Alexander ThromCDU/CSU - Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz der Ampel ist in dieser Wahlperiode wohl das mit den weitreichendsten negativen Folgen für unsere Gesellschaft.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht Ihr Ernst!)
Sie geben mit diesem Gesetz zentrale staatliche Interessen
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Rasha Nasr [SPD]: Sie haben der Staatsministerin nicht zugehört! Das ist eine Frechheit!)
wie Steuerung, Vorsicht und Sicherheit auf. Und das schadet unserem Land langfristig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Während andere Länder, wie etwa Frankreich, nach durchaus leidvoller Erfahrung und mit guten Gründen den umgekehrten Weg gehen und ihre Einbürgerungsregeln verschärfen, machen Sie genau das Gegenteil und senken die Anforderungen massiv ab. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz ist aus der Zeit gefallen.
(Rasha Nasr [SPD]: Sie sind aus der Zeit gefallen!)
Es ist keinesfalls modern. Das ist kein Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz. Das, was Sie uns heute vorlegen, ist ein Staatsangehörigkeitsentwertungsgesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Rasha Nasr [SPD]: So ein Quatsch! Das ist eine Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der SPD)
Einbürgerung nach fünf oder gar drei Jahren geht viel zu schnell. Das ist keine Wartefrist, wo die Menschen im Wartehäuschen sitzen. Es ist eine Prüffrist des Staates,
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: So ist es!)
ob die Integration der Menschen, die unsere Staatsbürger werden wollen, auch nachhaltig und dauerhaft gelungen ist.
(Gülistan Yüksel [SPD]: Woran machen Sie das denn fest, Herr Throm?)
Und weil wir den Pass auf Ewigkeit verleihen, gilt der gute alte deutsche Satz: Drum prüfe, wer sich ewig bindet.
(Zuruf von der SPD: Das ist keine Ehe!)
Nach fünf oder gar drei Jahren kann noch keine Verwurzelung in unserem Land stattgefunden haben.
(Stephan Thomae [FDP]: Gründlichkeit der Prüfung!)
Je kürzer die Fristen sind, desto höher das Risiko für unseren Staat.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Rasha Nasr [SPD]: Wer sind Sie, das zu beurteilen?)
Mit der generellen Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft fehlt im Kern das Bekenntnis zu unserem Land.
(Derya Türk-Nachbaur [SPD]: Sprechen Sie uns das ab?)
Und vor allem tragen Sie dadurch die politischen Konflikte des Auslands in unser Land hinein, zum Beispiel durch das Wahlrecht. Sie haben im Gesetzentwurf selbst geschrieben, dass es etwa 2,5 Millionen Menschen gibt, die schon länger als zehn Jahre in Deutschland sind und somit schon nach dem alten, dem geltenden Recht Staatsbürger werden könnten, dies aber nicht tun, weil sie dann ihren alten Pass abgeben müssten. Auch das ist eine Entscheidung, welches Land einem näher und wichtiger ist.
(Zurufe von der SPD: Das ist doch falsch!)
Deswegen ist es falsch, die doppelte Staatsbürgerschaft generell zuzulassen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Frau Ministerin Alabali-Radovan, wir waren heute Morgen zusammen im Deutschlandfunk zu hören, also nacheinander, weil Sie nicht gemeinsam mit mir diskutieren wollten.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Aha! – Dunja Kreiser [SPD]: Immer bei der Wahrheit bleiben!)
Sei’s drum. Sie waren sehr offenherzig und haben erklärt, dass Ihr Ziel sei, einem großen Teil der in Deutschland lebenden Menschen das Wahlrecht zu geben.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Aha! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist peinlich!)
Sie wollen sich neue Wählerschaften generieren mit diesem Gesetz.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Aha! – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Throm, das sagt das Bundesverfassungsgericht! – Gegenruf von der CDU/CSU: Ach Quatsch, Frau Polat!)
Aber Vorsicht!
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Da gibt es eine Zwischenfrage; ich würde sie gerne zulassen.
Darf ich mal kurz fragen, Herr Kollege Throm, wo Sie eine Zwischenfrage gesehen haben?
Ja, gerne, wenn Sie so fragen.
Ich lasse die Zwischenfrage zu. Herr Throm kann das nicht machen, aber ich. – Bitte.
