Markus TönsSPD - Eigenmittel für die EU
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ja, Geld für richtige Dinge ausgeben, daran hätte ich schon viel Spaß, Herr Dr. Weyel; aber dann müssten wir beispielsweise auch darüber reden, was Sie, Ihre Partei und Ihre Fraktion, kriegen. Das gehört bestimmt nicht zu den richtigen Dingen für dieses Land, für die Menschen in diesem Land und zu den Dingen, um die Politik in diesem Land besser zu machen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Harald Weyel [AfD]: Zum Beispiel die Verdopplung der Agrardieselsubvention!)
– Ja, ja, Herr Dr. Weyel.
Die EU braucht dringend neue Eigenmittel. Das ist zwingend notwendig; ich sage Ihnen das. NextGenerationEU wurde in der Pandemie beschlossen, übrigens auch mit den Stimmen der Union, wenn ich mich richtig erinnere. Gültig ist das genauso wie der Haushalt, der MFR, von 2021 bis 2027. Da gilt der Dank übrigens auch dem damaligen Finanzminister Olaf Scholz, der es nämlich geschafft hat, in dieser Pandemie eine Lösung für die Schwierigkeiten in der Finanzierung zu erreichen.
Wir stehen seither vor neuen und wachsenden Herausforderungen wie den wachsenden Zinsbelastungen seit 2022 und 2023 und dem Überfall Russlands auf die Ukraine; man muss das alles erwähnen. Wir haben ab 2026 einen zusätzlichen Bedarf von circa 40 Milliarden Euro
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Geben Sie weniger aus! Dann haben Sie auch keinen Bedarf!)
und zwischenzeitlich auch noch höhere Zinsen. Wir haben also einen enormen Bedarf.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wahnsinn!)
Da immer gesagt wird: „Da wird so viel Geld ausgegeben“,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja!)
muss man vielleicht auch mal sagen: Es sind 1 070 Milliarden Euro in sieben Jahren, die die Europäische Union in ihrem Mehrjährigen Finanzrahmen zur Verfügung hat; jährlich sind das übrigens 155 Milliarden Euro. Zum Vergleich:
(Dr. Harald Weyel [AfD]: Zum Vergleich: Weltentwicklungshilfe! Zum Vergleich: der Marshallplan!)
Der Bundeshaushalt umfasst circa 480 Milliarden Euro. Baden-Württemberg gibt 63 Milliarden Euro, Bayern gibt 74 Milliarden Euro und mein Heimatbundesland 94 Milliarden Euro im Jahr aus. Wer glaubt, dass wir bei 450 Millionen Europäerinnen und Europäern hier zu viel Geld ausgeben, der hat nun wirklich den Schuss nicht gehört.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Es gibt kein europäisches Volk! Was ist denn das für ein Verrat hier an unserer nationalen Souveränität! So denken Sie!)
Ganz ehrlich!
Sie lehnen neue Eigenmittel ab. Sie lehnen eine Erhöhung des Beitrags Deutschlands ab; das steht in Ihrem Antrag. Europa haben Sie anscheinend überhaupt nicht verstanden; aber das ist auch ganz normal bei Ihnen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dann lösen Sie Deutschland doch auf!)
Es braucht entweder neue Eigenmittel oder höhere Beiträge Deutschlands – das wollen Sie beides nicht – oder Kürzungen. Aber wo wollen Sie denn kürzen? Bei Horizon Europa?
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Warum haben Sie denn kein Geld für die Studenten, kein Geld für die Bauern, kein Geld für die Spediteure?)
Wollen Sie bei den Forschungsgeldern für Horizon Europa kürzen? Mittlerweile sind die Briten wieder dabei, weil sie nämlich ganz genau wissen, dass man moderne und zukunftsgerichtete Forschung nur zusammen hinbekommt. National ist das heute gar nicht mehr zu erreichen; das wissen Sie ganz genau.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Wollen Sie beim ESF, beim Europäischen Sozialfonds, kürzen? Oder: Stichwort „Kohäsion“ – dann geht das gegen schwächere Regionen, auch gegen die schwachen Regionen in Deutschland.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Wir zahlen deutlich mehr ein, als wir herausbekommen!)
Da sprechen wir über Regionen wie das Ruhrgebiet oder einige Regionen in Ostdeutschland. Sagen Sie den Menschen, dass Sie denen das Geld wegnehmen wollen! Sagen Sie es ihnen doch!
Sie haben die Agrarsäule erwähnt. Das ist ja wunderbar. Das war eine tolle Berechnung. Sie stimmt vorne und hinten nicht, Herr Weyel; das wissen Sie auch. Schauen Sie mal nach draußen: Die Bauern waren ja hier und haben
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, gegen genau diese europäische Politik!)
gegen die Kürzungen beim Agrardiesel protestiert; das haben wir alle mitbekommen. Da haben wir auch eine Lösung gefunden.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Welche Lösung?)
Aber ich sage Ihnen noch eines: Wenn Sie bei den Agrarsubventionen kürzen wollen, um den Haushalt auf europäischer Ebene zu erhalten, dann werden Sie erleben, dass den Bauern in Deutschland noch mehr Geld fehlt. Und das soll zu einer modernen Landwirtschaft führen? Quatsch!
(Zuruf des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])
Ernsthaft gesagt: Quatsch!
Ich sage es Ihnen jetzt noch einmal, damit Sie es auch wissen: Die vorgeschlagenen neuen Eigenmittel – Sie haben manches erwähnt – sind zum Beispiel ein neuer Mechanismus zur Direktüberweisung von ETS-Versteigerungserlösen auf ein Konto des EU-Haushalts. Das belastet den Bundeshaushalt überhaupt nicht.
(Karsten Hilse [AfD]: Natürlich belastet es den Bundeshaushalt!)
Stichwort „CBAM“: Das wird im Moment noch nicht europaweit angewendet; das soll aber passieren. Das belastet übrigens auch nicht.
„Statistisches Eigenmittel auf Basis von Unternehmensgewinnen“ – das haben Sie erwähnt – ist das beste Beispiel; denn damit würden Sie den Bundeshaushalt sogar entlasten, weil nämlich eine ganz andere Berechnungsgrundlage vorliegt. Im Moment geht es nach dem BNE. Dann geht es aber nach einer ganz anderen Berechnungsgrundlage, und das entlastet den Bundeshaushalt um circa 100 Millionen Euro. Das steht übrigens in einer Bundestagsdrucksache; das können Sie sich gerne einmal anschauen. Dann wissen Sie genau, wohin das führt.
Ich will mit einem Zitat von Mark Twain zum Schluss kommen. Der Mann hat es eigentlich immer ganz gut auf den Punkt gebracht: „Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung der Persönlichkeit.“ Das hat auch jeder;
(Beifall der Abg. Dagmar Andres [SPD])
aber das Recht, diese Dummheit in Politik umzusetzen, das haben Sie nicht.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Peter Boehringer [AfD]: Absolute Arroganz spricht aus Ihren Worten!)
Dr. Christoph Ploß von der Unionsfraktion hat nun das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605888 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 148 |
Tagesordnungspunkt | Eigenmittel für die EU |