Thorsten FreiCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Wehrhafte Demokratie gegen Demokratiefeinde und Vertreibungspläne
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über die Wehrhaftigkeit der Demokratie. Wir sprechen darüber, wie sich die Grundlagen unseres Staates, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, gegen diejenigen verteidigen lassen, die sie angreifen und damit die Basis unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zerstören möchten. Ich finde es richtig, mit aller Klarheit, mit aller Konsequenz diese schlimmen Umtriebe, die wir zuletzt in Potsdam erlebt haben, als genau das zu brandmarken, was sie sind.
Aber es ist, glaube ich, in dieser Situation auch wichtig, dass wir das Kind beim Namen nennen. Wir sind derzeit in einer schwierigen und herausfordernden Situation, und das hängt insbesondere damit zusammen, dass mit der AfD eine Partei, die zumindest in Teilen gesichert rechtsextremistisch ist,
(Beatrix von Storch [AfD]: Sagt Ihr Minister! Alles Schwachsinn!)
in den bundesweiten Umfragen auf Platz zwei vorgerückt ist und die Gefahr besteht, dass wir bei den Wahlen im Osten des Landes in diesem Jahr an die Grenzen der Funktionsfähigkeit unseres Parlamentarismus kommen. Das ist die Wahrheit. Und das ist eine gewaltige Herausforderung. Ich will es genau so benennen, wie ich es empfinde.
(Jörn König [AfD]: Ergebnis Ihrer schlechten Politik! Ganz simpel!)
Vor diesem Hintergrund ist es richtig, all diejenigen, die solche kruden Umsturz- und Ausweisungsfantasien haben, genau so zu brandmarken. Ja, das ist richtig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Aber das allein reicht nicht aus. Es reicht deshalb nicht aus, weil diese Fantasien von einigen skurrilen Figuren ja nicht das sind, was unsere Institutionen und unser Land zerstören kann. Herr Klingbeil, Sie haben in Ihrer Rede zu Recht darauf hingewiesen, dass unser Land stark ist, dass unsere Institutionen stark sind und die Mittel und die Möglichkeiten haben, gegen diese Feinde unserer Verfassung und unseres Staates anzugehen. Vor allen Dingen hat diese Demokratie Freunde. Wir erleben in vielen Städten unseres Landes – Sie haben es zitiert –, dass Menschen auf die Straße gehen und sagen: Wir wollen dieses Land so, wie wir es kennen und geformt haben. – Deshalb muss man sagen: Das ist eine große Gefahr. Man darf sie nicht unterschätzen, man muss sie klar adressieren. Aber unsere staatlichen Institutionen sind stark genug, um solche Angriffe abzuwehren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])
Ich glaube, man muss sich eine andere Frage stellen. Ich will das ohne Eifer machen und einfach nur klar benennen: Wenn eine Partei wie die AfD für landes- oder bundesweiten Wahlen solche Umfragewerte bekommt, dann hat das durchaus Gründe.
(Hannes Gnauck [AfD]: Nach Ihrer Rede sind es wieder 2 Prozent mehr!)
Ich glaube, dass es überhaupt nicht hilft, Wähler zu beschimpfen. Das ist auch nicht statthaft und nicht in Ordnung. Deswegen muss man sich die Frage stellen: Woher kommt das? – Das hängt natürlich ganz entscheidend damit zusammen, dass 80 Prozent der Menschen bei uns im Land glauben, dass diese Regierung keine Politik macht, die gut für unser Land ist.
(Maja Wallstein [SPD]: Ernsthaft?)
– Ja, genau das ist es.
(Beifall bei der CDU/CSU – Daniel Baldy [SPD]: Das kannst du den ganzen Tag machen! Aber lass uns doch wenigstens mal für eine Stunde, nur eine Stunde lang, Ruhe haben! – Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Im Übrigen ist in diesen Minuten ein Interview von Joschka Fischer zu lesen, der sagt: Die Regierungskrise ist eine Kanzlerkrise. – Ich finde, er hat recht. Genau so ist es.
(Beifall bei der CDU/CSU – Saskia Esken [SPD]: Deswegen gibt es Faschismus in diesem Land! Ganz ehrlich! – Weitere Zurufe von der SPD)
– Ich verliere etwas Zeit durch die Zwischenrufe. Aber ich will Ihnen gerne antworten und Ihnen drei Dinge sagen, die, glaube ich, nicht funktionieren werden.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte, Herr Frei! – Daniel Baldy [SPD]: Erstens: Spaltung unter Demokraten, das wird nicht funktionieren! – Gegenruf von der CDU/CSU: Diese Schreihälse!)
Sie müssen nicht auf jeden Zwischenruf eingehen.
Nein, das mache ich nicht, Frau Präsidentin. Aber ich muss natürlich in der Lage sein, meine Rede halten zu können. – Ich will ich Ihnen einfach drei Dinge sagen:
Erstens. Das Bundesverfassungsgericht hat im Hinblick auf Parteienverbote sehr klar gesagt, dass die Parteien nicht von der Verpflichtung enthoben sein können, selbst um Wählerstimmen zu werben. Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir politisch alles unternehmen, um diejenigen zu bekämpfen, die unser Land bekämpfen. Das ist das Entscheidende.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Frau Esken, Sie werben ja dafür, dass man ein Parteienverbotsverfahren beantragt.
(Saskia Esken [SPD]: Nein! Ich will, dass das geprüft wird!)
Ich will Ihnen eines sagen: Das einzige Verfassungsorgan, das das in Deutschland vernünftigerweise tun kann, ist die Bundesregierung, weil sie dafür die entsprechenden Informationen hat. Der Bundeskanzler tut das derzeit nicht; er wird seine Gründe haben.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte: Es hilft natürlich nicht, dass man jede sachliche Kritik an der Regierung immer gleich als außerhalb des Verfassungsbodens brandmarkt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Rasha Nasr [SPD]: Peinlich!)
Zum Dritten geht es auch nicht, dass man hingeht und sagt: Wenn die Menschen unsere Politik nicht gut finden, dann haben wir es einfach nicht gut genug kommuniziert.
(Heiterkeit des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])
Nein, wir haben so viele Beispiele in der Energiepolitik, in der Wirtschaftspolitik, in der Migrationspolitik, –
Kommen Sie bitte zum Schluss!
– wo Sie an den Bedürfnissen der Menschen vorbei regieren.
(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das führt doch dazu, dass der Ansehensverlust der Politik am Ende auch zu einem Ansehensverlust der Institutionen führt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Frei! Meine Güte! – Zuruf der Abg. Rasha Nasr [SPD])
Das ist das Problem. Ich rate einfach dazu, dem ins Auge zu sehen.
Kommen Sie bitte zum Schluss!
Sonst wird es nämlich so sein, dass die SPD bei den nächsten Wahlen in Ostdeutschland nicht nur in Sachsen unter 5 Prozent liegen wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605629 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Wehrhafte Demokratie gegen Demokratiefeinde und Vertreibungspläne |