Danke schön, dass Sie beide die Zwischenfrage zulassen. – Meine Frage betrifft Ihren Kollegen David McAllister. Was sagen Sie ihm, wenn Sie die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen wollen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ihm sage ich: Herzlich willkommen! Wie allen anderen EU-Bürgern. Im Übrigen auch Menschen aus anderen durchaus befreundeten Staaten wie Amerika oder wie unserem Freundesland Israel.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Iran! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Selbstverständlich kann es doppelte Staatsbürgerschaften geben, aber nicht generell.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)
Wir müssen unterscheiden zwischen den Ländern, die mit uns befreundet sind, die uns nahestehen,
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
bei denen wir keine ausländischen politischen Konflikte nach Deutschland hereintragen, und denen, wo es eben auch kritisch werden könnte.
Deswegen ist das, was Sie machen
(Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
– nicht Sie persönlich, aber Sie werden ja wohl auch zustimmen –, genau der falsche Weg. Die Ampel schert die ganze Welt über einen Kamm.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie scheren Menschen über einen Kamm! Das ist erbärmlich!)
Und das tut unserem Land nicht gut, sondern wird die Konflikte in unserem Land weiter anheizen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Daniel Baldy [SPD])
Herr Kollege Throm, wir haben eine weitere Zwischenfrage, diesmal von der Kollegin Polat. Lassen Sie die auch zu? Ich würde sie auch noch zulassen.
Selbstverständlich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kollege Throm, Sie wissen ja, dass schon jetzt die Mehrheit der Einbürgerungen unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit stattfindet. Ich selbst habe keinen Einbürgerungsantrag stellen müssen. Ich habe aber auch die doppelte Staatsbürgerschaft. Ich bin diesem Land loyal gegenüber.
(Zuruf von der AfD: Daran haben wir unsere Zweifel!)
Ich diene meinem Land als Abgeordnete. Sprechen Sie mir das ab, Herr Kollege Throm?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Frau Polat, selbstverständlich nicht.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber sehr großzügig! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah, Sie können das persönlich entscheiden!)
Dafür schätze ich Sie zu sehr, nicht in Ihren politischen Überzeugungen – das wissen Sie –, aber im Persönlichen durchaus. Wir sitzen schon einige Zeit zusammen im Innenausschuss.
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen, aus welchem Land mein Vater kommt! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das ist doch keine Sympathieentscheidung! Es geht doch um Rechte!)
Genau darum geht es. Natürlich gibt es positive Beispiele, wo die doppelte Staatsbürgerschaft generell kein Problem ist. Natürlich gibt es positive Beispiele, wo jemand auch nach drei Jahren schon nachhaltig integriert ist. Sie dürfen das bloß nicht – Frau Polat, ich rede noch mit Ihnen – auf alle Fälle ausdehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau so ist es! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das ist der entscheidende Punkt! – Widerspruch von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ziel des Staatsangehörigkeitsrechts ist, eine Prüfung durchzuführen, wer tatsächlich zu unserem Land und in unsere Gesellschaft dauerhaft, auf ewig, passt. Und deswegen ist Vorsicht geboten, ist Sicherheit geboten und nicht das Ausschütten mit der Gießkanne, Frau Kollegin.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie persönlich entscheiden das dann, wer reinkommt! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Throm entscheidet das, oder Herr Merz, wer hier reindarf! – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Türsteher für Deutschland!)
– Nein, das entscheidet leider die Ampel mit ihrem Gesetz, Frau Kollegin Haßelmann, und Sie entscheiden es falsch.
Anschließend an das, was ich zum Wahlvolk gesagt habe: Passen Sie auf, was Sie tun! Die meisten, die noch keine deutsche Staatsbürgerschaft beantragt haben, kommen aus der türkischen Community.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wovor haben Sie denn Angst?)
Herzlich willkommen! Jawohl. Und die meisten, die hier leben, wählen dann AKP und Erdoğan bei ihren Wahlen.
(Gülistan Yüksel [SPD]: Was ist das für ein Quatsch, was Sie da erzählen?)
Sie tragen diese Konflikte zu uns ins Land hinein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Spätestens seit dem 7. Oktober müssten wir wissen, dass wir bei Deutschen wie Nichtdeutschen Integrationsprobleme haben.
(Beifall der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU] – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Migrationskrise, der Krieg in Israel: Jetzt ist die völlig falsche Zeit, ein solches Gesetz einzubringen.
(Beifall der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU])
Sie spalten damit unsere Gesellschaft noch tiefer, als sie es bereits ist.
(Gülistan Yüksel [SPD]: Denken Sie mal an die Debatte von gestern!)
Sie gießen Öl ins Frustfeuer unserer Bevölkerung. Und deswegen schaden Sie damit unserem Land.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD] – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schämen Sie sich für diese Rede!)
Vielen Dank, Herr Throm. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Schahina Gambir, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605854 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 148 |
Tagesordnungspunkt | Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts |