01.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 151 / Einzelplan 15

Karsten KleinFDP - Gesundheit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Ich will mich zu Beginn natürlich erst mal dem Dank an meine Mitberichterstatterinnen und Mitberichterstatter anschließen, liebe Svenja, liebe Paula, aber auch an dich, lieber Helge. Herzlichen Dank auch an den Kollegen Wiehle für die Hauptberichterstattung und natürlich auch an das Ministerium und den Minister!

Herr Minister, Sie werden sich vielleicht wundern, dass ausgerechnet ich Sie heute besonders lobe.

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das teilt er sich ein!)

Aber ich muss wirklich sagen: Sie haben momentan einen wirklich sehr schweren Stand und mit den Bundesländern eine sehr schwierige Aufgabe zu bewältigen. Ich werde gleich noch mal darauf kommen. Dafür schon mal zu Beginn herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Wiehle, ich wollte eigentlich gar nicht darauf eingehen, aber Sie haben wieder Behauptungen aufgestellt, die man so einfach nicht stehen lassen kann. Deshalb will ich zwei Vorbemerkungen machen.

Zuallererst. Sie haben sich dieses Mal zwar eine Begründung zusammengeschustert, warum Sie gegen die Mittel für internationale Gesundheitsorganisationen votieren, aber seitdem die AfD im Deutschen Bundestag sitzt, machen Sie das bei allen Haushaltsberatungen. Sie stellen immer wieder Anträge, die Mittel für die internationalen Gesundheitsorganisationen zu streichen. Ich will Ihnen noch mal zurufen: Krankheiten kennen keine Grenzen. Die hält auch nicht der Zoll auf, sondern es ist in unserem immanenten Interesse, dass wir Krankheiten und Pandemien international und gemeinsam bekämpfen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens möchte ich auch einer anderen Behauptung ganz deutlich entgegentreten. Sie haben das hier heute ein bisschen unterschwellig in einem Subtext formuliert, aber im Ausschuss war das sehr klar. Die Behauptung, dass die Weltgesundheitsorganisation hier in Deutschland mit direktem Zugriff Freiheitsrechte einschränken kann, ist falsch; die entbehrt jeglicher Grundlage.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Axel Müller [CDU/CSU])

Über Freiheitseinschränkungen, wie sie in einer Pandemie nötig sein mögen, können wir hier streiten. Aber die werden im Zweifel hier in diesem Parlament beschlossen und nicht irgendwo anders. Hier werden diese Entscheidungen getroffen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Finanzierung des Gesundheitssystems steht am Scheideweg. Wir haben eine Legislaturperiode erlebt – die letzte Legislaturperiode –, in der sehr viele Leistungsgesetze mit erheblichen Kostensteigerungen für die gesetzlichen Krankenversicherungen beschlossen worden sind. Sie selbst gehen davon aus, dass das eine volle Jahreswirkung von 8 Milliarden Euro hat.

Wir hatten die Coronakrise, in der der Bund erhebliche Mittel ins System gegeben hat, aber mit der Folge, dass viele unserer Strukturen, die nicht mehr nötig sind, fortwährend finanziert worden sind. Und wir haben die Situation, dass die Bundesländer über Jahre hinweg ihrer Verantwortung bei der Krankenhausfinanzierung nicht nachgekommen sind.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

All das führt jetzt dazu, dass dieses Gesundheitssystem extrem in Schieflage ist. Warum diskutieren wir das als Bundeshaushälter? Weil es im Bundeshaushalt mit 14,5 Milliarden Euro einen Bundeszuschuss gibt. Und wenn der Druck im System steigt, dann ist das Erste, nach dem viele Akteure im Gesundheitssystem schreien, ein höherer Bundeszuschuss, weil der nämlich angeblich anonym ist.

