Helge BraunCDU/CSU - Gesundheit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit der positiven Nachricht: Der Haushalt ist im parlamentarischen Verfahren besser geworden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe in der ersten Lesung hier kritisiert, dass es ziemlich beispiellose Kürzungen im Bereich der globalen Gesundheit gegeben hat. Nach dem parlamentarischen Verfahren bekommt jetzt zum einen der World Health Summit mehr Geld. Aber was noch viel wichtiger ist: Die Bundesregierung hat sich bei UNAIDS entschieden, beim zuständigen Gremium, das darüber befindet, wer in Zukunft international Geld kriegt, den Vorsitz zu übernehmen. Wenn man einen solchen Vorsitz übernimmt, dann muss man natürlich bei der Förderung auch einen guten Aufschlag machen. Dass die Bundesregierung uns als Parlament einen Vorschlag vorgelegt hat, in dem exakt null Euro für UNAIDS drinstehen, ging nicht. Das ist im parlamentarischen Verfahren korrigiert worden, und das ist außerordentlich positiv zu bewerten.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nachdem der Bundesgesundheitsminister einen Finanzbedarf, den auch ich ausdrücklich sehe, von 100 Millionen Euro zur Erforschung und Behandlung von Long Covid ausgemacht hat, hat der Haushaltsentwurf ganze 3 Millionen Euro vorgesehen. Auch hier funktioniert der Deutsche Bundestag: Hier wird mehr Geld bereitgestellt. Auch das ist gut.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es gibt eine dritte gute Nachricht. Die Bundesregierung wird in diesem Jahr – das ist noch nicht die gute Nachricht – Cannabis legalisieren.
(Beifall des Abg. Ates Gürpinar [fraktionslos] – Tino Sorge [CDU/CSU]: Warten wir es mal ab!)
Was die schlechte Nachricht war: Die Bundesregierung hatte deutliche Kürzungen im Bereich der Suchtprävention vorgesehen. Die werden nicht alle aufgefangen; aber zumindest wird ein Zeichen gesetzt, mehr im Bereich der Suchtprävention bei Cannabis zu tun. Auch das will ich ausdrücklich positiv sagen.
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Bettina Hagedorn [SPD]: „Aber“!)
Damit komme ich zum Aber – die Kollegin Bettina Hagedorn hat das mit ihrer langen Erfahrung bereits erahnt –: Die Gegenfinanzierung ist zum einen eine hohe globale Minderausgabe, die dann die Regierung ohne den direkten Einfluss des Parlaments in die Aufgabe versetzt, an anderer Stelle einzusparen, und zum anderen klemmt es in vielen anderen Bereichen nach wie vor. Ich erwähne den einmütigen Beschluss des Deutschen Bundestages, dass wir viel mehr in der Suizidprävention machen müssen. Das, was hier noch erreicht wurde, ist eher eine kleine, symbolische Summe.
Das Zweite: Wir haben im Bereich der Pflege hier im Deutschen Bundestag in der ersten Lesung sehr intensiv darüber diskutiert, dass es eigentlich eine ordnungspolitische Untat ist, dass die Koalition den Pflegevorsorgefonds gleich für vier Jahre in Höhe von 1 Milliarde Euro plündert, um Ausgaben im Hier und Jetzt zu finanzieren. Daran ist leider nichts geändert worden.
Ein wichtiges Anliegen von Jens Spahn im Bereich der Pflege war die faire Anwerbung von zusätzlichen Pflegefachkräften. Das Thema ist gerade dieser Tage wieder besonders aktuell. Warum? Weil eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln uns deutlich gemacht hat, dass wir damit rechnen müssen, dass uns bis zum Jahr 2035 500 000 Pflegekräfte fehlen werden. Wenn ich in diesen Haushalt hineinschaue, dann sehe ich, dass all die Programme, die die faire Anwerbung von Pflegekräften zum Ziel hatten, auslaufen und an vielen Stellen ersatzlos gestrichen werden. Da müssen wir heute handeln. Wenn wir das nicht tun, wird uns das in den nächsten Jahren, wenn die Babyboomer in die Pflege kommen, in eine unmögliche Situation bringen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall der Abg. Diana Stöcker [CDU/CSU])
Ein weiteres Thema ist die Frage, die uns alle bewegt: Haben wir eigentlich aus der Coronapandemie die richtigen Schlüsse gezogen? Schaue ich in den Haushalt, muss ich sagen: Leider nein. Die Schwierigkeiten, die wir in der Coronapandemie hatten, an Schutzausrüstung zu kommen, haben dazu geführt, dass wir eine nationale Reserve aufgebaut haben. Im Haushalt stehen für die Vorhaltung von Schutzausrüstung genau null Euro.
Ein zweites Thema, das uns im Haushaltsausschuss massiv beschäftigt hat, sind die sogenannten Pandemiebereitschaftsverträge. Das ist eine hohe Summe Geld, die wir aufwenden, um in den kommenden Jahren bereit zu sein, schnell viel Impfstoff produzieren zu können. Gerade die Kapazitäten bei Proteinimpfstoffen und mRNA-Impfstoffen sind außerordentlich knapp; das ist eine Lehre aus der Pandemie.
Das, was wir dann im Haushaltsausschuss erlebt haben, ist, dass der Vertrag, der sichern sollte, dass wir eine Produktionskapazität für moderne Proteinimpfstoffe haben, am Ende nicht zustande gekommen ist. Und statt darüber mit uns zu diskutieren und eine Bedarfsanalyse zu machen, hat das Bundesministerium für Gesundheit jetzt einen Vertrag für ganz traditionelle Totimpfstoffe geschlossen. Das, meine Damen und Herren, ist Geldverschwendung. Es gibt so unfassbar große Kapazitäten für die Herstellung von Totimpfstoffen, dass der Staat sich hier wirklich in keiner Weise hätte einmischen müssen. Das Geld ist umsonst ausgegeben; das hätten wir an anderer Stelle besser gebraucht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherungen ist eine der Herausforderungen. Wenn ich in diesen Haushalt schaue, dann sehe ich: Er spricht nur eine Sprache. Finanzminister Christian Lindner hat deutlich gemacht: Jenseits des gesetzlichen Grundzuschusses zur GKV wird es keine Unterstützung in diesem Bereich geben. Und deshalb sind einschneidende Reformen notwendig.
Im Bereich der Krankenhäuser stockt die Reform; es wird über Geld gestritten. Im Bereich der ambulanten Versorgung der Krankenhäuser sind die Unterstützungsmaßnahmen ausgelaufen; aber was Neues gibt es noch nicht. Ärzte, Apotheker und Pflegekräfte sind desillusioniert, und die Versorgungsstruktur im ländlichen Raum, gerade was Apotheken angeht, wird langsam zurückgefahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, am Anfang war das Licht. Schaue ich mir am Ende den Schatten an, so finde ich: Wir können als Unionsfraktion diesem Haushalt leider nicht zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat Svenja Stadler für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7606687 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 151 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |