Renata AltFDP - Aktuelle Stunde - Folgen aus dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Braun, es ist beschämend,
(Stephan Brandner [AfD]: ... dass er die Wahrheit ausspricht! Sie können die Wahrheit nicht ertragen!)
wie Sie diese traurige Situation für Ihre eigene Propaganda missbrauchen.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Die demokratischen Altfraktionen klatschen alle! Wie in Russland! Das war ja der Klassiker jetzt! – Jürgen Braun [AfD]: Keine Angst vor Fakten, Frau Alt! Der Beweis! Das ist der Beweis!)
Vor dreieinhalb Jahren stand ich an diesem Pult und sprach über Alexej Nawalny. Damals wurde er vergiftet; sein Schicksal war ungewiss. Heute darf ich erneut über Alexej Nawalny sprechen. Diesmal sind alle Ungewissheiten ausgeräumt. Alexej ist tot.
Zurück bleiben Wut und Trauer. Mein Beileid geht an seine Witwe Julija, seine Kinder und seine Mitstreiter. Ich fühle mit ihnen. Mit seinem Tod stirbt auch die Hoffnung auf ein wundervolles Russland der Zukunft, an das er geglaubt und das er zu schaffen versucht hat. Es gibt offensichtlich keinen Platz mehr für eine liberale prodemokratische Zivilgesellschaft im heutigen Russland. Das Regime Putins bringt diesen Menschen nichts außer Hass und Gewalt entgegen. Nicht mal Trauer um Alexej Nawalny ist in Russland möglich. Wer Blumen niederlegen will, wird verhaftet und für mehrere Tage eingekerkert.
(Johannes Schraps [SPD]: Leider wahr!)
Im heutigen Russland gibt es keine Menschenrechte mehr. Jeder Kritiker wird zum Schweigen gebracht.
Das Schlimmste ist: Es war abzusehen. Wir dürfen uns nicht aus der Verantwortung stehlen. Die Entwicklungen in Russland unter Wladimir Putin hätten uns schon früh aufhorchen lassen müssen:
(Stephan Brandner [AfD]: Sie machen das doch nach hier in Deutschland!)
In dem brutalen Tschetschenien-Krieg wurde Grosny dem Boden gleichgemacht, so wie es nun in Mariupol und Awdijiwka passiert ist. Politische Morde an Journalistinnen und Oppositionellen: Natalja Estemirowa, Sergej Magnitskij, Anna Politkowskaja, Boris Nemzow – alle sind tot. Und wie hat der Westen reagiert? Kurze Empörung, aber Folgen hatte es keine. Nie wurden konsequente Maßnahmen getroffen, nie wurde hart genug durchgegriffen, und wenn es Sanktionen gab, wie nach der Krimannexion, waren diese halbherzig und eher unwirksam. Meine Damen und Herren, die Naivität Deutschlands und der EU im Umgang mit Putins Russland hat Leben gekostet. Das darf sich nie wiederholen.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und Alexej Nawalny ist nur das prominenteste Opfer dieser Beschwichtigung. In russischen Gefängnissen werden noch viele russische Oppositionelle und ausländische Bürger willkürlich gefangen gehalten: Wladimir Kara-Mursa, Ilja Jaschin, Evan Gershkovich. Sie alle müssen umgehend freigelassen werden.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Alexej Nawalny ist tot, doch sein Vermächtnis bleibt. Alexej hat es doch aufgedeckt, welche unglaublichen Summen Putin und seine korrupten Eliten angehäuft haben. Ich appelliere an die Bundesregierung: Jetzt müssen weitere personenbezogene Sanktionen folgen. 6 000 Namen hat Nawalny genannt; aber nur rund 1 000 Personen wurden von der EU sanktioniert. Da ist noch ordentlich Luft nach oben.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Spärlicher Beifall bei der SPD-Fraktion!)
Wir müssen es außerdem den Anhängern Nawalnys, den Vertretern der prodemokratischen Opposition, weiterhin ermöglichen, in Deutschland und in der gesamten EU der Verfolgung durch Putins Schergen zu entgehen. Unsere Zusammenarbeit mit der russischen Zivilgesellschaft muss im Exil fortgesetzt werden. Und wir müssen weiterhin mit allen Kräften die Ukraine unterstützen; denn an der ukrainischen Front entscheidet sich das Schicksal der Freiheit in ganz Europa.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Ich weiß, wie aussichtslos sich das Leben in einem diktatorischen Regime anfühlt. Jahrzehntelang haben wir im ehemaligen Ostblock gegen den Eisernen Vorhang gekämpft. Wir haben nie die Hoffnung aufgegeben, dass wir eines Tages in Freiheit leben werden. Heute will ich den Anhängern von Alexej Nawalny, mutigen russischen Oppositionellen, Journalistinnen und Journalisten zurufen: Verliert nicht die Hoffnung, gebt nicht auf! Russland wird frei sein. – Oder wie Alexej Nawalny gesagt hat: Ne sdawajtes! Rossija budet swobodna.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die SPD-Fraktion hat Fabian Funke das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Robin Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Ulrich Lechte [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607122 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 153 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Folgen aus dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny |