Mathias MiddelbergCDU/CSU - Finanzen, Bundesrechnungshof
Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Ampelregierung hat in den letzten Wochen von einem Sparhaushalt 2024 gesprochen, von einer Anstrengung, die nötig gewesen sei, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Das ist klar, sonst hätten wir diese langen Beratungen, diese Nachtsitzungen von Ihnen vor Weihnachten ja nicht erlebt.
(Zuruf von der FDP: An denen Sie nicht teilgenommen haben!)
Jetzt müsste man eigentlich erwarten: Es ist ein tolles Ergebnis, ein ambitioniertes Ergebnis rausgekommen.
(Frank Schäffler [FDP]: Ist es ja auch!)
Wenn man sich die Zahlen ansieht, stellt man aber fest: Sie sind sehr ernüchternd. Sie planen für dieses Jahr Ausgaben in Höhe von 477 Milliarden Euro. Im letzten nicht krisenbehafteten Haushalt 2019 hatten wir Ausgaben in Höhe von 357 Milliarden Euro. Das heißt, Sie geben jetzt 120 Milliarden Euro mehr aus; das sind 34 Prozent mehr als 2019.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn?)
Gleichzeitig ist die Wirtschaftsleistung dieses Landes um gerade einmal 18,6 Prozent gewachsen. Das heißt, Sie geben weitaus mehr als das aus, was dieses Land erwirtschaftet. Wir leben massiv über die Verhältnisse. Ihr Haushalt ist weit von einer Sparanstrengung oder einem Sparhaushalt entfernt; um das ganz klar zu sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie reden sich dann immer raus, indem Sie sagen: Wir haben ja Krisen, den Ukrainekrieg, die Energiekrise. – Ja, wir haben Krisen, aber andere Länder, unsere Partner in der Welt leiden unter diesen Krisen genauso, trotzdem haben sie völlig andere Wachstumserwartungen:
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die mehr Kredite aufnehmen!)
China fast 5 Prozent in diesem Jahr, die USA 1,3 Prozent. Auch die Eurozone, in deren Mitte wir uns ja bewegen, hat in diesem Jahr eine Wachstumserwartung von 1 Prozent.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Wow!)
Für uns sind vorausgesagt: Schrumpfung, minus 0,5 Prozent. Das ist Ihr Arbeitsergebnis.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja, aber real ist es noch weniger!)
Sie haben – das muss ich Ihnen mal deutlich sagen – viele dieser Krisensituationen ja selbst geschaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nehmen wir die monatelange Diskussion über eine Gasumlage und die damit verbundene Verunsicherung von Verbrauchern und Investoren. Später haben Sie dann erkannt, dass Sie genau das Gegenteil machen müssen. Nehmen wir die Diskussionen über Ihr Heizungsdesaster; anders kann man es nicht nennen. Wir hatten im Rahmen eines Gesetzes der Großen Koalition eine klare Förderung des Einbaus von Wärmepumpen, die funktionierte. Diese haben Sie einfach abgebrochen. Anschließend führten wir eine monatelange Debatte über ein völlig vermurkstes Gesetz, das Sie uns vorgelegt haben. Am Ende hatten wir auch noch ein verfassungswidriges Gesetzgebungsverfahren. Auch dadurch haben Sie Verbraucher und Investoren maximal verunsichert. Sie sind für die Krisen und die Verunsicherung der Investoren massiv mitverantwortlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zuletzt hatten wir dann Ihre Haushaltskrise. Und auch da haben wir ja gehört, eigentlich seien wir und das Bundesverfassungsgericht schuld. Tatsächlich haben Sie die Verfassung und das Recht gebrochen. Und Sie haben auch hier dafür gesorgt, dass monatelang Unsicherheit über das Fortlaufen von Förderprogrammen bestand. Sie haben auch hier Investoren und Verbraucher massiv verunsichert und damit massiv dazu beigetragen, dass wir wirtschaftlich in einem Schrumpfungsprozess sind. Also: Die Ausrede, das seien alles Krisen gewesen, lassen wir nicht gelten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In der Sache – und das ist entscheidend – entspricht Ihr Haushalt in keiner Weise den großen und veränderten Herausforderungen, vor denen dieses Land steht. Die „Wirtschaftswoche“ hat vor wenigen Tagen kommentiert:
„Trotz Rekordausgaben bietet das Zahlenwerk keine Perspektiven für das Land …“
(Zuruf von der AfD: Aber für andere Länder!)
„Die Ausgaben verplätschern. Es gibt keine Initiative für eine kraftvolle Stärkung des Wirtschaftsstandorts, es fehlt der Mut zur Beschränkung der Sozialausgaben.“
Dieser Kommentar bringt es auf den Punkt; das ist die Analyse Ihres Haushalts.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie reden von Zeitenwende, ändern aber nichts an Ihrer Haushaltspolitik. Sie schichten nichts um, sondern Sie kennen für die Zeitenwende und die damit verbundenen Herausforderungen nur eine einzige Antwort, nämlich immer wieder neue Schulden.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben ja gar nichts vorgelegt! Die Union hat ja gar nichts vorgelegt!)
Das ist das Faktum.
Die FDP mit Herrn Lindner ist angetreten und hat vor Ihren Dezemberverhandlungen gesagt, wir müssten über drei große Kostenblöcke in der Ampel verhandeln: Bürgergeld, internationale Finanzhilfen, Förderprogramme.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wäre denn Ihre Alternative?)
