Frank JungeSPD - Zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz, Haushaltsgesetz 2024 (3. Beratung)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zwei Bemerkungen vorausschicken. Zum einen: Herr Braun, Sie haben mit dem Dank und dem Aspekt des Zirkuspädagogen eine inhaltliche Richtung eingeschlagen, die ich im völlig umgekehrten Sinne aufgreifen möchte. Der Dank gilt nämlich aus meiner Sicht den Verantwortlichen für diesen Haushalt vor allen Dingen deshalb, weil es uns gelungen ist, in dieser sehr schweren Situation mit unterschiedlichen Präferenzen, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und sehr geräuschlos einen Kompromiss herzustellen, einen demokratisch wichtigen Kompromiss.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: „Geräuschlos“!)
– Ingo, ich komme gleich auch noch zu dem, was eure Rolle dabei gewesen ist.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ist schon klar!)
Unter dem Aspekt des Zirkuspädagogen bezeichne ich das, was uns da gelungen ist, durchaus als artistisch wertvoll, und unter dem Aspekt ordne ich auch diesen Dank ein.
Zum anderen will ich sagen, dass wir im Rahmen der Arbeit im Haushaltsausschuss eine Form gewählt haben, die uns, denke ich mir, gerade bei unterschiedlichen Positionen wohltuend unterscheidet von der Bundesregierung, bei der manchmal etwas ziemlich geräuschvoll nach draußen getragen wird. Wir haben es geschafft, in einer schwierigen Situation Kompromisse herbeizuführen und uns erst zu einigen und dann damit nach draußen zu gehen. Das ist etwas, was es auch zu unterstreichen gilt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Am Ende kann man trotz des Urteils in Karlsruhe und den Nachbesserungen, die wir im Haushalt vornehmen mussten, sagen: Wenn uns 17 Milliarden Euro für zukunftswichtige Investitionen wegfallen, wenn wir immer noch Krisenauswirkungen von Corona haben, wenn wir eine Energiekrise haben wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg und wenn vor allen Dingen auch die weltweite Wirtschaft Schwierigkeiten hat, worunter wir als Exportnation in besonderer Weise leiden, wenn uns also 17 Milliarden Euro wegfallen, dann ist es nicht leicht, diese Aufgaben trotzdem alle irgendwie unter einen Hut zu kriegen. Das kann sich sicherlich jeder verstehen.
Dieser jetzt vorliegende Haushalt ist aber einer, der mit dem guten Kompromiss in das angebrochene Jahr geht, dass wir sowohl die äußere Sicherheit gewährleisten als auch Wert auf die innere Sicherheit legen und – Sie als Union würden das mit einer Sozialstaatsrasur sicherlich anders machen – dass wir auch mit Blick auf soziale Sicherheit unsere Akzente setzen
(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
und die Bürgerinnen und Bürger nicht als die Leidtragenden stehen lassen, die das alles auszubaden haben. Uns gelingt es, mit diesem Haushalt alles zusammenzukriegen, damit wir investieren können.
An diesem Punkt will ich es mir gestatten, insbesondere noch einmal auf Ostdeutschland zu verweisen. Wir haben dort die Mittel für die GRW, das Strukturschwächebekämpfungsprogramm, auf hohem Niveau gehalten. Wir investieren in die Infrastruktur der Halbleiterindustrie in Magdeburg und in Dresden. Und vor allen Dingen gelingt es uns auch vor dem Hintergrund der bereits getroffenen Entscheidung für den Standort Leuna, wo es um alternative Schiffs- und Flugtreibstoffe geht, die Investitionen zu sichern, bei denen sonst im Haushalt gekürzt worden wäre. Das ist etwas, wo man ganz klar die Fahnen hochhalten muss.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Einen Aspekt möchte ich hier mit Blick auf Ihre Rolle in diesem Verfahren noch erwähnen: Es reicht eben nicht, einfach nur die Menge der Anträge, die irgendwann mal ins Verfahren gegeben worden sind, zu nennen. Man muss auch, wie einige Vorredner schon erklärt haben, klar aufzeigen – im Sinne von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit –, wo man Geld rausnimmt, wenn man an anderer Stelle mehr in den Pott tun will. Das tun Sie nicht. Sie streuen der Öffentlichkeit und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen.
Vor allen Dingen will ich hier auf einen aus meiner Sicht nennenswerten Antrag zu sprechen kommen, den Sie für sehr wertvoll halten, wo Sie aber lediglich fordern, dass das Finanzministerium zukünftig nur noch die Verwendung selbstklebender statt nassklebender Briefmarken unterstützen soll.
(Otto Fricke [FDP]: Ui!)
Wenn das mit Blick auf die Arbeit im Haushaltsausschuss Ihr Schwerpunkt sein soll, dann frage ich mich wirklich, wo Sie Ihre Schwerpunkte sehen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Christian Haase [CDU/CSU]: Wir haben doch gar keinen Antrag gestellt!)
Das hilft unserem Standort wirklich nur bedingt.
Abschließen möchte ich mit der klaren Feststellung, dass wir diese Krise leider noch ein Weilchen haben werden. Dieser Haushalt hilft, Schritt für Schritt weiter aus ihr herauszukommen. Aber wenn demokratische Fraktionen hier in diesem Bundestag nicht in der Lage sind, zusammenzuarbeiten, weil sich einige ganz bewusst davon ausnehmen, dann verschenken wir Kraft und Kapazität, die wir uns vor dem Hintergrund der aktuellen Situation nicht leisten können. Vor dem Hintergrund mein klarer Appell, mein direkter Aufruf, diese Blockadepolitik aufzugeben,
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ach, das ist doch Blödsinn!)
damit wir mit Blick auf die zukünftigen Dinge wieder schneller vorankommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Michael Espendiller.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7606758 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 152 |
Tagesordnungspunkt | Zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz, Haushaltsgesetz 2024 (3. Beratung) |