31.01.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 150 / Einzelplan 14

Ingo GädechensCDU/CSU - Verteidigung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wenn wir heute nach quälenden Wochen des Streits in der Ampelkoalition endlich den Haushalt 2024 beschließen, endet – zumindest fürs Erste – die Haushaltskernschmelze der vergangenen Monate. Für den Verteidigungshaushalt müssen wir aber leider feststellen, dass die Weichen falsch gestellt wurden. Der Zug fährt in die falsche Richtung. Das Schreckensszenario für die Bundeswehr geht weiter und wird immer größer.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Richtig!)

56 Milliarden Euro – 56 Milliarden Euro! – fehlen der Bundeswehr nach aktuellen Zahlen aus dem Verteidigungsministerium im Jahr 2028, wenn das „Sondervermögen Bundeswehr“ aufgebraucht ist.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Spätestens mit diesem dramatischen Befund sollten Sie, Herr Minister, auf den Kabinettstisch hauen und in aller Deutlichkeit sagen: So geht es nicht weiter! Stattdessen hören wir die markigen Durchhalteparolen wie: Es werde schon genügend Geld für die Bundeswehr zur Verfügung stehen. – Nur, wo das Geld herkommen soll, wenn keine lineare Steigerung des Verteidigungsetats vorgenommen wird,

(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: … kann auch die Union nicht sagen! Auch die Union nicht!)

kann niemand sagen. Das ist alles andere als eine seriöse Haushaltspolitik.

Besonders bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang, dass immer noch zu viele Menschen dem Bundeskanzler auf den Leim gehen. „ Scholz sichert dauerhaft höheren Verteidigungsetat zu“, so titelte beispielsweise die „Tagesschau“ nach der letzten Bundeswehrtagung. Es ist der gleiche Bundeskanzler, der an diesem Ort vor zwei Jahren zugesagt hat, von nun an mehr als 2 Prozent für Verteidigung auszugeben.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Das machen wir in diesem Jahr!)

2022 hat er das Versprechen gebrochen, 2023 hat er das Versprechen gebrochen, und 2024 kann das Kanzlerversprechen nur durch Tarnen, Täuschen und Tricksereien eingehalten werden, unter anderem, indem man Kreditzinsen und Pensionslasten vergangener Jahre als Verteidigungsausgaben deklariert.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: So wie jedes andere Land auch!)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, durchschaut sogar jeder Obergefreite,

(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trauen Sie denen nicht viel zu?)

und deshalb schwindet täglich die Glaubwürdigkeit dieser Rückschrittskoalition. Das Sprichwort „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht“ bekommt in diesem Zusammenhang eine ganz besondere Bedeutung.

Meine Damen und Herren, die Bundeswehr ist in weiten Teilen ein Spiegelbild der Gesellschaft. Viele Probleme, die den Truppenalltag erschweren, erleben wir auch in anderen Teilen unseres Zusammenlebens. Überbordende Bürokratie, viel zu lange Entscheidungs- und Beschaffungsprozesse, überzogenes Absicherungsdenken – all das sind Probleme, die wir trotz wohlklingender Ankündigungen und Versprechen immer noch nicht energisch genug angehen.

Zugleich ist die Bundeswehr aber auch etwas ganz Besonderes. Unsere Soldatinnen und Soldaten haben einen Eid geschworen, unser Land tapfer zu verteidigen. Wer aber im äußersten Fall Leib und Leben für unser Land einsetzt, braucht ein besonderes Vertrauen in die Spitze unseres Staates und insbesondere in den Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt. Und hier müssen wir leider feststellen, dass dieses Vertrauen immer stärker verloren geht.

Über die desaströse finanzielle Perspektive der Bundeswehr habe ich bereits mehrfach gesprochen. Das Thema ist längst in der Truppe angekommen und treibt nicht nur die CDU/CSU-Fraktion mit großer Sorge um. Und während sich viele Soldatinnen und Soldaten und auch die zivilen Mitarbeiter fragen, wie das immer größer werdende Finanzproblem gelöst werden soll, gibt es einen weiteren heftigen Schlag in die Magengrube unserer Truppe, den die Ampel heute mit dem Haushalt beschließen will.

Seitdem die Bundeswehr Waffensysteme an die Ukraine abgibt – das halten wir für richtig –, war immer klar: Die Wiederbeschaffung dieser Systeme soll gerade nicht aus Bundeswehrmitteln bezahlt werden, sondern aus dem Gesamthaushalt. Um über 500 Millionen Euro einzusparen, ist die Ampel aber auf die wenig sinnvolle Idee gekommen, in diesem Jahr die Wiederbeschaffung aus dem ohnehin schon hoffnungslos überplanten Sonderschuldenvermögen der Bundeswehr zu bestreiten. Das ist ein massiver Vertrauensbruch gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten, denen man immer das Gegenteil versprochen hat.

Sie, Herr Minister, haben sofort erkannt, was für eine gefährliche Bombe Ihnen der Kanzler, der Finanzminister oder wer auch immer ins Nest gelegt hat. Und darum haben Sie sich in einem Tagesbefehl an die Truppe gewandt und um Verständnis für die Maßnahme geworben. Das war zwar ein netter Versuch, er hilft aber nur begrenzt. Bei den Soldatinnen und Soldaten kommt an, dass auch bei der Bundeswehr eingespart werden soll. Da hilft auch ein beschwichtigender Tagesbefehl nicht.

Meine Damen und Herren, wir alle hier im Haus – fast alle – sind uns einig, dass wir unsere Bundeswehr stärken müssen. Ganz wichtig ist, dass unsere Soldatinnen und Soldaten Perspektiven erkennen. Nur dann werden sie als Multiplikatoren, nur dann wird die Truppe aus sich heraus neue Männer und Frauen anwerben können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und es ist dringend notwendig, dass wir mehr Personal für die Bundeswehr akquirieren. Wir benötigen nicht nur modernes Gerät, das schwimmen, fliegen und fahren kann, sondern wir brauchen auch motivierte Menschen, die unser Land tapfer verteidigen wollen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat Andreas Schwarz für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7606509
Wahlperiode 20
Sitzung 150
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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