Nichts von alledem hat die FDP erreicht. Diese Totalverweigerungsgeschichte ist eine reine Symbolsache; die wird nichts bringen. Sie haben nichts erreicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einsparungen in den Ministerien: gerade einmal 1,5 Milliarden Euro von diesem 17-Milliarden-Euro-Paket, das Sie verhandelt haben.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie auch eigene Vorstellungen bei der CDU/CSU?)
Aber: über 9 Milliarden Euro an Steuererhöhungen durch die Einführung einer Plastiksteuer, Dieselbesteuerung für Landwirte, Luftverkehrsteuer, Mehrwertsteuer für die Gastronomie sowie Lkw-Maut, CO2-Preis – ohne Ausgleich durch ein Klimageld.
(Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Katja Mast [SPD]: Wir haben die EEG-Umlage abgeschafft!)
Und die FDP, die ja keine Steuern erhöhen wollte, macht bei diesen Veranstaltungen munter mit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dieses ganze Paket – um Ihnen das klar zu sagen – ist auch sozial völlig unausgewogen. Die Steuererhöhungen treffen in erster Linie Geringverdiener und Rentner. Pendler und Landwirte, Menschen, die auf dem Lande wohnen, kriegen bei Ihnen noch mal einen Extratritt in den Hintern. Den Bürgergeldempfängern aber wird die Heizungsrechnung komplett ersetzt, sie leiden nicht unter dem steigenden CO2-Preis. Bei Ihnen leidet nur eine Gruppe: die Menschen in diesem Land, die noch arbeiten. Die werden von Ihnen in Anspruch genommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In der Generaldebatte 2020 – vor vier Jahren – sagte der damalige Oppositionspolitiker Lindner – heute unser Finanzminister –, es gebe keinerlei Wachstumsdynamik mehr in Deutschland, die Kanzlerin habe nur viereinhalb Minuten über das Thema Wirtschaft gesprochen. Und dann sagte er wortwörtlich:
„Wer die Wirtschaft links liegen lässt, der darf sich über Probleme von rechts irgendwann nicht wundern.“
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist ja ein schönes Zitat!)
Die Aussage ist richtig; und sie ist heute noch richtiger, als sie es damals war.
Leider beteiligt sich die FDP an dem wachstumsschädlichen Unsinn dieser Ampelregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Was ist denn mit dem Wachstumschancengesetz? – Zuruf des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich nenne die Abschaltung der drei Kernkraftwerke, die vor allen Dingen auch zu höheren Energiepreisen führt. Ich nenne das Thema Bürokratie. Ihr Haushaltssprecher Herr Fricke hat hier immer wieder das Thema „Bürokratie und Neueinstellungen bei Regierungswechseln“ bemüht. Bei der letzten GroKo mussten wir uns Kritik anhören, weil wir 209 zusätzliche Beamte in den Ministerien eingestellt hatten. Sie haben jetzt über 1 700 Neueinstellungen vorgenommen. Sie brechen jeden Rekord.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kay Gottschalk [AfD]: Hatten wir doch alles schon mal!)
Ich sage Ihnen auch ganz konkret, wo Sie sparen könnten: Sparen Sie zum Beispiel beim Personal in den Bundesministerien. Wenn Sie bei diesem irren Personalaufbau 15 Prozent kürzen, haben Sie jedes Jahr 300 Millionen Euro eingespart.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gehen Sie an die großen Kostenblöcke ran! Gehen Sie an das Thema Bürgergeld ran! 44 Milliarden Euro macht das Bürgergeld jedes Jahr aus; das sind mittlerweile 10 Prozent des Haushaltsvolumens. Wir haben 1,7 Millionen Bürgergeldempfänger, die sofort arbeiten könnten. Die sind arbeitslos gemeldet, die können morgen anfangen. 1,7 Millionen! Dazu 500 000 Menschen in Maßnahmen, das heißt, sie sind in ein paar Wochen einsatzfähig. Das ergibt 2,2 Millionen.
Die damaligen Hartz-Reformen haben dazu geführt, dass die Hälfte der Arbeitslosen am Ende der Reformen eine Beschäftigung hatte. Wenn Sie sich jetzt bemühen würden und die Hälfte dieser Personen in Beschäftigung bringen würden, würden über 1 Million Menschen mehr arbeiten. Das würde den Bundeshaushalt jedes Jahr um 30 Milliarden Euro entlasten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gehen Sie ran an das Thema Asyl! Das Thema Asyl ist mittlerweile auch ein massiver Kostenfaktor. 27 Milliarden Euro geben wir dafür aus, inklusive Fluchtursachenbekämpfung.
(Peter Boehringer [AfD]: Das merken Sie aber früh! – Kay Gottschalk [AfD]: Das war schon zu Merkel-Zeiten so!)
Kümmern Sie sich um vernünftige Begrenzung und Steuerung der Migration, und Sie sparen viel Geld.
Was dieses Land bräuchte, ist ein echtes Reformpaket, nicht das Stückwerk Ihres Haushaltes.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie eine Idee?)
Sie hatten mal mutige Sozialdemokraten – ich habe Ihnen das schon mal gesagt –: Gerhard Schröder, Müntefering mit der Rente mit 67 oder den Kollegen Steinbrück mit der letzten Unternehmensteuerreform. Wagen Sie sich ran, machen Sie echte Reformen und nicht dieses Haushaltsstückwerk, das Sie uns heute vorlegen!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für eine große Oppositionskraft ziemlich wenig, Herr Middelberg! Keine eigene Idee!)
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, hat das Wort zu einer Kurzintervention Otto Fricke.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7606250 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 149 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen, Bundesrechnungshof |