18.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 147 / Tagesordnungspunkt 15

Helge LindhSPD - Rückführungsverbesserungsgesetz

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich heute die Entwicklung und die Genese dieses Gesetzes nüchtern schildern. Ich kann das aber aus ganz aktuellem Anlass heute nicht.

Wir wissen seit wenigen Tagen, wie unter AfD-Beteiligung geplant wurde und wird, millionenfach Menschen aus diesem Land zu deportieren – aus dem Grund nur, dass sie einen sogenannten Migrationshintergrund haben und nach den Vorstellungen dieser rechtsextremen konspirativen Akteure nicht assimiliert sind. Allen sollte klar sein, dass es für die Demokratie bei solchen Plänen nicht fünf vor zwölf ist, sondern eher fünf nach zwölf.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Für Ihre Migrationspolitik auch!)

Wenn in einer Situation nun, wo der Zusammenhalt der Demokraten gefragt ist, ich heute in zahlreichen Postings lese, wenn ich auf manchen Demonstrationen höre, wenn ich von Abgeordneten, deren Engagement ich eigentlich schätze, in Videos vernehme, dass diese Regierung und Koalition Deportationen vorbereite, dass sie die Grundlage schaffe für die Pläne der AfD, dass sie im Grunde nationalsozialistische Politik betreibe,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das würden wir nie tun!)

dann ist mein Verständnis für legitime Kritik überschritten; denn diesen Vergleich finde ich unerträglich, infam und maximal populistisch. Schauen Sie in die Social-Media-Kanäle, dann werden Sie es feststellen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das kann aber nicht sein!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir bewegen uns in einem Land, in dem es darauf ankommt, dass – bei allen Differenzen, gerade auch auf dem Gebiet der Migration – wir fähig sind, zu diskutieren, aber wir auch fähig sind, als Demokratinnen und Demokraten zusammenzuhalten. Wenn aber in diesem Kontext in Teilen derjenigen, die Öffentlichkeit inszenieren, alles und jeder AfD ist, dann ist nichts und niemand mehr AfD, und dann freuen sich am meisten die konspirativen Akteure, die sich dort in der Nähe des Wannsees getroffen haben.

Wenn man jetzt wieder teilweise erlebt – und das ist mein Appell, und er ist mir wirklich wichtig –, dass im Bereich Mitte oder Mitte links überlegt wird, wer der bessere Antifaschist ist oder dass die anderen doch die eigentlichen Faschisten sind, während man sich darauf konzentrieren sollte, die wahren Faschisten zu bekämpfen – sie sind willens in diesem Land, und es sind nicht wenige; es sind solche, die teilweise in Umfragen über 30 Prozent liegen –, dann rollen wir denen in der Tat den roten Teppich aus; das müssen wir, glaube ich, in diesem Moment begreifen.

Es kann auch nicht sein – und das muss ich sagen –, dass ich in Bezug auf dieses Gesetz lese: „Nie wieder ist jetzt“. Nein! Das ist unerträglich. Damit wird der Holocaust bagatellisiert. Da wird denjenigen ins Gesicht geschlagen, die ihre Angehörigen verloren haben, die nach dem 7. Oktober überlegt haben, ob sie hier noch leben können. Wenn wir solche Gleichsetzerei betreiben mit Rechtsextremen, dann begehen wir ein Verbrechen an der Demokratie.

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Und dann müssen wir uns im Nachhinein nicht wundern,

(Zuruf des Abg. Fabian Jacobi [AfD])

dass wir – Stichwort „Weimarer Republik“ – selbst dazu beigetragen haben, ihnen den Weg zu ebnen.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Das gibt hoffentlich einigen zu denken, die sich heute öffentlich so geäußert haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Das ist aber ein müder Applaus!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605681
Wahlperiode 20
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Rückführungsverbesserungsgesetz
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta