Knut GerschauFDP - Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachhaltigkeit hat momentan eher das Zeug zum Unwort des Jahrzehnts zu werden; denn es muss für vieles herhalten.
Die globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 interpretieren viele anders. Gern wirft man ihnen vor, reines Gutmenschentum zu praktizieren und weltfremd zu sein. Bei uns in Deutschland enden die Ziele oft in übermäßiger Bürokratie. Für Unternehmen sind sie seit der CSRD-Richtlinie eine zusätzliche lästige Berichtspflicht. Dadurch wird der positive Begriff „Nachhaltigkeit“ leider unnötig belastet.
Heute sind Nachhaltigkeitsberichte und Geschäftsberichte noch zwei unterschiedliche Dinge. Nachhaltigkeit wird leider mehr als Pflicht oder Luxus betrachtet, nicht als wirtschaftliche Chance. Dabei kann Nachhaltigkeit eine wirtschaftliche Erfolgsformel für Deutschland werden. Dafür brauchen wir Vertrauen in Technik, nicht Misstrauen. Dafür brauchen wir Transrapid und nicht ein Zurück zur Postkutsche und Entschleunigung.
Erst wenn ressourceneffiziente, schadstoffarme und klimafreundliche Produkte zum Asset der Unternehmen werden, wenn sie Teil des wirtschaftlichen Erfolgs werden, dann bringt uns Nachhaltigkeit nicht erst in ferner Zukunft etwas, dann wird sie Arbeitsplatz- und Wohlstandsgarant im Hier und Jetzt,
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
nicht Jobvernichter und Bürokratiemonster, sondern Fachkräftemagnet und Exportschlager.
Ein Beispiel. Das weltweite Marktvolumen für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz wird sich bis 2025 voraussichtlich fast verdoppeln. Deutsche Unternehmen, insbesondere mittelständische Unternehmen, sind dabei gut aufgestellt. Aber sie setzen diese Lösungen in anderen Ländern um, weil allein die Genehmigung neuer umweltfreundlicher Produkte hierzulande leider länger dauert als deren Entwicklung.
Ein anderes Beispiel. In der größten Industrie Deutschlands, der Bau- und Immobilienbranche, kann Dekarbonisierung zum entscheidenden Wachstumstreiber werden. Dazu braucht es aber auch Unternehmen, die sich dafür den Hut aufsetzen, neue Materialien, Produkte und Services entwickeln und mit anderen Unternehmen gemeinsame Lösungen entwickeln. Nachhaltiges Bauen und nachhaltige Haustechnikprodukte können dafür sorgen, dass wir in diesen Bereichen unseren Exportanteil wieder steigern können.
Also: Nachhaltigkeit muss sich zum nachhaltigen Wachstumsmotor für unsere Wirtschaft entwickeln. Die Ideen und Produkte gibt es schon, die klugen Köpfe auch. Wir müssen die Unternehmen, die Menschen nur lassen, indem wir Freiräume schaffen und nicht zusätzliche Vorschriften
(Beifall bei der FDP)
und indem wir die Chancen im technischen Fortschritt sehen und nicht nur Missbrauchsrisiken. So kann Nachhaltigkeit wieder Spaß machen.
(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
In Ihrem Bericht zur Halbzeit der Agenda 2030 hat die Bundesregierung vornehmlich die nationalen Anstrengungen in den Blick genommen. Ich möchte nun auch den Blick auf die entwicklungspolitische Seite lenken; denn dort ist die Bilanz sehr durchwachsen. Die 20er-Jahre sollten eigentlich ein Jahrzehnt für die Entwicklung sein. Allerdings ist mindestens die Hälfte der Nachhaltigkeitsziele akut gefährdet. Aber bis 2030 sind es noch sechs Jahre. Das ist zumindest genug Zeit, um einen Teil des verlorenen Bodens wieder zurückzugewinnen. Dazu brauchen wir entschlossenes Handeln sowohl in den Geberländern, aber auch in den Entwicklungsländern selbst.
Wir brauchen allerdings keine Verteilung von Hilfsgeldern mit der Gießkanne. Wir benötigen eine grundsätzliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den betroffenen Ländern. Dazu haben wir auch eine Reihe von Stellschrauben: Investitionen in klimaneutrale Energien wie Wasserstoff; denn anders wird der wachsende Energiebedarf in Afrika und Asien die Klimakrise eher noch beschleunigen. Wir brauchen die Sicherung eines regelbasierten und freien Handelssystems, genau wie im Bericht der Bundesregierung gefordert, eine Konzentration auf multilaterale Foren; denn diese sind häufig effektiver als vereinzelte bilaterale Initiativen. Vor allen Dingen brauchen wir Bildung, Bildung, Bildung; denn eine gute Bildung und Ausbildung für junge Bevölkerungen in unseren Partnerländern ist für eine eigenverantwortliche Entwicklung der Wirtschaft unverzichtbar.
Sehr geehrte Damen und Herren, noch haben wir alle Chancen. Nutzen wir diese energisch und ohne Zeit zu verlieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als Nächster hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Jan-Niclas Gesenhues.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605806 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 148 |
Tagesordnungspunkt | Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung |