber einem ganzen Berufsstand begründet:

Stichwort „Pflanzenschutz“. Die Grünen im Europaparlament – allen voran Frau Wiener – waren ja kaum zu stoppen, wenn es um generelle Verbote und Ausschlussgebiete ging. Es drohten faktische Berufsverbote, zum Beispiel im Weinbau; ganze Weinanbaugebiete waren gefährdet. Gut, dass das Europäische Parlament jetzt mit knapper Mehrheit anders entschieden hat!

(Isabel Mackensen-Geis [SPD]: Also gar nichts!)

Stichwort „Agrardiesel“ – ich muss auch noch mal darauf zu sprechen kommen. Das läuft bei Ihnen unter der Überschrift „klimaschädliche Subventionen“. Das ist nicht fair. Ihr fauler Kompromiss, Herr Özdemir, ist kein Kompromiss, der fair und vertretbar wäre. Es ist nicht fair, was Sie mit den Landwirten machen. Die Grünen haben auf die Streichung schon lange hingearbeitet: Schon im Jahr 2015 haben sie einen entsprechenden Antrag im Bundestag gestellt. Bundesvorsitzender damals: Cem Özdemir.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

Jetzt habe ich mir sagen lassen, dass ein grüner Staatssekretär davon gesprochen hätte, es sei vielleicht auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau, wenn man die Rückvergütung beim Agrardiesel streicht. Wenn Ihnen nicht mehr zum Thema „Bürokratieabbau in der Landwirtschaft“ einfällt, muss ich sagen: Das ist wirklich Hohn gegenüber unseren Landwirten, und das kann nicht Ihr Ernst sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anne Monika Spallek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn die Bürokratie aufgebaut?)

Alternativen zum Agrardiesel: gut und wichtig. Biokraftstoffe: werden von Ihnen bekämpft. Stichwort „Bundeswaldgesetz“: Was wir dazu aus dem Haus von Cem Özdemir lesen, ist ein Generalverdacht gegen einen ganzen Berufsstand. Stichwort „Wolf“: Hier lassen Sie die Weidetierhalter im Stich. Neue Züchtungsmethoden werden von Ministerin Lemke von den Grünen in Brüssel behindert; Sie wollen da keine Innovationen in Europa zulassen.

Am Montag auf der Demonstration hat Minister Lindner viele schöne Worte gesprochen. Aber er hat in seinem Angebot an die Landwirtschaft Themen benannt, die mit den Grünen nicht gehen werden. Diese Widersprüche in der Ampelkoalition bemerken die Menschen. Mit den Worten von Christian Lindner: „Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um!“

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605557
Wahlperiode 20
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft
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