Sebastian FiedlerSPD - Bevölkerungsschutz vor potenzieller Terrorgefahr
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Union, Ihr Antrag weist einige Parallelen zu anderen Anträgen aus dem Sicherheitsbereich auf,
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Ja, er ist sehr gut!)
und die will ich ein bisschen erklären. Sie sprechen ein real existierendes Problem an, keine Frage. Und dann stellen Sie Forderungslisten auf, die sich in der Regel durch folgende drei Merkmale auszeichnen:
Das erste Merkmal. Die Dinge, die Sie fordern, sind entweder längst erledigt oder in Arbeit. Das trifft zum Beispiel für die Prüfung einer verlängerten Präventivhaft im BKA-Gesetz zu. Für bestimmte Gruppen von Straftätern wurde der Prognosezeitraum für die Durchführung der Sicherungshaft bereits von drei auf sechs Monate angehoben.
(Dunja Kreiser [SPD]: Genau!)
Das zweite Merkmal. Die Forderungen sind sinnvoll, Sie wissen aber, dass Teile der Forderungen in der Koalition nicht durchsetzbar sind, dass es also darüber keine Einigkeit gibt. Das würden wir an Ihrer Stelle wahrscheinlich genauso machen. Beispiele dafür sind sinnvolle Forderungen nach der Befugnis zur Onlinedurchsuchung für das Bundesamt für Verfassungsschutz und die IP-Adressenspeicherung; dazu sprechen wir heute Abend ja noch einmal. Dem muss man sich aus kriminalfachlicher Sicht anschließen.
Aber – und jetzt kommt ein kleiner Treppenwitz, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union aus dem Innenbereich –: Haben Sie eigentlich mitgekriegt, dass heute Abend noch ein Antrag von Ihnen debattiert wird, der sich in vielen Teilen diametral von Ihren jetzigen Forderungen unterscheidet?
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Nein!)
Wussten Sie das eigentlich? Ihre Fraktion fordert nämlich die Einführung einer IP-Adressenspeicherung für sechs Monate – in Klammern: ich glaube, das ist mit der Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar –,
(Manuel Höferlin [FDP]: Sehr wahr!)
aber Sie fordern das ausschließlich – und ich zitiere – „zur Verfolgung der Straftaten des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Kinderpornographie“.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja, weil das halt aus dem Rechtsbereich ist!)
Ich habe es an anderer Stelle schon gesagt: Das ist unvollständig, und es ist, ehrlich gesagt, auch überhaupt nicht zu erklären, dass Sie das auf die schrecklichen Verbrechen gegenüber Kindern beschränken,
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Wollen wir auch gar nicht!)
aber viele andere schwere Straftaten, die logischerweise mit dazugehören, nicht inkludiert haben. Oder Sie wollten mit diesem Antrag Ihren anderen Antrag etwas nachbessern. Anders kann ich mir das nicht erklären.
(Beifall bei der SPD – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Weil das aus dem Rechtsausschuss kommt! Eine banale Verdrehung!)
Und überhaupt, Kollege Throm, warum beschränken Sie eigentlich die Forderung nach Maßnahmen, nach Befugnissen der Sicherheitsbehörden immer auf bestimmte Phänomene? Wollen Sie etwa die Forderungen nicht gegenüber Rechtsextremen durchsetzen?
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ach, das ist lächerlich!)
In Ihrer Rede haben Sie irgendwie dagegengeredet, dass der Rechtsextremismus eine Gefahr wäre; Sie haben die Forderungen mit dem Islamismus verknüpft. Das verstehen die Leute wirklich nicht.
(Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])
Das dritte Merkmal – das werfe ich Ihnen wirklich vor; das machen Sie immer wieder –: Sie tun so, als sei für alles der Bund zuständig. Das machen Sie manchmal im Innenausschuss, und das machen Sie natürlich wider besseres Wissen. Beim Antrag zur Clankriminalität haben Sie das auch schon gemacht. Das finde ich so ein bisschen verantwortungslos; denn Sie wissen doch, dass Präventionsarbeit vor allem Aufgabe der Länder ist. Sie fordern die Schulung des Personals von Justizvollzugsanstalten, also von Ländereinrichtungen. Das ist ungefähr so, als wenn Sie hier die Bundesregierung auffordern würden, die Polizistinnen und Polizisten der Länder zu schulen. Das ist doch abwegig, und das wissen Sie doch eigentlich alles besser.
Und dann kommt noch – siehe I. in Ihrem Antrag – hinzu: Vieles machen wir schon. Der Bund fördert bereits Präventionsprogramme in Haft. Wir gründen eine Bundesakademie zum Zweck der Prävention. Die Sicherheitsbehörden arbeiten bereits gegenwärtig engstens zusammen, auch bei Lagebildern zur Gefährdungseinschätzung. In den Zentren GTAZ und GETZ arbeiten Landessicherheits-, Bundessicherheits- und Justizbehörden eng zusammen. Alle Handlungsempfehlungen der Innenministerkonferenz werden regelmäßig optimiert. Die Sicherheitsbehörden arbeiten mit viel Herzblut und Engagement daran, dass Anschlagspläne früh erkannt und vereitelt werden. Das gelingt Gott sei Dank in der Regel ausgezeichnet.
Dabei stimmt Ihre Erzählung, wir seien oft ausschließlich auf Informationen aus dem Ausland angewiesen, entweder gar nicht oder nur zum Teil. Denn das sind oft zusätzliche Informationen aus dem Ausland, die die Informationen, die unseren Behörden vorliegen, anreichern und noch hinzukommen. Seien wir doch, ehrlich gesagt, außerdem auch froh, dass unsere Behörden international so gut zusammenarbeiten, und sagen wir heute allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden von Polizei, Nachrichtendiensten, Zoll, Justiz und JVAs ein großes Dankeschön!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605665 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | Bevölkerungsschutz vor potenzieller Terrorgefahr |