01.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 151 / Tagesordnungspunkt II

Alexander HoffmannCDU/CSU - Änderung des Bundeswahlgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Demokratie steht unter Druck. Wir alle, insbesondere die Vertreter der Ampel, betonen in diesen Tagen immer den guten Demokraten. Ich sage Ihnen: Den guten Demokraten erkennt man vor allem an seinem Umgang mit dem Wahlrecht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und mit der Wahrheit!)

Die Ampel agiert in dieser Legislaturperiode beim Umgang mit dem Wahlrecht immer nach zwei Maximen – und so auch hier –:

Erstens. Die Ampel klüngelt hinter verschlossenen Türen.

Zweitens. Die Ampel macht am Ende das, was ihr nützt.

(Zurufe von der SPD: Sie waren doch dabei! – Hören Sie doch auf! Sie waren doch dabei!)

Und das kann ich anhand des Vorverfahrens und anhand des Ergebnisses an dieser Stelle auch belegen; denn die Geschichte war wie folgt: Das Bundesinnenministerium hat vorgeschlagen, dass der neue Wahlkreis in Bayern nach München kommt: München-Mitte. Diesen Wahlkreis gab es schon einmal. – Das ist von Ihnen politisch einkassiert worden. Dazu haben wir keine Begründung bekommen, auch auf schriftliche Nachfrage nicht. Und dann haben Sie politisch entschieden: Der neue Wahlkreis kommt nach Schwaben. – Und das, ohne dass Bayern bzw. das bayerische Innenministerium – und das ist historisch – in diesen Entscheidungsprozess eingebunden worden wäre. Das ist also das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben.

(Sebastian Hartmann [SPD]: Nein, das stimmt nicht!)

Und nur, damit das klar ist: Wir haben kein Problem mit einem neuen Wahlkreis in Bayern. Aber wir haben ein Problem damit, dass Sie willkürlich die Randgemeinde Königsbrunn aus dem Wahlkreis Augsburg-Stadt herauslösen und sie willkürlich rüberschieben nach Augsburg-Land.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)

Diesen Willkürakt kann man auch nachweisen. Wenn Sie sich nämlich mal die Größe der beiden Wahlkreise anschauen, dann werden Sie feststellen, dass der Wahlkreis Augsburg-Stadt nicht zu groß ist und der Wahlkreis Augsburg-Land nicht zu klein. Das Gegenteil ist der Fall.

Interessant wird es, wenn man sich die Ergebniseffekte anschaut, gemessen an der letzten Bundestagswahl; dann wird es tatsächlich spannend. Für den Wahlkreis München-Mitte würde das nämlich bedeuten – Kollege Hartmann, Sie haben vergessen, das zu erzählen –,

(Sebastian Hartmann [SPD]: Nein!)

dass die vier anderen Wahlkreise in München, die dann noch übrig bleiben, weniger Erfolgschancen für die Grünen aufweisen als bei der letzten Bundestagswahl.

(Sebastian Hartmann [SPD]: Also doch nur zum CSU-Vorteil! – Zuruf von der CDU/CSU: So ist das also!)

Die willkürliche Verschiebung der CSU-lastigen

(Konstantin Kuhle [FDP]: Was heißt denn „CSU-lastig“?)

Gemeinde Königsbrunn führt sehr wohl am Ende des Tages dazu, dass die Erfolgsaussichten auf das Direktmandat in Augsburg für Claudia Roth in signifikanter Art und Weise gesteigert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es! Eine ganz üble Geschichte! Typische Wahlrechtsmanipulation! Fortsetzung der Manipulation!)

Deswegen sage ich Ihnen, die Wahrheit ist: Gerade die Grünen gönnen sich heute hier im Wahlrecht zwei schöne fette Bissen von einem veganen Leberkäsbrötchen,

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gabriele Katzmarek [SPD]: O mein Gott! – Dunja Kreiser [SPD]: Mit Ihnen ist’s besser, ne? Das ist auch so ein AfD-Sprech, „veganes Leberkäsbrötchen“!)

und die FDP und die SPD machen das mit. Und warum? Weil es gegen die CSU geht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Juristisch ist das, was Sie machen, in höchstem Maße problematisch; denn – all das wäre in München eben nicht passiert – Sie zerschneiden Landkreise, Sie zerschneiden Verwaltungsgemeinschaften; damit verstoßen Sie gegen die Vorgabe der Rechtsprechung, dass sich die Wahlkreiseinteilung immer auch an geografischen Gegebenheiten orientieren muss.

Dann schaffen Sie in Schwaben zwei Wahlkreise, von denen Sie heute schon wissen, dass Sie in vier Jahren wieder ranmüssen. Das widerspricht dem Grundsatz der Wahlkreiskontinuität.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Summe sage ich Ihnen: Sie haben unserer Demokratie im Wahlrecht wieder einen erheblichen Schaden zugefügt. Denn der Eindruck, den Ihre Bilanz im Wahlrecht hinterlässt, sieht doch wie folgt aus: Sie haben mit der Wahlrechtsreform ein Wahlrecht geschaffen, das Ihnen nützt. Sie haben mit der Senkung des Wahlalters auf EU-Ebene dort ein Wahlalter eingezogen, das Ihnen vermeintlich nützt.

(Dunja Kreiser [SPD]: Jetzt dürfen die jungen Leute auch wählen! Der Vorwurf ist unglaublich!)

Sie haben mit dem Staatsangehörigkeitsrecht ein Staatsvolk, ein Wahlvolk konstruiert, das Ihnen nützt.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Konstruiert“? Das sind Leute, die in diesem Land leben, Herr Hoffmann! – Manuel Höferlin [FDP]: Sehr steile These!)

Und jetzt kommt Ihre Wahlkreisreform, die in Bayern Wahlkreise so zuschneidet, wie es Ihnen am besten passt.

Ich sage Ihnen: Sie sind beim Wahlrecht keine guten Demokraten, weil Sie dort jedes Mal lange Finger bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, so ist es!)

Gestatten Sie mir am Ende noch eine Schlussbemerkung. Sie haben vor 14 Tagen Ihr Staatsangehörigkeitsrecht in diesem Haus durchgedrückt.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Nee! Mehrheitlich beschlossen!)

Wir von der Union haben darauf hingewiesen, dass das islamistischen Parteien Tür und Tor öffnet. Das wurde bei Ihnen vom Tisch gewischt, ganz polemisch. Wenn wir heute in die Zeitung gucken und Fernsehberichte anschauen, stellen wir fest, dass es eine islamistische Partei gibt, die auf EU-Ebene und auf Bundesebene antreten will.

(Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])

Und die Wahrheit ist: Mit Ihrem Staatsangehörigkeitsrecht haben Sie den Weg dafür frei gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Morgen soll es durch den Bundesrat gehen. Ich empfehle Ihnen dringend, das zu stoppen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, erst mal grüße ich Sie alle ganz herzlich. – Dann übergebe ich das Wort an Dr. Till Steffen für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7606653
Wahlperiode 20
Sitzung 151
Tagesordnungspunkt Änderung des Bundeswahlgesetzes
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