Ulrich LechteFDP - Aktuelle Stunde - Folgen aus dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sämtliche Vergleiche Deutschlands freier Demokratie mit Russlands Regime
(Jürgen Braun [AfD]: Des besten Deutschlands aller Zeiten!)
seitens der AfD sind unterste Schublade, niveaulos, abgrundtief schamlos.
(Stephan Brandner [AfD]: Schon gestern, Herr Lechte! – Jürgen Braun [AfD]: Gerade Sie!)
Sie sind die Totengräber der Demokratie, des Teufels Putin oberste Verbündete in Deutschland. Jeder Demokrat muss alles dafür tun, damit Sie niemals in diesem Land irgendwas zu sagen bekommen.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)
Meine Damen und Herren, wir sprechen hier heute aus einem sehr bitteren und traurigen Anlass.
(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Letzten Freitag wurde der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny in einer sibirischen Strafkolonie für tot erklärt – ein gezielter Mord.
(Jürgen Braun [AfD]: Gerade Sie, Herr Lechte!)
Sein Mörder: Wladimir Putin. Mord, wie es auch bei Boris Nemzow, Aleksandr Litwinenko oder Anna Politkowskaja der Fall war, Mord an einer unliebsamen Stimme, an einem ständigen Kritiker des Regimes, an einem oppositionellen Störfaktor, der es sich hätte leicht machen können und nach dem knapp überlebten Giftanschlag vor vier Jahren auch hier bei uns in Deutschland hätte leben können, der es aber vorzog, den Kampf gegen Putin und sein kleptokratisches Regime von innen, aus Russland heraus, zu führen. Am Ende hatte Alexej Nawalny über 1 120 Tage in Haft verbracht, unzählige davon in grausamer und menschenunwürdiger Isolationshaft.
Aber auch aus dem Gefängnis heraus hat er für eine bessere russische Zukunft, für Freiheit und Demokratie gekämpft – Dinge, die für uns Alltag und Selbstverständlichkeit sind, in Putins Welt aber mittlerweile keinen Platz haben. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen mutigen Kampf hat Alexej Nawalny letztlich mit seinem Leben bezahlt. Nun mag Putin womöglich denken, dass dieser Akt eine Demonstration von Stärke war, ein Signal an uns, den Westen, dass seine Macht grenzenlos sei und er jederzeit darüber entscheiden könne, wer in seinem System lebt oder stirbt.
Für mich aber – und ich hoffe, Sie stimmen mir darin zu – war das ein Signal von Schwäche; denn Putin zeigt damit ganz deutlich, wie fragil sein System in Wirklichkeit ist. Sogar hinter Gittern in Sibirien verpackt, betrachtete er Nawalny als mögliche Gefahr. Und wie groß die Angst Putins nach dessen Tod ist, zeigen die vielen kursierenden Bilder von Festnahmen in Moskau, Sankt Petersburg und anderen russischen Städten. Die russische Zivilgesellschaft darf weder Mitgefühl ausdrücken noch Blumen niederlegen. Auch die Tatsache, dass die Hinterbliebenen um den Leichnam kämpfen müssen, zeigt die ganze Verachtung Putins und seiner Schergen.
Sollte Putin die Wahlen im März ein fünftes Mal gewinnen, gelingt ihm das nur noch, indem er Angst als Machtinstrument benutzt, indem er friedliche Nachbarstaaten überfällt, kritische Oppositionelle ermordet, kremlkritische NGOs verbietet und Gegenkandidaten kaltstellt, unabhängige Presse wegsperrt, mordet und tötet und damit Russland immer weiter politisch, wirtschaftlich und auch gesellschaftlich abschottet.
Für mich steht fest: Putin wird sich früher oder später für seine Taten verantworten müssen. Wir als gesamte zivilisierte, liberale Staatengemeinschaft und der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag werden sicherlich nicht wegschauen, wenn es so weit ist. Bis dahin müssen wir den Preis für Putins Handeln in Form von zielgerichteten Sanktionen weiter in die Höhe treiben und der Ukraine sowohl militärisch als auch finanziell beistehen.
Das vom Kanzler neu zugesagte Waffenpaket im Wert von 1,1 Milliarden Euro und auch die am vergangenen Freitag neu geschlossene Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine ist ein deutliches und richtiges Signal, was ich an der Stelle auch hervorheben möchte.
Aber es braucht definitiv mehr, und wir können auch ohne Zweifel mehr leisten, aber auch Partner wie Frankreich, Italien und Spanien noch mehr in die Pflicht nehmen. Unsere westlichen Industriekapazitäten sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Es bedarf jetzt schnellerer, nachhaltigerer und umfassenderer Waffen- und Munitionslieferungen aller Staaten der freien Welt, damit die Ukraine diesen Freiheitskampf, den sie auch für uns kämpft, gewinnen kann.
Als Freier Demokrat bin ich davon überzeugt, dass Freiheit früher oder später immer siegen wird; denn das Streben nach Freiheit lässt sich nicht dauerhaft unterdrücken.
(Martin Sichert [AfD]: Davon haben wir in der Coronazeit aber nichts gemerkt! – Weiterer Zuruf von der AfD: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
– Dass Sie jetzt über Corona anfangen zu sprechen, ist eine solche bodenlose Frechheit, Herr Brandner!
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie müssen sich mal selber zuhören, wie peinlich Sie sind. Man hat wirklich das Gefühl, dass Sie teilweise alle direkt in die Klapse gehören.
Putin ist ein lupenreiner Teufel, ist ein Diktator an der Spitze Russlands, der sein Volk dabei unterdrückt und Menschen tagtäglich tötet oder ins Verderben stürzt, und Sie fangen hier mit Corona an. Haben Sie den Knall noch gehört?
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Welchen Knall meinen Sie eigentlich? Wollen Sie uns ermorden?)
Tragen wir also mit entschlossenem Handeln dazu bei, das System Putin zu besiegen, sodass die Freiheit in Russland möglichst früh zurückkehren kann. Das wäre mit Sicherheit im Sinne Nawalnys.
Seiner Frau gilt unser Mitgefühl und unsere Unterstützung für die Fortführung der Oppositionsarbeit gegen das Kremlregime unter Putin. Der heutige Tag hat wieder gezeigt, wie niveaulos und unterirdisch die AfD ist.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ja, setz dich mal wieder hin! – Weitere Zurufe von der AfD)
Für die Unionsfraktion hat das Wort Dr. Volker Ullrich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 153 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Folgen aus dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny |