Claudia RaffelhüschenFDP - Arbeit und Soziales
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vollbracht. Wir schließen in dieser Woche ein sehr langes, dafür aber gründliches Haushaltsverfahren ab, das allerdings nicht erst durch das bekannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts extrem anspruchsvoll war. Entsprechend musste auch unser Minister seinen Konsolidierungsbeitrag leisten, und über das Wie haben wir in den vergangenen Monaten wirklich hart verhandelt.
Einen geplanten Rechtskreiswechsel von unter 25-jährigen Leistungsempfängern aus dem steuerfinanzierten SGB II in die Beitragsfinanzierung des SGB III konnten wir beispielsweise gemeinsam abwenden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Dafür möchte ich Ihnen, Herr Minister, meinen Respekt zollen. In der Politik ist es nicht immer selbstverständlich, dass man auf seine Kritiker eingeht und nach neuen Lösungen sucht.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Matthias W. Birkwald [fraktionslos])
Wir haben in den vergangenen Monaten aber nicht nur mit dem Ministerium, sondern auch innerhalb der Koalition hart gerungen, um den Regierungsentwurf auch an die erwartete Arbeitsmarkt- und Konjunktursituation anzupassen. Herausgekommen ist nun ein Kompromiss, den ich als liberale Haushaltspolitikerin mittragen kann, wenn auch mit teils getrübtem Enthusiasmus.
Als Koalition haben wir etwa das Bürgergeld und das Gesamtbudget SGB II, also die finanzielle Ausstattung der Jobcenter, angefasst und im Bereich Eingliederung deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt. Hintergrund ist der im vergangenen Jahr von Ihnen, Herr Heil, angekündigte Jobturbo, um zugewanderte Menschen schneller in Arbeit zu bringen. Aufgrund der dadurch zu erwartenden Beschleunigung des Eingliederungsprozesses ergeben sich finanzielle Spielräume in den Sozialsystemen, weshalb wir den Ansatz für das Bürgergeld um circa eine halbe Milliarde Euro abgesenkt haben. Wir haben Ihnen, Herr Minister, sozusagen Vorschusslorbeeren gewährt und erwarten nun bereits bis Ende März einen ersten konkreten Zwischenbericht, inwieweit sich der Jobturbo tatsächlich entfaltet.
(Beifall bei der FDP)
Egal ob Bürgergeldempfänger, Langzeitarbeitslose oder Zugewanderte: Wir brauchen mehr Menschen in Arbeit, ohne diese erst über lange Zeit in unseren Sozialsystemen verharren zu lassen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Das liegt nicht nur im Interesse eines jeden Steuerzahlers, sondern insbesondere auch im ureigenen Interesse derjenigen Menschen, die hier arbeiten können und arbeiten wollen. Spracherwerb, soziale Teilhabe und Integration sind integrale Bestandteile, die Arbeit eben auch mit sich bringt.
Gerade vor diesem Hintergrund begrüße ich auch, dass wir uns als Koalition auf eine Neuregelung für die Sanktionierung sogenannter Totalverweigerer einigen konnten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Zwei Jahre!)
Das bedeutet, dass Bürgergeldempfänger, die mehrfach zumutbare Arbeit ablehnen, in Zukunft angemessen sanktioniert werden dürfen. Das wirkt insbesondere präventiv und ist aus Gründen der Leistungsgerechtigkeit und Fairness mehr als sinnvoll.
Die finanzielle Komponente beläuft sich hierbei für den Bund auf circa 150 Millionen Euro Einsparungen im Jahr. Als FDP sagen wir aber klar: Wir müssen dieses Instrument streng evaluieren und dabei möglicherweise nachbessern, also gegebenenfalls auch verschärfen. Denn es kann nicht sein, dass die Steuerzahler mit hohen Milliardenbeträgen pro Jahr für Eingliederungsmaßnahmen aufkommen und Menschen, die arbeiten könnten und zumutbare Arbeitsangebote vorgelegt bekommen, diese immer wieder ablehnen. Das ist unfair. Deshalb ist diese Neuregelung wichtig und richtig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bleiben große Baustellen in diesem größten Einzelplan des Bundeshaushalts. Wir müssen uns deshalb und gerade auch für die kommenden Jahre ehrlich machen. Wir leisten uns einen einzigartigen, aber auch extrem kostenträchtigen Sozialstaat. Gut 40 Prozent unseres gesamten Bundeshaushalts fließen in den Einzelplan 11, und eine finanzielle Belastungsgrenze lässt sich ab einem gewissen Punkt nicht mehr durch reines Verschieben von Finanzmitteln umschiffen.
Deshalb – ich sage das jetzt hier mal ganz ungeschützt – müssen wir wirklich dringend nach Lösungen für weitere und tatsächliche Sparmaßnahmen suchen, damit uns der Laden nicht irgendwann um die Ohren fliegt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Oder mehr Einnahmen!)
Das wäre nämlich für genau diejenigen dramatisch, die in unserem Land die Unterstützung am meisten benötigen, und für diejenigen, die es in Zukunft finanziell ausbaden müssten, nämlich unsere Kinder und Enkelkinder.
Bundesfinanzminister Lindner hat in den meisten Ressorts daher strikte Sparmaßnahmen auferlegt, was ich für absolut richtig halte; denn – ich habe es an dieser Stelle schon mehrfach erwähnt und werde auch nicht müde, es zu erwähnen – wir haben kein Einnahme-, sondern wir haben ein Ausgabeproblem.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb kann die Lösung nur in Konsolidierungs- und Sparmaßnahmen liegen und keinesfalls – das möchte ich klar sagen – in Debatten über Steuererhöhungen oder dergleichen. Dasselbe gilt für unsere Schuldenbremse.
Ich möchte als Haushälterin deshalb zum Abschluss dafür werben, dass wir wieder mutige Reformen anstoßen, die unser Land nach vorne bringen, auch wenn sie uns kurz- wie mittelfristig einiges an Durchhaltevermögen abverlangen werden. Denn manchmal können auch kleine Rückschritte große Fortschritte bedeuten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat der Kollege Peter Aumer für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7606599 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 151 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |