31.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 150 / Einzelplan 05

Frank SchwabeSPD - Auswärtiges Amt

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Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! In einer Welt, die kompliziert und in Unordnung ist, macht es keinen Sinn, die Augen zu verschließen. Das führt am Ende nur dazu, dass wir auch in Deutschland nicht in Frieden leben können, wenn die Welt in Unfrieden lebt. Wer das bestreitet, der hängt einer sehr einseitigen Weltsicht an.

Ich habe gerade noch mal darüber nachgedacht, wer eigentlich die Freunde der AfD sind. Letzte Woche fand eine Europaratssitzung statt, in der es heftige Kritik an Russland, am russischen Präsidenten, am Präsidenten von Aserbaidschan, am Ministerpräsidenten von Ungarn gab. Das sind alles Ihre Freunde.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Mit einigen davon sitzen Sie gemeinsam in einer Fraktion im Europarat. Sie beschweren sich hier darüber, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt wäre. Aber Sie unterstützen all diese Regime, all diese Despoten und all diese Diktaturen. Deswegen haben Sie null außenpolitische Expertise in diesem Hohen Haus.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

In dieser schwierigen Welt ist es richtig, als Deutschland Verantwortung zu übernehmen – politisch und finanziell. Das tun wir mit diesem Bundeshaushalt, auch dadurch, dass wir weiterhin zweitgrößter Geber im Bereich der humanitären Hilfe sind. Aber es ist natürlich nicht so – wir können den Diskurs hier ja ordentlich führen; es bringt gar nichts, sich gegenseitig etwas vorzuwerfen –, dass es einen Aufwuchs in der humanitären Hilfe gibt.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Gut, dass das mal einer sagt!)

– Ja, das sage ich. Aber jetzt sage ich, was die Konsequenz der politischen Debatte ist. Was nicht funktioniert, ist, dass die Union Sparhaushalte einfordert, aber keine Vorschläge macht, wo eingespart werden kann, und dann, wenn irgendwo eingespart wird, sagt, dass das an der Stelle auf gar keinen Fall geht.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Lassen Sie uns das konstruktiv machen; die nächsten Haushaltsberatungen stehen schon bevor. In einer Welt, in der die USA, in der China, in der Indien nicht nur ökonomisch richtig was raushauen, sondern auch außenpolitisch, ist die Frage: Wie handlungsfähig sind wir in Deutschland eigentlich, wenn wir uns durch eine sehr restriktive Schuldenbremse selbst beschränken, einem fiskalpolitischen Rigorismus hinterherhängen und uns am Ende jedenfalls außenpolitische Handlungsfähigkeiten nehmen? Vielleicht können wir uns darüber einig werden und gemeinsam darüber nachdenken, wie wir für den nächsten Haushalt die Handlungsspielräume auch in der humanitären Hilfe weiter erhöhen; denn der Bedarf wird natürlich steigen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir über humanitäre Hilfe reden, dann reden wir natürlich über die Höhe der Mittel, aber auch über den Zugang zu humanitärer Hilfe. Deswegen ist es richtig, dass wir gemeinsam darüber reden, wie schrecklich das ist, was gerade bei Teilen von UNRWA passiert. Das sind schreckliche Vorwürfe, und scheinbar gibt es auch Beweise dafür, dass schreckliche Taten verübt worden sind von Mitarbeitern von UNRWA. Es ist richtig, darüber nachzudenken und darüber zu reden an einem Tag wie dem heutigen, an dem wir der Opfer des Holocaust gedenken. Es ist unsere Verantwortung, gemeinsam nachzudenken, was in dieser Situation zu tun ist und was die Alternativen wären. Ich meine, man kann darüber diskutieren, wie es in Zukunft mit UNRWA weitergeht. Aber zurzeit gibt es angesichts der humanitären und politischen Katastrophe, der wir uns gegenübersehen, zu UNRWA gar keine Alternative. Das muss man doch klar sehen. Das wäre dramatisch. Wir würden doch Hunderttausende von Menschen in den Hungertod treiben. Wir würden Israel nicht dadurch politisch zur Seite stehen, dass wir diese humanitäre Lage so dramatisch verschlimmern würden. Deswegen gibt es im Moment keine Alternative dazu, mit UNRWA entsprechend weiterzuarbeiten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland muss Weltmacht sein in der humanitären Hilfe und in der Krisenprävention, aber auch Garant für Menschenrechte und Demokratie weltweit: mit klarer Sprache gegenüber Despotien, mit klarer Verurteilung der schlimmen Hinrichtungen, die es gerade wieder im Iran gegeben hat, und der ganzen Welle dort, aber auch, indem wir im Haushalt die Strukturen stärken, die für Menschenrechte stehen. Die Strukturen zur Unterstützung von Menschen, die im Ausland verfolgt werden, sind angesprochen worden. Ich will hinzufügen, dass wir im Haushalt auch dafür sorgen, dass wir Deutsche aus politischer Gefangenschaft in anderen Ländern befreien können, die unter dieser zum Teil ökonomisch und sozial massiv leiden. Denen können wir mit diesem Haushalt entsprechend helfen.

Ich will mich dafür bedanken, dass wir mit diesem Haushalt internationale Organisationen stärken, die OSZE, den Europarat und andere. Es wird aber auch darum gehen, zu unterstreichen, dass die Regeln dieser Institutionen gelten müssen. Deswegen will ich am Ende sagen: Die Türkei hat die Verpflichtung, sehr, sehr, sehr schnell Osman Kavala freizulassen. Ich finde, das sollten wir auch in dieser Haushaltsdebatte als Hohes Haus unterstreichen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7606500
Wahlperiode 20
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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