Fritz GüntzlerCDU/CSU - Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon ein wenig verwundert über diese Realitätsverweigerung der Ampelkoalition. Herr Kollege Wiener und andere Kollegen haben auf die Daten hingewiesen.
(Bernd Westphal [SPD]: Rückgang der Inflation! Vollbeschäftigung!)
Heute Nachmittag hat der Bundeswirtschaftsminister den Jahreswirtschaftsbericht vorgelegt. Er musste sich korrigieren: Wir werden im Jahr 2024 voraussichtlich nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent statt 1,3 Prozent haben.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja!)
In dieser Situation zu sagen: „Wir müssen nichts tun“, und: „Alles ist gut in Deutschland“, das ist äußerst naiv, liebe Ampelkoalition.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt doch keiner! Mal zuhören! Einfach zuhören! Ein bisschen mehr Ehrlichkeit bei euch wäre wirklich gut! – Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einmal zuhören! – Gegenruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU]: Realitätsverweigerung der Ampel!)
– Dann gucken Sie doch mal: Die „Neue Zürcher Zeitung“ titelt: „Abstieg einer Wirtschaftsmacht“. Wir sind auf dem Weg, wieder zum kranken Mann Europas zu werden.
(Bernd Westphal [SPD]: Reden Sie herbei!)
Interessant ist ja, zu beobachten, dass die Wirtschaftsentwicklung in anderen Ländern anders ist. Gucken Sie sich die Prognose des IWF an: Weltweit rechnet man mit einem Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent. Wir liegen, ich wiederhole, bei 0,2 Prozent. Ist das Ihr Anspruch? Ich glaube, nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich hatte, nachdem ich in den letzten Wochen Zeitung gelesen hatte, die Hoffnung, dass die Erkenntnis bei Ihnen langsam angekommen ist. Wir haben Finanzminister Lindner gehört, wir haben den Wirtschaftsminister gehört. Zum ersten Mal war die Lagebeschreibung so, dass man dachte: Na, Sie haben es verstanden – auch wenn Sie nicht gleichzeitig einer Meinung waren, wie man die Lösung voranbringt.
Die Zahl der Insolvenzen steigt. Übrigens, wenn hier immer gesagt wird: „Es wird so viel in Deutschland investiert“: 2022 hatten einen Kapitalabfluss von 125 Milliarden Euro. Die ausländischen Investoren wenden sich vom Standort Deutschland ab. Auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen!
(Reinhard Houben [FDP]: Das ist einfach falsch, Herr Güntzler! Kommen Sie mal in den Wirtschaftsausschuss! Dann merken Sie, dass das einfach falsch ist, was Sie sagen! – Zuruf der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Investitionen sind niedriger als in der Zeit vor Corona. Ich könnte die Aufzählung fortsetzen. Wir sind Innovationsland; doch die Zahl der Patentanmeldungen ist zurückgegangen. Die Stimmung in der Wirtschaft ist einfach schlecht, und leider nicht nur die Stimmung, sondern auch die Lage, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Darum brauchen wir ein Sofortprogramm, und da helfen wir Ihnen als Opposition. Ich will Ihnen als Finanzpolitiker sagen: Eine wichtige Stellschraube für eine erfolgreiche Angebotspolitik zur Stärkung von Wachstumspotenzialen ist immer die Steuerpolitik.
(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Oder das Wachstumschancengesetz! Stimmen Sie doch zu!)
Deutschland ist Hochsteuerland. Wir brauchen eine Steuerpolitik, die Investitionen und Innovationen anreizt. Deshalb müssen wir die Steuern auf thesaurierte Gewinne auf 25 Prozent senken; das wird höchste Zeit. Der OECD-Schnitt liegt bei 23 Prozent, der EU-Schnitt bei 21 Prozent. Hier müssen wir endlich handeln.
Und hören Sie bitte auf mit diesem Narrativ „Wachstumschancengesetz“! Zum einen hat der gesamte Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen und eine vollständige Überarbeitung angeregt, mit den A-Ländern zusammen, die jetzt auch verhandeln. Es waren auch gerade die A-Länder, die nicht 7 Milliarden Euro Entlastungen wollten, sondern nur 3 Milliarden Euro. Und wir wissen: Selbst die 7 Milliarden Euro hätten ein Wirtschaftswachstum von gerade einmal 0,05 Prozent gebracht, also gar nichts. Dieses „Wachstumschancengesetz“ ist eine reine Worthülse.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden sich die Unternehmen merken!)
Wir brauchen wirkliche Steuerpolitik, und die Dinge dafür haben wir aufgeschrieben. Handeln Sie endlich! Kommen Sie in der Realität an!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Güntzler. – Nächster Redner ist der Kollege Klaus Ernst aus der Gruppe BSW.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607190 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 153 |
Tagesordnungspunkt | Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft |