Yannick BuryCDU/CSU - Zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz, Haushaltsgesetz 2024 (3. Beratung)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Fricke, Sie haben jetzt, glaube ich, in den vier Minuten Ihrer Redezeit drei Minuten über die Opposition gesprochen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Weil ihr mir wichtig seid!)
So wenig haben Sie zu Ihrem eigenen Haushalt zu sagen! Ich kann ja verstehen, dass Sie an dieser Stelle wenig über Ihr Haushaltsverfahren sagen wollen.
(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Debatte im Parlament! Rede und Gegenrede!)
In Wahrheit ging es doch bei den Haushaltsberatungen, auf die wir heute zurückblicken, nicht nur um den Bundeshaushalt 2024, sondern seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. November des vergangenen Jahres ging es bei den Haushaltsberatungen doch in Wahrheit darum, dass das Bundesverfassungsgericht Ihre komplette Finanzplanung für die gesamte Wahlperiode für verfassungswidrig erklärt hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Nein! Das stimmt nicht!)
Und das Bundesverfassungsgericht hat gleichzeitig klargemacht, dass das Vorgehen, das Sie sich ursprünglich ausgedacht haben, nämlich die komplette Wahlperiode aus Sondervermögen über Schulden zu finanzieren, so nicht funktioniert.
(Peter Boehringer [AfD]: Warum klagen Sie dann nicht?)
Dieses Urteil wäre für Sie doch eigentlich Chance und Möglichkeit gewesen, auf der einen Seite mal einen Moment innezuhalten und zu versuchen, die Finanzplanung für diese Wahlperiode auf ein solides haushaltspolitisches Fundament zu stellen,
(Otto Fricke [FDP]: Aber die Finanzplanung macht doch gar nicht der Deutsche Bundestag! Die Planung machen wir doch gar nicht!)
und auf der anderen Seite, bereits jetzt in diesem Haushalt die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Sie könnten einen Haushalt aufstellen, der in einer wirtschaftlich schwierigen Lage den Schwerpunkt auf Wachstum setzt, der einen Schwerpunkt auf innere und äußere Sicherheit in einer geopolitisch schwieriger werdenden Lage setzt. All das machen Sie nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Oh doch!)
Trotz der Zäsur vonseiten des Bundesverfassungsgerichts haben Sie das Grundproblem Ihrer Haushaltspolitik nicht gelöst, weil Sie sich da nicht rangetraut haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Grundproblem ist, dass am Ende jeder der Koalitionspartner an seinen individuellen Wunschprojekten festhält. Manchmal hat man den Eindruck, bei den Koalitionsrunden müsste noch ein Zirkuspädagoge mit dabei sein, damit am Ende überhaupt irgendwie eine Einigung zustande kommt.
Genau deswegen setzen Sie nicht die richtigen Schwerpunkte, sondern halten vor allem an Ihren Wunschprojekten fest. Deswegen bekommen Sie diesen Bundeshaushalt 2024 auch nur zustande, indem Sie zum einen 39 Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufnehmen, indem Sie zum anderen in das „Sondervermögen Bundeswehr“ und in die Rücklage der Rentenversicherung – zumindest indirekt – greifen und indem Sie zusätzliche Mehrbelastungen auf die Bevölkerung abwälzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aufgrund dieser Gemengelage kann ich es ja verstehen, dass der eine oder andere aus Ihrer Koalition dann den bequemsten Ausweg sucht und die Schuldenbremse aushöhlen oder im Zweifel gar ganz abschaffen will.
(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer will sie denn abschaffen? Niemand sagt das!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, warum wir klare und strikte Fiskalregeln in diesem Land brauchen, dann ist es diese Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gleichzeitig kann ich mich nur wundern, wie schnell der eine oder andere offenbar die Lehren aus der Finanz- und Staatsschuldenkrise des vergangenen Jahrzehntes schon wieder vergessen hat, sowohl im nationalen als auch, lieber Herr Finanzminister, leider im europäischen Kontext. Denn auch auf europäischer Ebene haben Sie es in den vergangenen Wochen und Monaten verpasst, eine Neuregelung des Stabilitäts- und Wachstumspakts auf den Weg zu bringen, der Solidität in Europa weiter sicherstellt.
Im Ergebnis bekommen wir jetzt ein Regelwerk auf europäischer Ebene, das komplexer ist. Wir bekommen ein Regelwerk, bei dem die Ermessensspielräume der Kommission bei der Haushaltskontrolle der Mitgliedstaaten noch mal ausgeweitet werden. Und wir bekommen mehr Spielräume für Verschuldung, wir bekommen mehr Spielräume für Defizite.
Herr Minister, die „FAZ“ schreibt, wie ich finde, sehr zu Recht – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: Zwei Jahre lang hat sich der Finanzminister „als Hüter der europäischen Stabilität“ aufgeführt. Die Einigung in Brüssel zeigt: Diese „monatelange Selbstinszenierung“ hätte er sich auch sparen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Minister, das Problem an dieser Einigung ist nicht so sehr die Frage, ob Sie sich da jetzt persönlich durchgesetzt haben oder nicht, sondern das Problem ist, dass diese Einigung im Ergebnis wieder finanzpolitische Risiken in Europa entstehen lässt. Deswegen ist Ihre Haushaltspolitik nicht nur im nationalen, sondern auch im europäischen Kontext eine Abkehr von Stabilität, und Ihre Bekundungen sind leider weiterhin nur Lippenbekenntnisse.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt 2024 wäre für Sie als Koalition die Chance gewesen, Ihre Politik auf ein solides Fundament zu stellen und die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Diese Chance haben Sie leider verpasst. Für unser Land wäre es notwendig gewesen, einen Haushalt der Chancen zu schnüren, und für Europa wäre es notwendig gewesen, auf finanzpolitische Stabilität zu setzen. Jedes dieser Ziele verpassen Sie. Und deswegen lehnen wir den Haushalt heute ab.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fundamentalopposition!)
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Frank Junge.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7606757 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz, Haushaltsgesetz 2024 (3. Beratung) |