31.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 150 / Einzelplan 04

Christiane SchenderleinCDU/CSU - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt, Unabhängiger Kontrollrat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sobald die Bundesregierung nach dem Grund ihrer Pfuscherei gefragt wird, ist die Antwort oft schnell und simpel gefunden: 16 Jahre CDU.

Lassen Sie mich die Halbzeit Ihrer Regierung zum Anlass nehmen, um 16 Jahre unionsgeführte Kulturpolitik zu rekapitulieren: Verdopplung des Kulturhaushaltes auf über 2 Milliarden Euro, unbürokratische und effektive Coronahilfen mittels „Neustart Kultur“, Sonderfonds für Kulturveranstaltungen in Höhe von über viereinhalb Milliarden Euro und solide Finanzierung der Filmförderung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dem stellen wir nun zwei Jahre Kulturpolitik unter der Ampelregierung gegenüber: Der jahrzehntelange überparteiliche Konsens, dass an der Kulturpolitik nicht gespart werden darf, ist aufgekündigt.

(Otto Fricke [FDP]: Herr Middelberg sagt doch, wir hätten gar nicht gespart! Was gilt denn jetzt bei der CDU?)

Anstatt die Restmittel von „Neustart Kultur“ für den Kulturhaushalt 2024 zu nutzen, geben Sie diese 300 Millionen Euro ohne Widerspruch an den Bundesfinanzminister zurück. Dabei hätte dieses Geld unserer deutschen Kulturlandschaft gutgetan.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unsere großen Kulturinstitutionen darben. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist unterfinanziert. Beim Humboldt Forum wackelt der freie Eintritt. Dem Bundesarchiv fehlt massiv Geld für die Außenstellen des Stasiunterlagenarchivs. Beim Freiheits- und Einheitsdenkmal gibt es kurz vor Fertigstellung einen Baustopp – Finanzierung immer noch unklar. Der Energiefonds für viele kleine Kultureinrichtungen, die ohnehin mit erheblichen Mehrkosten kämpfen: ausgelaufen.

(Otto Fricke [FDP]: Mehr Geld! Mehr Geld! Mehr Geld!)

Sie kürzen beim Denkmalschutz-Sonderprogramm und der Kinoförderung. Überall fehlt angeblich das Geld.

(Otto Fricke [FDP]: Mehr! Mehr! Mehr!)

Ganz aktuell liefern Sie den Treppenwitz der Haushaltsführung.

(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Es wäre schön, wenn Sie Anträge gestellt hätten!)

Sie streichen den Deutschen Musikinstrumentenpreis in Höhe von 60 000 Euro, um Ihren Bundeshaushalt zu konsolidieren. Man weiß nicht, ob man bei dieser Summe lachen oder aufgrund der offenbar fehlenden Wertschätzung für unsere Kultur weinen müsste.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht einmal Ihre eigenen Versprechen können Sie einlösen. Die Ampel und Frau Staatsministerin Roth persönlich haben zugesichert, Mindesthonorare für Soloselbstständige einzuführen. Auch hier ist seit dieser Zeit nichts passiert. Dafür steigen die Kosten beim Museum der Moderne inzwischen auf 600 Millionen Euro durch Mehrkosten für ökologische Nachhaltigkeit am Bau; dafür ist Geld da. Das gilt auch für den KulturPass für 18-Jährige: 100 Millionen Euro.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Sehr schön!)

Dafür wird auf allen Kanälen geworben. Es ist ein Vorzeigeprojekt, ja, aber mehr auch nicht.

Am schlimmsten leidet die deutsche Filmbranche unter Ihrer Politik. Die Filmverbände schließen sich zusammen, schreiben einen offenen Brandbrief, damit endlich die seit zwei Jahren angekündigte Reform der Filmförderung umgesetzt wird. Zur letzten Berlinale haben Sie ein Acht-Punkte-Programm vorgestellt, und in zwei Wochen ist wieder Berlinale. Bis jetzt liegt noch nichts vor. Noch nie war der Filmstandort Deutschland so in Gefahr wie heute.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

Es ist Halbzeit. Das Ende Ihrer Kulturpolitik ist in Sicht. Die Ampel hat es bis heute nicht geschafft, auch nur einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen, auch beim Staatsziel Kultur nicht.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn! Wahnsinn!)

Uns die Schuld für Ihr Versagen in die Schuhe zu schieben, ist ein reines Ablenkungsmanöver aufgrund Ihrer Untätigkeit und Uneinigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Oh! Da haben Sie nicht zugehört!)

Statt von Ihren regelmäßigen Green-Culture-Konferenzen zu erfahren, hätten wir von Ihnen gern eine Äußerung zur Farbattacke am Brandenburger Tor vernommen.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Was man hingegen positiv bewerten kann, sind Ihre Worte zum bitteren Schweigen der Kulturbranche nach dem 7. Oktober und gegen Antisemitismus im Kulturbetrieb. Wir sagen deutlich: Kultureinrichtungen oder Kulturprojekte, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden, dürfen Antisemiten keine Bühne bieten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Bijan Djir-Sarai [FDP] und Dr. Götz Frömming [AfD])

Wir brauchen eine einheitliche Regelung. Die documenta wirft bereits ihre Schatten voraus.

An Herrn Kollegen Grundl an dieser Stelle: Wenn Sie als politischer Mandatsträger im Zusammenhang mit einer Antisemitismusklausel von einer „Einschränkung der Kunstfreiheit“ sprechen,

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

dann vergiften Sie den politischen Diskurs und spielen den Extremisten in die Karten.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

Wenn Sie als Vertreter der Grünen mittlerweile schon ökologische Standards zur Voraussetzung von Fördergeldern machen, dann muss doch erst recht gelten: Keine Steuermittel für Antisemiten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sind halt seine Freunde!)

Der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages wird sich in der Sitzung am 21. Februar 2024 mit diesem Thema befassen. Wir erwarten hier Klarheit. Wir wollen ein vielfältiges jüdisches Leben in unserem Land ohne Angst und Gewalt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächste Rednerin ist Dr. Wiebke Esdar für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7606462
Wahlperiode 20
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt, Unabhängiger Kontrollrat
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