Josephine OrtlebSPD - Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauende! Deniz ist 18 Jahre alt und wohnt in einem kleinen Dorf. „ Weiblich“ steht in seiner Geburtsurkunde. Gefühlt hat er das nie. Mitten in der Pubertät stand für ihn fest: Ich bin ein Junge. – Seitdem erlebt er jeden Tag Ausgrenzung. Eine entsprechende Umkleide in der Schule? Fehlanzeige. Ein Ausbildungsplatz? Fehlanzeige. Irgendeine Form von Unterstützung? Fehlanzeige.
Ina und Hakan freuen sich seit Mitte letzten Jahres auf ihr erstes Baby. Der Geburtstermin ist im Februar 2024. Beide haben frisch ihre Assistenzarztzeit beendet und ihre Studienkredite zurückgezahlt. Alles rund um die Elternzeit, auch die Finanzen, haben die beiden gut geplant und vorbereitet. Groß war der Schock nach der Eilmeldung aus dem BMFSFJ zu den Elterngeldplänen.
Oder Laura: Sie ist 28 Jahre alt und versucht seit anderthalb Jahren, ein Kind zu bekommen. Dann die Schockdiagnose Endometriose. Was sie wegen ihrer schlimmen Periodenschmerzen und dem nicht erfüllten Kinderwunsch bereits ahnte, wurde nach langer Zeit bestätigt. Was ihr niemand sagen kann, ist, wie Endometriose sich tatsächlich auf die Chance, schwanger zu werden, auswirkt und welche Heilungschancen, wenn überhaupt, es gibt. Laura hat viele Fragen. Antworten bekommt sie kaum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schildere ich Ihnen so detailliert diese Lebenssituationen?
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Weil Sie für keinen von denen was getan haben!)
Ich tue dies, weil sie exemplarisch für viele Lebenssituationen stehen, die wir mit diesem Haushalt verbessern. Deniz hilft es, dass das Modellförderprogramm „respekt*land“ der Antidiskriminierungsstelle finanziell abgesichert wurde und nun sicher bis zum Ende der Laufzeit weitergeführt werden kann.
(Beifall bei der SPD)
Er findet so gut erreichbare Beratungsstellen im ländlichen Raum, nicht nur in großen Ballungszentren weit weg. Ich kenne das aus dem Saarland: Bei uns gibt es einen großen Ballungsraum und viel ländlichen Raum drumherum.
Es ist gut, dass es bei uns jetzt „mads“ gibt, die Mobile Antidiskriminierungsberatung Saar, und dass „mads“ weiterfinanziert wird. Dort entwickelt man gerade ein Konzept mit den Kommunen für Beratungsstrukturen in ländlichen Räumen, um mehr Bewusstsein, mehr Beratung und mehr Hilfe für betroffene Personen zu schaffen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist ein großer Erfolg, und dieser Erfolg zeigt: Diese Koalition steht klar gegen Diskriminierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber auch Ina und Hakan können aufatmen: Die drastischen Kürzungen beim Elterngeld konnten wir im parlamentarischen Verfahren abmildern. Stattdessen setzen wir stärkere Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit. Und auch ich will auf den gleichstellungspolitischen Aspekt, um den es ja beim Elterngeld auch immer geht, eingehen. Den Vätern geben wir nämlich durch die Neuausrichtung der Partnermonate die Chance, früher alleinige Verantwortung zu übernehmen. Zukünftig – das haben wir schon gehört – kann maximal einer der Partnermonate gleichzeitig genommen werden, und zwar nur innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes. Damit fördern wir mehr Partnerschaftlichkeit. Denn die Erfahrung zeigt: Wenn Väter früher alleinige Verantwortung übernehmen, beteiligen sie sich auch später stärker an der Familien- und Hausarbeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nur so, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir alte Rollenbilder aufbrechen und den Weg freimachen für mehr Fortschritt in der Gleichstellung.
(Martin Reichardt [AfD]: Was für Männer kennen Sie eigentlich?)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sprach zu Beginn meiner Rede auch über Laura, die an Endometriose erkrankt ist. Ich möchte an dieser Stelle nicht nur unserem Haushälter Felix Döring danken, sondern auch meiner Kollegin Wiebke Esdar, die 12,5 Millionen Euro für das Thema Frauengesundheit im Etat des BMBF eingestellt hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ja, wir besprechen hier den Einzelplan 17, aber es ist ein Meilenstein, dass so viel Geld in die Hand genommen wird, um Frauenkrankheiten zu erforschen und Auswirkungen von Krankheiten auf Frauen besser zu verstehen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Gilt das auch für Transfrauen? Was ist mit Herrn Ganserer?)
Deswegen möchte ich das hier auch in unserer Debatte nicht unerwähnt lassen. In vielen frauenpolitischen Bereichen haben wir kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsdefizit. Im Bereich der Gendermedizin und Frauengesundheit ist es umgekehrt. Und das ändern wir jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zum Schluss möchte ich sagen: Wir haben ja von der Union wirklich wenige Vorschläge gehört; nur am Ende sagten Sie, dass Sie bei Demokratieförderung und bei der Bekämpfung der Kinderarmut sparen wollen.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie könnten bei der „Bild“-Zeitung anfangen!)
Für uns als SPD-Fraktion und für uns als Ampelkoalition kann ich nur sagen: Dieser Haushalt bedeutet Fortschritt. Fortschritt für mehr Toleranz, mehr Partnerschaftlichkeit und mehr Wissen, Fortschritt, der für Deniz, Ina, Hakan und Laura entscheidend ist, damit ihr Leben besser wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Anne Janssen für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 149 |
Agenda Item | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |