18.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 147 / Tagesordnungspunkt 18

Reinhard HoubenFDP - Rohstoffabhängigkeit

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie ist eigentlich das Image des Bergbaus? Seit gut 1500 Jahren wird in Deutschland Bergbau betrieben. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts ist er entscheidende Triebfeder unseres Wohlstandes und zum Teil identitätsstiftend. Dennoch wird der Bergbau gerne in die Schmuddelecke gedrängt. Er ist staubig und antiquiert und wird als unnötig dargestellt. Meine Damen und Herren, das ist aber falsch. Wir haben in Deutschland die höchsten Umwelt-, Sozial- und Arbeitsschutzstandards der Welt im Bergbau. Wer heute in ein Bergwerk geht, kann das nicht vergleichen mit der vielleicht manchmal romantischen Vorstellung des Kohlebergbaus der 60er- und 70er-Jahre im Ruhrgebiet.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was war daran romantisch?)

Wenn wir aber diese Standards haben, stellt sich doch die Frage: Warum produzieren wir nicht selbst mehr Rohstoffe? Denn Deutschland ist ein rohstoffreiches Land – die unterschiedlichsten Produkte sind genannt worden –, und es wäre selbstgenügsam und verantwortungslos, wenn man versucht, bestimmte Probleme ins Ausland zu schieben, weil man nach dem berühmten Spruch „Bitte nicht in meinem Vorgarten!“ auf Bergbau verzichtet.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Zeitenwende ist angesprochen worden. Aber dass Deutschland ein Land ist, das immer schon Rohstoffe importieren musste, ist eigentlich nichts Neues. Es ist nur viel deutlicher geworden, wie abhängig wir sind. Deswegen sind die Entwicklungen in Brüssel durchaus sinnvoll. Wir begrüßen die schon dargestellten Vorgänge.

Wir sollten aber vor allen Dingen unsere eigenen Hausaufgaben machen. Es ist angesprochen worden: Wir brauchen ein novelliertes Bundesberggesetz. Die Stimmung in den Koalitionsverhandlungen lässt sich so skizzieren: Es kann nicht sein, dass wir irgendwo am Ende der Welt einen Rohstoff gewinnen und quer über die Meere nach Deutschland versenden, wenn wir hier in Deutschland selbst diesen Rohstoff gewinnen können. Deswegen brauchen wir durch ein neues Bundesberggesetz eine Beschleunigung vor allen Dingen der Genehmigungsverfahren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir brauchen ein Deutschlandtempo auch unter Tage. Wir brauchen verbindliche Stichtagsregelungen für Genehmigungen. Wir brauchen verlässliche Entscheidungen auf Basis der Rechtslage. Wir brauchen Rechtssicherheit, wenn Entscheidungen getroffen sind. Wir brauchen mehr Flexibilität und einen realitätsnahen Artenschutz, der die Population und nicht das Individuum schützt. Die Geltungsdauer der Hauptbetriebspläne sollten wir verlängern und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Keine Verunmöglichung und keine Gutachtenschlachten!

Die Kreislaufwirtschaft wurde schon angesprochen. Sie ist sehr wichtig. Wir müssen sie ausbauen, um die Möglichkeiten, die wir haben, zu nutzen, und dürfen nicht nur auf neue Rohstoffe spekulieren. Ein Beispiel: In Brasilien gibt es bei Aluminium eine Recyclingquote von 95 Prozent. Trotzdem muss jedes Jahr in großen Mengen Bauxit nach Brasilien geliefert werden, um den Bedarf zu decken. Kreislaufwirtschaft ist sinnvoll. Aber wir müssen deutlich darauf achten, wie viel Prozent der Rohstoffe wir wirklich zurückbekommen.

Die Importe wurden schon angesprochen. In vielen Ländern, wo Rohstoffe gewonnen werden, gibt es sehr schwierige Arbeits- und Sozialbedingungen, schlechte Bezahlung, Ausbeutung und Kinderarbeit. Es kann nicht sein, dass wir hier in Wohlstand leben und die Probleme der Rohstoffgewinnung in andere Länder dieser Welt exportieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum – so nenne ich das – Bergbau des Bundestages. Wenn man sich Anträge vorstellt, die in hohen Stapeln in den Räumen dieses Hauses herumliegen, müsste man, um die beiden Anträge der CDU/CSU-Fraktion und der AfD-Fraktion zu finden, sehr tief graben. Beide sind nämlich heute genau 15 Monate alt geworden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stefan Rouenhoff [CDU/CSU]: In der Regierung ist wenig passiert!)

Das Wort hat Dr. Armin Grau für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605713
Wahlperiode 20
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt Rohstoffabhängigkeit
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