Esther DilcherSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Özdemir! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! In dieser Debatte über den Haushalt des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung wurde und wird vermutlich in jeder Rede auf die Proteste der Landwirte eingegangen.
(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Jawohl!)
Einige – das haben wir auch schon gesehen – werden versuchen, die Schuld der derzeitigen Koalition in die Schuhe zu schieben – was teilweise ja auch durch die Proteste der Landwirte ausgedrückt wird: die Ampel am Galgen, abgelagerter Mist vor den Büros der Koalitionsabgeordneten
(Beifall des Abg. Mike Moncsek [AfD] – Gegenruf der Abg. Anke Hennig [SPD]: Schämen Sie sich!)
– waren Sie es vielleicht? – oder sogar Fäkalien in den Briefkästen.
Ich weiß es zu schätzen, dass Landwirte aus meinem Wahlkreis bei mir angerufen haben, sich für die Vorgehensweise ihrer Kollegen entschuldigt und sich von deren Verhalten distanziert haben. Danke dafür nach Hause!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich will keineswegs den einfachen Weg gehen und die Schuld für diese Misere auf die Verantwortung der Landwirtschaftsminister der CDU in den vergangenen Jahren unter einer Kanzlerin Angela Merkel schieben; das wäre viel zu einfach und zu billig.
Aber die Landwirte in meinem Wahlkreis in Nordhessen sagen mir auch, was ihre Wahrnehmung ist: In den vergangenen Legislaturperioden wurde ein großes Fass mit Maßnahmen und Regeln für die Landwirtschaft gefüllt, und leider wurde es durch die im Bundeshaushalt 2024 erforderlichen Sparmaßnahmen gerade jetzt zum Überlaufen gebracht. Ich habe eben schon dazwischengerufen, Kollege Rief: 121 gesetzliche Änderungen im Agrarsektor seit 1. Januar 2013 im Kabinett.
Wir als Regierungskoalition haben jetzt die Chance, Gespräche mit den Betroffenen zu führen, und zwar lösungsorientiert.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das hättet ihr früher machen können! – Stephan Protschka [AfD]: Das macht man, bevor man etwas ändert!)
Und das – das müssen Sie sich in der Opposition schon vorhalten lassen – haben Sie versäumt. Auch das kommt von den Landwirten aus meinem Wahlkreis, da wird die Enttäuschung geäußert: Wir hatten ja auch mal eine Weinkönigin als Ministerin, die leider auch nichts bewegt hat.
(Zuruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nach der Bereinigungssitzung im November war bereits ein Agrarthema abgeräumt: die Kürzung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Zur Aufteilung und zur Umstrukturierung und Überführung der Sonderrahmenpläne in die allgemeinen GAK-Mittel hatte ich in der Einführung des Haushalts schon geredet; das kann man also nachlesen. Die Mittel wurden um weitere 66 Millionen wieder aufgestockt, auf jetzt gut 900 Millionen. Ich denke, meine Kollegin Hagl-Kehl wird sich dazu noch weiter äußern. Und was wir auch erreicht haben: Nicht abgerufene Mittel sollen unter den Ländern nach dem 31. August umverteilt werden können.
An die Adresse der Landjugend, die uns alle mit Briefen nicht zugeschüttet hat, aber zu Recht noch mal Kritik geäußert hat
(Stefan Keuter [AfD]: Keine Anrufe?)
– doch; ich habe mit denen sogar auf der Grünen Woche gesprochen –, sei erwähnt, dass die Kürzungen im Bereich „Zuschüsse für zentrale Informationsveranstaltungen Landjugend, Landfrauen und Landvolkverbände sowie ländliche Bildungseinrichtungen“, also für diesen gesamten Titel, vorgenommen wurden, weil diese Mittel, die wir gekürzt haben, in den letzten Jahren nicht abgeflossen sind. Also werden vermutlich gar keine Einschränkungen bei den Programmen dieser Bildungseinrichtungen passieren.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Man kann sich alles schönreden!)
Für den Wald stehen Mittel zur Aufforstung im Einzelplan 60 zur Verfügung – im Einzelplan 10 sind sie zum Ende des Jahres ausgelaufen –; wir haben dort 125 Millionen Euro.