In Wahrheit ist es so, dass sich Bund und Länder bei den Reformen verhakt haben, und das wird bei der Krankenhausfinanzierung zum Großteil auf dem Rücken der Kommunen ausgetragen. Unsere Kommunalpolitiker von Union, FDP, Grünen und SPD müssen vor Ort austragen, dass zum Beispiel enorme Betriebskostenzuschüsse geleistet werden müssen, weil sich Bund und Länder nicht einigen können.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen auf kommunaler Ebene erklären, warum die Kita und die Schule nicht saniert wird: weil wir Millionenbeträge in die Krankenhäuser pumpen. Deshalb, glaube ich, ist es wirklich an der Zeit, Herr Bundesminister, dass wir, wenn die Länder nicht bereit sind, freiwillig mitzumachen, Mittel finden, sie zu zwingen. Auf jeden Fall dürfen wir ihnen nicht weiter zusätzliches Geld geben, ohne dass sie endlich zu Reformen bereit sind.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Laut Bericht des Bundesrechnungshofes oder auch des „Ärzteblatts“ fehlen Milliardenbeträge: 4 Milliarden Euro fehlen laut Bundesrechnungshof, 30 Milliarden Euro fehlten laut dem „Ärzteblatt“ in den letzten zehn Jahren für die Krankenhausfinanzierung.

Ich kann mich hier noch an die Rede zur Einbringung des Gesetzentwurfs erinnern. – Ich wollte heute übrigens großzügig sein: Für jeden anwesenden Vertreter auf der Länderseite – es ist keiner da –

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP)

hätte ich 1 Milliarde Euro für die Krankenhäuser zur Verfügung gestellt. Ich kann mich noch an die Rede des damaligen bayerischen Gesundheitsministers Holetschek erinnern; Herr Holetschek ist ja jetzt Fraktionsvorsitzender der CSU. Er hat damals vollmundig 800 Millionen Euro für die Krankenhausfinanzierung in Bayern angekündigt.

Dazu muss man zwei Dinge sagen: Erstens. Die Krankenhausgesellschaft in Bayern hat schon gesagt: Es wäre mindestens 1 Milliarde Euro nötig. Zweitens. In Bayern zahlen die Kommunen die Hälfte der Krankenhausinvestitionsförderung und nicht der Freistaat Bayern, obwohl es seine Aufgabe wäre.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man schmückt sich also hier mit fremden Federn.

Es kommt ja noch schlimmer; denn die Investitionsförderung reicht ja gar nicht aus. Das ist im gesamten Bundesgebiet so, aber auch in Bayern. Meine Heimatstadt Aschaffenburg musste in den letzten zehn Jahren 30 Millionen Euro für die Krankenhausinvestitionen bereitstellen. Wir machen das in der Region gemeinsam mit dem Landkreis. Das sind 60 Millionen Euro, die den Kommunen dort für Kitas und für Schulsanierungen fehlen. Das ist eine Zeitbombe, die vor Ort tickt. Dieses Problem müssen die Länder endlich mal lösen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Versäumnisse auf Landesebene bei den Investitionskosten, bei den fehlenden Strukturreformen haben erhebliche Auswirkungen auf die Betriebskosten. Arbeitsplatzabläufe sind veraltet, es gibt keine attraktiven Arbeitsbedingungen, dagegen gibt es hohe Energiekosten und Überkapazitäten. Deshalb ist der Handlungsdruck extrem hoch.

Der Bundesgesundheitsminister hat den Ländern 6 Milliarden Euro Liquiditätshilfen angeboten. Die Länder haben diese einfach ausgeschlagen und laufen gleichzeitig durchs Land und fordern ständig 5 Milliarden Euro. Diese könnten die Krankenhäuser schon längst haben, wenn sie endlich mal von ihrer Blockadepolitik wegkommen und das Krankenhaustransparenzgesetz beschließen würden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zum Abschluss, Herr Bundesminister, möchte ich aber noch einen Appell loswerden: Ich finde es schwierig, wenn wir von Entökonomisierung im Gesundheitssystem sprechen. Das schafft bei den Akteuren eine falsche Erwartungshaltung.

(Widerspruch des Abg. Ates Gürpinar [fraktionslos])

In einem System, in dem 300 Milliarden Euro bewegt werden – Einnahmen und dann natürlich auch Ausgaben –, ist es wirklich richtig – also allein bei der GKV, da hat Frau Kollegin Piechotta völlig recht –, dass man auf Einnahmen und Ausgaben schaut.

Kollege.

Unser Bundeszuschuss hängt im Übrigen an dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Und daran werden wir natürlich –

Herr Kollege.

– auch die Reformen im Gesundheitssystem messen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Tino Sorge für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7606691
Wahlperiode 20
Sitzung 151
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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