31.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 150 / Einzelplan 04

Wiebke EsdarSPD - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt, Unabhängiger Kontrollrat

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben einen Haushalt, den wir zusammen verhandelt haben. Das waren wahrlich keine einfachen Verhandlungen. Aber ehrlich gesagt sind auch die Umstände, unter denen wir diesen Haushalt verhandelt haben, schwierig,

(Mike Moncsek [AfD]: Ukrainekrieg!)

und damit meine ich nicht nur und gar nicht mal in erster Linie das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes; denn wir werden in diesem Haushalt – ich glaube, in jedem Einzelplan – auch noch Auswirkungen der Coronapandemie sehen, die Berücksichtigung finden.

Ich möchte ein Beispiel rausgreifen: Über 100 Millionen Euro – fast 200 Millionen Euro – stellen wir für die Long-Covid-Forschung ein.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Fehlentscheidung!)

Dabei handelt es sich um eine Nachwirkung der Coronapandemie, der wir jetzt begegnen.

Darüber hinaus läuft der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine weiterhin, und wir haben mit dem Sondervermögen, das inzwischen zu zwei Dritteln gesichert ist, in diesem Haushalt auch sehr stark abgebildet, wie sehr wir uns um die äußere Sicherheit kümmern.

Dem wachsenden Handlungsbedarf gegen den Klimawandel, der mit Sicherheit auch damit zusammenhängt, dass – ich zitiere Olaf Scholz zu Beginn dieser Debatte – „sehr viel liegen geblieben“ ist, dem Umstand, dass wir eben so einen hohen Investitionsbedarf haben, kommen wir nach, indem wir uns jetzt auch trauen – im Gegensatz zu der Großen Koalition vorher –, beim Thema Verkehr und beim Thema Wohnen, da, wo der CO2-Ausstoß am größten ist, mit Maßnahmen politisch zu steuern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, darum ist es gut, dass dieser Haushalt eine steigende Investitionsquote vorsieht; das brauchen wir. Es ist eben sehr viel liegen geblieben. Aber wir brauchen auch die Debatte über die Schuldenbremse, und ich freue mich sehr, dass der Sachverständigenrat sehr deutlich gemacht hat, dass auch er inzwischen der Auffassung ist, dass wir noch mehr Investitionen brauchen, dass wir dieser Ausnahmesituation, diesen multiplen Krisen, die wir haben, auch dadurch begegnen müssen, dass die Neuverschuldungsquote nach dem BIP angehoben wird.

Denn am Ende ist es doch so: Es wird keinem einzigen Kind irgendetwas nützen, wenn wir die Verschuldungsquote um 1, 2 oder 3 Prozentpunkte schneller senken, dafür aber das Bildungssystem marodegespart ist. Es wird auch keinem Unternehmer etwas nützen, wenn das Schienensystem so marode ist, dass die Lieferungen über den Güterverkehr nicht mehr zuverlässig ankommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und es wird auch keinem Arbeitnehmer und keiner Arbeitnehmerin irgendetwas nutzen, wenn er oder sie nicht im Homeoffice arbeiten kann, weil der Glasfaserausbau so sehr stockt.

Darum muss für uns klar sein: Wir müssen über die Investitionen, die notwendig sind, die, bei denen es darum geht, dieses Land zu gestalten, reden, und dazu gehört nach diesem Bundesverfassungsgerichtsurteil auch eine offene Debatte über die Schuldenbremse.

Meine Damen und Herren, wir bilden in diesem Haushalt auch das Motto ab, dass Demokratie nicht für umsonst zu haben ist. Demokratie kostet.

Es ist nach dem so barbarischen Überfall der Hamas auf Israel sichtbar geworden, wie groß in unserer Gesellschaft das Antisemitismusproblem ist. Es ist aber noch viel erschreckender deutlich geworden, dass Rechtsextreme konkrete Pläne zur Deportation, zur Remigration haben und wie gefährdet unsere Demokratie durch systematische Pläne ist, in die auch die AfD zutiefst verstrickt ist. Darum bin ich froh, dass so viele Menschen in diesen Tagen auf die Straße gehen und Flagge zeigen. Diese Demonstrationen sind enorm wichtig. Diese Demonstrationen können aber immer nur ein kleiner Baustein sein. Sie können nur ein erster Schritt sein, den die Menschen draußen auf der Straße machen.

Wir in diesem Haus haben die Aufgabe – und der werden wir gerecht –, einen finanziellen Rahmen für politische Bildung – wir haben dort alle Kürzungen zurückgenommen –,

(Mike Moncsek [AfD]: Bezahlte Demonstranten! Sagen Sie es, wie es ist!)

für gesellschaftlichen Zusammenhalt, für Demokratieförderung, für den Kampf gegen Antisemitismus zu setzen.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion?

Nein, aus der AfD brauche ich keine Zwischenfrage.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Doch!)

Wir werden diesen finanziellen Rahmen und die Proteste, die wir jetzt auf der Straße haben,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Bauern und Spediteure!)

im ganzen Jahr 2024 zusammenbringen müssen. Das sind zwei Bausteine.

Der dritte Baustein, der dazukommt, ist, dass wir als Politikerinnen und Politiker und auch alle Menschen, die auf der Straße waren, sowie alle anderen aktiv widersprechen müssen, wenn wir am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, in der Familie antidemokratische, antisemitische, rassistische Äußerungen

(Mike Moncsek [AfD]: Das machen die meisten in Sachsen gerade! Und in Thüringen und Brandenburg! Sie widersprechen den Regierungen!)

und Diskriminierungen hören. Das ist die Aufgabe, der wir uns 2024 das ganze Jahr – alle Demokratinnen und Demokraten – gemeinsam stellen müssen, weil das notwendig ist. Das ist das Traurige; aber ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen, weil wir damit der AfD, denen ganz rechts außen – denjenigen, die Hass und Spaltung säen –, etwas entgegensetzen werden. Am Ende werden wir mehr sein. Wir werden stärker sein, und wir werden es auch länger durchhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Mike Moncsek [AfD]: Oh, bei 3 Prozent in Sachsen wird es schwer!)

Für eine Kurzintervention erhält das Wort Karsten Hilse von der AfD.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7606463
Wahlperiode 20
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt, Unabhängiger Kontrollrat
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