18.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 147 / Tagesordnungspunkt 23

Thomas HeilmannCDU/CSU - 2. Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Nestle, ich schätze Sie als Fachmann und auch als jemanden, mit dem man produktiv streiten kann. Ich fand Ihre Rede eben erstaunlich aggressiv für einen Vorgang, der eigentlich ziemlich harmlos ist. Wenn ich ehrlich bin – das kann man hier auch sein –: Wenn es darauf ankäme, dass wir der Verlängerung des Gasspeichergesetzes zustimmen, dann würden wir wahrscheinlich zustimmen. Es kommt auf unsere Zustimmung aber nicht an, und wir haben in der Sache – ich komme gleich dazu – Bedenken, die ich Ihnen auch gerne noch mal erläutere. Ich habe ja hier sechs Minuten Redezeit und nicht so wenig wie im Ausschuss; deswegen kann man das vielleicht etwas gründlicher darstellen.

Zu Ihrem Vortrag, dass das demokratiefeindliche Bestrebungen sind – die es natürlich leider in unserem Land gibt; da sind wir ja einer Meinung –: Das hat damit nichts zu tun, und ich würde Sie auch bitten, sachliche Debatten wie diese im sachlichen Rahmen zu halten. Ich glaube, das tut diesem Land gut, und das tut auch dieser Debatte gut.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sehr richtig!)

Zu der Frage, warum wir eigentlich nicht zustimmen, möchte ich einen kleinen Rückblick geben. Wir haben das Thema Herkunftsnachweise hier am 1. Dezember 2022, also vor gut einem Jahr, verabschiedet, und zwar exakt in dem Moment, als Deutschland in Katar aus der WM rausflog wegen Schlechtleistung. Auch dieses Gesetz war – ich habe das damals am Rednerpult auch gesagt –

(Karsten Hilse [AfD]: … eine Schlechtleistung!)

kein gutes Gesetz. Und jetzt diskutieren wir es halt wieder in Kombination mit den Gasspeichern; dazu komme ich.

Ich fange aber mit den Herkunftsnachweisen an; denn die Umsetzung der EU-Richtlinie RED II ist nach wie vor nicht gelungen. Sie haben gerade gesagt, die Verordnungsermächtigung sei sehr wichtig. Sie ist aber im Kabinett gestern vertagt worden aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann. Und wir haben auch Hemmungen, Ihnen da einfach einen Blankoscheck zu geben, weil die Verordnungsermächtigung relativ weitgehend ist.

Wichtiger noch ist unsere Kritik an den Regelungen zum Herkunftsnachweis generell. Ich spreche nicht nur von unserer Kritik, sondern, wie Sie genau wissen und sich erinnern werden, auch von der umfangreichen Kritik, die die Verbände und Sachverständigen damals geäußert haben.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dass die das dürfen! Meine Herren!)

Sie haben – mit einer einzigen Ausnahme; das war die Abwärme, die Sie da hineingenommen haben – die Kritik der Fachbranche nicht umgesetzt. Und Sie tun das heute im Gesetz wieder nicht. Mir ist nicht klar, wieso es keine klare Definition gegeben hat – und nach wie vor nicht gibt –, was „grüne Gase“ eigentlich sind. Sie hatten die Beimischung von Wasserstoff in die bestehenden Erdgasnetze praktisch ausgeschlossen, und vor allen Dingen haben Sie sich in wesentlichen Zertifizierungsfragen anders positioniert als die RED-II-Richtlinie. Und Sie haben natürlich auch noch ein paar inhaltliche Lücken hinterlassen, die zu manchen Unklarheiten führen, die auch in der jetzigen Sachverständigenanhörung wieder zum Tragen kamen.

Herr Herrmann, Sie schütteln den Kopf. Ich kann nicht nachvollziehen – weil Sie es bis heute weder im Ausschuss noch hier schlüssig erklärt haben –, wieso Sie überhaupt andere Definitionen nutzen als die RED-II-Definitionen. Wenn man die Definitionen ändern sollte, dann sollte man diesen technischen Vorgang auf europäischer Ebene einheitlich machen; denn das, was wir brauchen, ist ein gemeinsamer europäischer Punkt.

Jetzt werden Sie sagen: Das ist ja wieder typisch Opposition, die da rumkritisiert. Deswegen habe ich mich darauf vorbereitet und bringe Ihnen ein Zitat von Kerstin Andreae mit. Für die, die sie nicht mehr kennen: Das war die wirtschaftspolitische Sprecherin Ihrer Fraktion. Sie hat zu diesem Gesetz Folgendes geschrieben: Grundsätzlich bleibt es dabei, dass das Herkunftsnachweisregistergesetz lediglich eine ambitionslose Umsetzung der RED-II-Verordnung darstellt und das Potenzial für einen Markt nicht gehoben wird. Zur Vermarktung von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen ist die Etablierung eines über alle Sektoren einheitlichen und auch europäisch harmonisierten Herkunftsnachweissystems zum Zwecke eines liquiden grenzüberschreitenden Handels erforderlich. – Das ist alles wörtlich zitiert. Sie schreibt weiter: Damit wird eine Chance vergeben, Herkunftsnachweise für den Aufbau eines liquiden Marktes für erneuerbare und dekarbonisierte Gase zu nutzen. Der konkrete Nutzen bzw. die Verwendung von Herkunftsnachweisen bleibt somit unklar. – Ende des Zitats.

Meine Zusammenfassung: Viel Aufwand, wenig Nutzen; das ist in diesem Gesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das können Sie natürlich anders sehen, aber ich finde es sehr legitim, dass wir uns als Opposition auf diesen Verbandsstandpunkt stellen und sagen: Wir finden das Gesetz nicht gut genug, und deswegen stimmen wir nicht zu.

(Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst machen Sie gar keins selber, und dann meinen Sie, es hätte ein perfektes sein müssen!)

– Wenn Sie darauf anspielen, dass wir das selber nicht gemacht haben: Die Verordnung hatte eine Umsetzungsfrist bis Ende 2021. Da war dann schon Ihre Regierung im Amt. Niemand wirft Ihnen vor, dass Sie das nach der Regierungsbildung nicht sofort gemacht haben.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nichts vorbereitet gehabt!)

Aber tun Sie jetzt mal nicht so, als wenn Sie bei der Umsetzung der EU-Richtlinie irgendwie besser wären als wir.

(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Genau!)

In meiner verbleibenden Redezeit will ich noch sagen: Die Gasspeicherung haben Sie jetzt besser geregelt als im ersten Entwurf. Ich habe überhaupt nicht verstanden, warum es diese umfangreichen Berichtspflichten geben sollte und warum es die Möglichkeit geben sollte, Ausspeicherungen zu verbieten. Mir ist völlig schleierhaft, wieso Sie das überhaupt in den Gesetzentwurf hineingeschrieben haben, der immerhin von allen drei Ampelparteien im Kabinett so beschlossen worden ist. Das haben Sie jetzt besser gemacht. Insofern ist dieser Teil wahrscheinlich zustimmungsfähig.

Aber wegen der Unbelehrbarkeit beim Thema Herkunftsnachweise werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ich glaube, das ist für die Demokratie kein Schaden. Insofern würde ich Sie bitten, diesen Vorwurf zurückzunehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat Bengt Bergt für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Kruse [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7605722
Wahlperiode 20
Sitzung 147
Tagesordnungspunkt 2. Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes
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