Der Kollege Schäfer hat es schon gesagt: Ein neues Chancenprogramm Höfe unterstützt, mit weiteren 47 Millionen Euro, Betriebe, die von Nutztierhaltung auf die Produktion innovativer Proteine für die Humanernährung umstellen wollen.
Was ich gut finde: Im Bereich der Sozialversicherung haben wir in den vergangenen Haushalten Geld für die Beratung der Saisonarbeiter eingestellt. Und jetzt konnten erste Früchte eingefahren werden: Auf der Grünen Woche konnte die zuständige IG BAU ein Kooperationsabkommen mit den zuständigen Gewerkschaften aus Polen, Rumänien und Bulgarien unterzeichnen, was eine ganz zielgerichtete Beratung der Saisonarbeiter vor Ort, in ihren Heimatländern durch Unterstützung der SVLFG ermöglicht. Ich finde, das ist ein großartiger Erfolg für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung und Regionale Wertschöpfung“, BULEplus, erhält zusätzlich zum Regierungsentwurf weitere Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 8,5 Millionen Euro. Also, wer vorhin gehört hat, hier wird nur gespart und gespart und gespart, der sieht jetzt: Das ist nicht der Fall. Vielmehr haben wir einfach andere Prioritäten gesetzt, als Ihnen das vielleicht lieb wäre.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stefan Keuter [AfD]: Sie hauen ja auch 31 Milliarden mehr raus!)
Der in Aussicht stehende Mittelzufluss für umweltschonende Fischerei – das hat die Kollegin Schielke-Ziesing ja auch gesagt – wurde zwar erheblich, auf 135 Millionen Euro, gekürzt, aber uns Sozialdemokraten ist es schon wichtig, dass es bei einer einmaligen Kürzung in diesem Umfang bleiben wird. Und seien Sie gewiss, dass wir schon im Austausch mit den Fischern sind –
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Die haben bestimmt schon angerufen!)
ich habe mich sogar schon mehrfach an der Küste aufgehalten – und dass ich auch eingeladen werde, weil man durchaus ein Interesse daran hat und sich darauf verlässt, dass wir uns kümmern werden.
(Beifall bei der SPD – Anke Hennig [SPD], an die CDU/CSU-Fraktion gewandt: Euch will keiner haben!)
Ich weiß, dass die CDU/CSU sich an die Spitze der Protestbewegung der Landwirte setzt; der Kollege Rief macht das ja auch immer im Haushaltsausschuss als starker Vertreter.
(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Guter Mann!)
Es heißt von Ihnen immer, das sei insgesamt, in der Summe zu wenig für den ländlichen Raum. Aber selbst – das darf man ruhig erwähnen – hat CDU/CSU keinen einzigen Antrag zu diesem Haushalt 2024 eingebracht, keinen einzigen!
(Zuruf von der SPD: Hört! Hört! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie können morgen in der Abstimmung unserem Antrag zustimmen!)
Und jemand, der Neuwahlen fordert und die Regierung kritisiert, sollte doch zumindest seine Vorstellungen kundtun, welche Kürzungen Wählerinnen und Wähler von dieser Opposition in welcher Höhe und bei welchen Maßnahmen zu erwarten hätten.
(Beifall bei der SPD)
Ich kann Ihnen dazu schon sagen, dass den Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU die ländlichen Räume und die Kommunen so wichtig sind, dass sie die Förderprogramme für den ländlichen Raum für Kommunen zur Sanierung von Sportstätten, Jugend- und Kultureinrichtungen abgelehnt haben.
(Zuruf von der SPD: Ach nee!)
Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, gerade die in den ländlichen Räumen, werden erkennen: In Ihren Luftschlössern, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, kann niemand wohnen, Sport treiben oder Treffpunkte einrichten.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Liebe Landwirte, ist es wirklich eine Alternative, wenn einige von Ihnen der AfD hinterherlaufen, ohne in deren Parteiprogramm zu schauen? Dort steht: Abbau sämtlicher Subventionen für die Landwirtschaft.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Aha!)
Meine Damen und Herren Landwirte, Sie haben die Wahl.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir aber stellen uns den durchaus unbequemen Herausforderungen und legen einen Haushalt vor, der Investitionen ermöglicht und Förderprogramme bereitstellt und trotzdem einen Beitrag zum Sparen leistet.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der nächste Redner ist für die FDP-Fraktion Frank Schäffler.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 151 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |