Isabel Mackensen-GeisSPD - Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Landwirtinnen und Landwirte! Ich bin aufgewachsen mit der Vielfalt: den Weinbergen in Rheinland-Pfalz, den Streuobstwiesen meiner Großeltern mütterlicherseits in Baden-Württemberg und den Getreidefeldern bei den Großeltern väterlicherseits in Niedersachsen. Ich weiß aus eigenem familiären Erleben: Es gibt nicht die eine Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist sowohl von den Anbauarten als auch von den Regionen sehr vielfältig. Die familiengeführten Betriebe im Süden Deutschlands, die größeren Flächen und Betriebe im Norden – das alles ist die deutsche Landwirtschaft. Und für die SPD-Bundestagsfraktion steht fest: Unsere Landwirtschaft ist systemrelevant.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die überproportionalen Haushaltskürzungen im Bereich Landwirtschaft waren für uns nicht gerechtfertigt und wurden deshalb richtigerweise korrigiert. Die Situation der Landwirtschaft mit Blick auf die Zukunft ist schwierig. Deshalb haben wir auch Verständnis für die Proteste in den vergangenen Wochen. Aber – es ist schon mehrfach angesprochen worden – es geht nicht mehr nur um den Agrardiesel; es geht um den Erhalt der kleinbäuerlichen Strukturen. Wir müssen dem Höfesterben, dem enormen Kostendruck, dem Bodenmarkt und auch der schlechten Verhandlungsposition gegenüber dem Großhandel entgegentreten.
Ich bin am 2. Juli 2019 in den Deutschen Bundestag und in den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft nachgerückt. Im Oktober 2019 rollten die Trecker nach Berlin und standen vor dem Brandenburger Tor. Liebe Union, im Nachhinein sollten Sie sich noch mal dringend bei der damaligen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bedanken; denn die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner konnte die Bauern nicht so wirklich beruhigen. Frau Merkel hat die Zukunftskommission Landwirtschaft ins Leben gerufen, und mit dieser konnte eine historische Einigung zwischen der Umwelt- und der Landwirtschaftsseite erreicht werden. Deshalb ist auch ganz klar: Wir haben kein Erkenntnisproblem. Die Grundlagen liegen auf dem Tisch. Deshalb braucht es auch keine neuen Kommissionen, lieber Albert Stegemann. Und der Minister ist bei der Bereinigungssitzung und hat sich auch bei den Parlamentarischen Geschäftsführern entsprechend entschuldigt. Das können Sie gerne noch mal zur Kenntnis nehmen.
Mit den Ergebnissen der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission liegen die Lösungsansätze auf dem Tisch. Es braucht Planungssicherheit, fairen Wettbewerb und faire Preise.
(Beifall bei der SPD)
Ich möchte an dieser Stelle auch noch mal ein Plädoyer für Europa halten. Deutschland profitiert von europaweit einheitlichen Regelungen überproportional mehr als andere Länder. Deshalb wäre es auch sinnvoll und eine Chance gewesen, mit der SUR, der Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, verbesserte Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Landwirtschaft herzustellen.
(Beifall des Abg. Karl Bär [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der Vorschlag der Kommission war Mist; darüber müssen wir nicht reden. Aber ein reines Verhindern, wie es vorhin wieder positiv dargestellt wurde, löst auf der einen Seite die Probleme der Artenkrise nicht und schafft auf der anderen Seite keine Planungssicherheit für die Betriebe. Vonseiten der SPD-Bundestagsfraktion wollten wir durch die Verhandlungen keine reine Ablehnung, sondern praxistaugliche Regelungen erreichen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zum Thema „faire Preise“. Die Marktmacht des Großhandels ist schon mehrfach angesprochen worden. Diese muss reduziert werden, damit mehr Geld auf den Höfen bleibt. Wenn man sich das anschaut, stellt man fest: Die Lebensmittelpreise haben im Zeitraum von 2021 bis 2023 mit 27 Prozent die allgemeine Inflation überstiegen. Die Gelder wurden also nicht an die Betriebe weitergegeben. Aus den persönlichen Gesprächen weiß ich auch, dass manche Landwirte weniger bekommen haben als davor. Das kann einfach nicht sein. Das sind Krisengewinne, und da müssen wir gegensteuern.
Ich habe ein konkretes Beispiel dazu aus dem Wahlkreis. Bei uns gibt es die Erzeugergemeinschaft „Pfälzer Grumbeere“. Für alle, die nicht Pfälzisch können: Das ist eine Kartoffelerzeugergemeinschaft. Da hat ein Landwirt berichtet: Wenn er nur 1 Cent pro Kilo Kartoffeln mehr bekommt, dann wären das pro Hektar 400 Euro mehr. Das sind wichtige Punkte, die wir berücksichtigen müssen.
Es gibt jetzt gerade eine große Aufmerksamkeit. Das Zeitfenster müssen wir nutzen. Der Dialog muss fortgesetzt werden.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Und wir brauchen zeitnah strukturelle Entscheidungen für unsere Landwirtinnen und Landwirte.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin für einen Drei-Minuten-Beitrag ist die Kollegin Astrid Damerow, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605562 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft |