18.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 147 / Zusatzpunkt 5

Franziska KerstenSPD - Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Agrarpolitik ist es ganz schön aufregend im Moment: demonstrierende Landwirtinnen und Landwirte mit Ängsten um ihre Zukunft, Turbulenzen auf den weltweiten Agrarmärkten, wachsende Sorge um die Ernährungssicherheit wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, aber auch Klimawandel und Artensterben. In der Agrarwelt scheint einiges aus den Fugen geraten zu sein.

Das Thema ist gerade in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Schon seit meiner Ausbildung als Rinderzüchterin bewege ich mich in der Landwirtschaft. Auch später als Tierärztin war ich ständig mit Landwirten im Austausch. Agrar- und Umweltpolitik ist meine Leidenschaft, auch wenn das in der SPD etwas ungewöhnlich ist.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das stimmt!)

Ich habe damals im BMU an den Öko-Regelungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik mitgearbeitet. Es war sehr schwer, mit dem BMEL eine Einigung zu finden, die eine Honorierung von Leistungen der Landwirtschaft auch wirklich angemessen gestattet hätte. Es war ein sehr langwieriger Austausch, und es war extrem schwierig, mit der Kommission eine vernünftige Regelung zu finden. Ich bin deshalb auch sehr beeindruckt von der Vorstellung des Abschlussberichts der Zukunftskommission Landwirtschaft mit Professor Strohschneider gewesen.

Aufgrund meiner bisherigen Berufserfahrung hatte ich als neugewählte Abgeordnete die Möglichkeit, direkt an den Koalitionsverhandlungen teilzunehmen. Wir haben intensive Gespräche geführt. Meine Hoffnung war es, in der Präambel des Koalitionsvertrags auch die Zukunftskommission Landwirtschaft zu verankern. Ich hatte noch nicht so viel parlamentarische Erfahrung; das ist mir nicht gelungen. Aber ich darf aus dem Papier zur Zukunft der Landwirtschaft zitieren:

„Ziel ist eine nachhaltige, ökologisch und ökonomisch tragfähige sowie sozial verträgliche, stärker regionalisierte Landwirtschaft in Deutschland auf der Basis der Empfehlungen der Zukunftskommission. Wir wollen zur Stärkung des ländlichen Raums eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die auf geschlossenen Nährstoffkreisläufen, Tierwohl und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen beruht und die qualitativ hochwertige Lebensmittel für eine gesunde und ausgewogene Ernährung zur Verfügung stellt.“

(Beifall bei der SPD)

Ehrlich gesagt, heute fühle ich mich bestätigt, dass wir dem Thema Landwirtschaft schon zu Beginn unserer Fortschrittskoalition mehr Aufmerksamkeit hätten widmen müssen. Aber es ist nicht zu spät. Die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik muss jetzt vorangetrieben werden. Die sieben Punkte, die sieben Fragen müssen wir tatsächlich in sieben Handlungsanweisungen umformulieren. Sie muss einkommenswirksam gestaltet werden. Sonst kann die Honorierung von gesellschaftlich erwünschter Leistung nicht funktionieren. Wenn der Landwirt Natur und Umwelt schützen soll, muss er auch davon leben können. Auch muss sie unbürokratischer werden; denn sonst ist sie von den Landwirten und auch von den Überwachungsbehörden nicht mehr zu beherrschen. Dafür brauchen wir einen einheitlichen und einfachen Datenraum für die Landwirtschaft – es ist sehr laut im Saal, ein bisschen zuhören! –

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

vom Agrarantrag bis zur Tiergesundheit. Bund und Länder sind hier gemeinsam gefragt.

Ein Hinweis an Herrn Steiniger: Meine Kollegin Isabel Mackensen-Geis hat darauf hingewiesen, dass wir einheitliche europäische Regeln wollen und dass wir auch eine europäische Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft sicherstellen wollen. Da wären vernünftige Maßnahmen in der SUR sinnvoll gewesen; denn wir wissen alle, dass wir Artensterben haben. Das wäre mit Sicherheit besser.

Es geht also nicht nur darum, dass wir Lieferbeziehungen besser gestalten müssen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass den Bauern von der Molkerei gerechte Preise rückerstattet werden. Es kann nicht sein, dass sie einen Monat lang Milch abliefern und erst im nächsten Monat erfahren, wie viel Geld sie dafür bekommen. Deshalb gehen wir an die Umsetzung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung. Beim Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz habe ich sehr viel Hoffnung, dass die FDP in unserer Koalition diesen besonderen Hebel erkennt, wir da gemeinsam vorangehen und sichere, faire Preise für unsere Erzeuger und Erzeugerinnen schaffen.

Danke.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Das Wort hat nunmehr die fraktionslose Abgeordnete Amira Mohamed Ali.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605570
Wahlperiode 20
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Agrarpolitischer Bericht 2023, Entlastung der Landwirtschaft
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