18.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 147 / Zusatzpunkt 5

Albert StegemannCDU/CSU - Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir besprechen ja heute hier auch den Agrarpolitischen Bericht. Schade, dass der Landwirtschaftsminister nicht mehr da ist.

(Sylvia Lehmann [SPD]: Bereinigungssitzung!)

Denn ich hätte ihm jetzt empfohlen, dass er sich doch auch mal selbst daranmacht, in diesen Agrarpolitischen Bericht hineinzuschauen, weil da tatsächlich beeindruckende Dinge drinstehen, zum Beispiel auf Seite 30. Dort werden die betrieblichen Zahlungen angesprochen, die – Zitat – „einen bedeutenden Anteil“ der Unternehmenserträge ausmachen. In dem Bericht sind drei Punkte aufgeführt.

Erstens: die Direktzahlungen. Zu den Direktzahlungen will ich anmerken, dass der Landwirtschaftsminister immer wieder darauf hingewirkt hat, dass Mittel von der ersten Säule in die zweite Säule umgeschichtet werden. Das heißt, dass die Basisprämie, dass das Geld, was bei den Bauern ankommt, immer weniger wird und dass das Geld für Umweltleistungen und für Nachhaltigkeitsprogramme immer mehr erhöht wurde. Aber bei den Bauern haben wir einen einkommenswirksamen Verlust von 50 Prozent.

Beim Agrardiesel hat man ja zweitens gar nicht versucht, irgendeinen Kompromiss zu erreichen. Beim Agrardiesel hat man gleich 100 Prozent gestrichen, auch wenn man es über drei Jahre verteilt hat. 100 Prozent sind 100 Prozent! Bei der GAK – das ist der dritte Punkt, überzeugen Sie sich selbst, Seite 30 – hat ebendiese Regierung 40 Prozent eingespart.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Du willst uns zeigen, dass du ihn gelesen hast!)

Also, ich kann jetzt überhaupt nicht erkennen, dass der Landwirtschaftsminister hier seine Aufgabe als Schutzpatron der Landwirtschaft halbwegs ernst genommen hat, sondern es ist nur gestrichen worden: minus 50, minus 100, minus 40 Prozent.

Ich will an dieser Stelle noch etwas sagen. Ich höre immer wieder, gerade auch von den Kollegen der FDP und von anderen, die Landwirtschaft sei ja ein hochsubventionierter Bereich. Nach diesen Kürzungen bekommt die Landwirtschaft in diesen drei Bereichen etwa 4 Milliarden Euro. Schauen wir uns jetzt mal an: Wie sieht es zum Beispiel bei der Deutschen Bahn aus?

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das ist lächerlich!)

Ich will nicht die verschiedenen Kräfte gegeneinander ausspielen; aber die Deutsche Bahn bekommt 8 Milliarden Euro. Dafür, dass die deutschen Landwirte dafür sorgen, dass morgens, mittags und abends wirklich hochsichere, vernünftige, bezahlbare Lebensmittel da sind, bekommt man für 4 Milliarden Euro in der Landwirtschaft deutlich mehr als für 8 Milliarden Euro bei der Deutschen Bahn oder auch bei anderen Bereichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Subventionstatbestände haben sich in der Bundesregierung nahezu verdoppelt: Wir sind bei 80 Milliarden Euro. Also lasst uns endlich mal mit der Mär aufräumen, dass die Landwirtschaft ein hochsubventionierter Bereich ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als dann dem Minister am Montag die Bauern aufs Dach gestiegen sind, haben wir mal wieder einen typischen Özdemir zu sehen bekommen, und zwar hat er aus seinem Köcher mal wieder eine Überschrift herausgeholt: „Tierwohlabgabe“. Jetzt mal ganz im Ernst: Ich habe wirklich auf die Uhr geschaut, weil ich das Gefühl hatte: Haben wir schon wieder den 1. April? Ich meine, die Zeit geht schnell rum; aber das kann doch nur ein Aprilscherz sein. Die Ampel hat seit zwei Jahren intensiv darüber gestritten: Wie kann das Tierwohl weiterentwickelt werden? Nichts haben Sie auf die Kette bekommen, gar nichts!

(Sylvia Lehmann [SPD]: 1 Milliarde! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Kein sehr gutes Beispiel! Wie lange haben Sie am Baugesetz getüftelt und nichts hingekriegt? Jahrzehnte haben Sie am Baugesetz gearbeitet und nichts hinbekommen!)

Sie haben 150 Millionen Euro für den Umbau der Tierhaltung auf den Weg gebracht. Sie wissen, dass die Tierwohlabgabe, wie sie von der Borchert-Kommission vorgeschlagen war, am Ende 3,6 Milliarden Euro einbringen soll. Wer soll Ihnen denn glauben, dass Sie 440 Millionen Euro mit 3,6 Milliarden Euro kompensieren wollen? Das ist doch klar, dass das mathematisch nicht funktioniert. Und es ist auch klar, dass Sie dafür keine Zustimmung von der FDP bekommen werden. Also von daher: ein reines Ablenkungsmanöver.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gucken wir weiter in den Agrarpolitischen Bericht! Bis 2022 gab es in Ihrer Regierungszeit 14 Prozent weniger schweinehaltende Betriebe. Dass die Schweinehaltung in Deutschland eingebrochen ist, ist nicht die Ursache eines Nachfragerückgangs, sondern das wurde am Ende ausgeglichen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Afrikanische Schweinepest!)

In Spanien wurde die Schweinehaltung entsprechend aufgestockt. Die Tierhaltung, die hier abgebaut wurde, baut sich in Spanien auf, und jetzt werden die spanischen Schweine nach Deutschland importiert. Das ist ein Fehlgedanke dieses Ministers: Er nimmt immer Einfluss auf das Angebot, versteht aber nicht, dass er dann, wenn er tatsächlich irgendwas an Ernährungsgewohnheiten ändern will, das nachfrageseitig tun muss.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tut er doch!)

Das ist ein großes Marktunverständnis.

Dieses Marktunverständnis hat er übrigens auch bei seiner Ernährungsstrategie durchblicken lassen. Auch dort rate ich dem Minister, mal in seinen eigenen Bericht zu schauen. Auf den Seiten 36 und 37 steht nämlich, dass inflationsbedingt die Nachfrage nach Bioprodukten auf einen Anteil von 6,3 Prozent gesunken ist.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

An dieser Stelle zeigt sich, dass wir nachfrageinduzierte Veränderungen des Verbraucherverhaltens brauchen, aber eben keine Angebotsbeschränkung.

Jetzt komme ich auf den letzten Punkt zu sprechen.

Sie reden aber bei Ihrem letzten Punkt auf Kosten des Kollegen.

Der Minister ist mit dem, was er tut, ein Inflationstreiber.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ihr wollt doch die Abgabe auf Fleisch! Ihr wollt doch, dass die Preise steigen! Es war doch eure Kommission! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben eine überproportionale Steigerung der Inflationsraten im Lebensmittelbereich, weil er das Angebot einschränkt. Da hat er eine ganz große Verantwortung. Der Minister kommt seiner Aufgabe nicht nach, und er muss endlich anfangen, zu arbeiten.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das war eure Kommission!)

Nächste Rednerin für die SPD-Fraktion ist Isabel Mackensen-Geis.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605561
Wahlperiode 20
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft
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