21.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 153 / Tagesordnungspunkt 4

Sebastian RoloffSPD - Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft

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Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich begeistert ja die Chuzpe, mit der die Union in wirtschaftspolitischen Debatten jedes Mal aufs Neue auftritt. Es gibt immer wohlfeile Vorschläge – über die wir gleich reden –, die dann einerseits in sich nicht stimmig und andererseits nicht gegenfinanziert sind; ich komme gleich dazu. Aber wo man Möglichkeiten hätte, mal mitzumachen, wie beim Wachstumschancengesetz, da wird monatelang blockiert.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Erzählen Sie doch noch mal was vom Bundesrat! – Heiterkeit des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU] – Julia Klöckner [CDU/CSU]: 16 Jahre Bundesrat!)

Und dann stellt man sich wie Friedrich Merz auch noch hin und erklärt ganz stolz, dass man erst gesprächsbereit ist, wenn die Frage der Agrarsubventionen noch mal auf den Tisch kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich verstehe, dass Sie bei den Bauern etwas gutmachen wollen, Frau Klöckner, gerade Sie persönlich.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: 16 Jahre Vermittlungsausschuss!)

Aber das ist kein seriöser Weg, so damit umzugehen.

Und wenn Sie dann auch noch, wie in der Debatte heute, Manuela Schwesig als Beispiel dafür, dass auch die A-Länder Gesprächsbedarf haben, bemühen, ist das unseriös.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wir können auch Herrn Woidke oder Herrn Weil nennen!)

Gucken Sie sich an, was die Bundesratspräsidentin heute gesagt hat. Sie hat gesagt, es braucht eine schnelle Einigung. Sie sei mit dem aktuell im Raum stehenden Kompromiss sehr zufrieden, weil die Situation der Kommunen noch ein bisschen verbessert worden ist. Es brauche jetzt ein schnelles, parteiübergreifendes Zeichen. Dass Sie dann Manuela Schwesig als Beispiel für eine angebliche Blockade nehmen, ist nicht seriös.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wenn wir über Seriosität sprechen: Es ist bei Ihrem Antrag wie immer so, dass es keine Gegenfinanzierung gibt.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Doch! Mehr Wachstum!)

Die Berechnungsmethoden gehen auseinander. Sie wissen: Wenn wir Ihren Vorschlag beschließen würden, würde das zwischen 40 und 47 Milliarden Euro kosten. Konkrete Vorschläge stehen natürlich nicht in Ihrem Antrag – das kennen wir aus den Haushaltsberatungen –, und es steht natürlich auch kein Gegenfinanzierungsvorschlag darin. Es steht darin, dass sich das alles durch Wachstum und höhere Steuereinnahmen sofort wieder refinanziert.

Wir haben es heute im Ausschuss besprochen: Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Vorschläge im laufenden Jahr noch zu Mehreinnahmen von 200 Milliarden Euro bei den Unternehmen führen, die dann die entsprechenden Unternehmensteuern abwerfen, ist alles, aber nicht seriös. Deswegen begeistert mich die wirtschaftspolitische Kompetenz, die Sie sich selbst zuschreiben, hier jedes Mal aufs Neue.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Begeisterung“ aber in Anführungszeichen!)

Wenn wir uns die konkreten Forderungen angucken, sehen wir: Nicht nur der Oppositionsführer, sondern auch die Vorschläge atmen weiterhin den Neoliberalismus der 90er-Jahre. Sie wollen immer, dass die Menschen mehr arbeiten und Arbeit für Arbeitgeber immer günstiger wird, Sie wollen zum Beispiel keine Arbeitszeiterfassung mehr, Sie wollen mehr Druck auf Beschäftigte ausüben und natürlich die tägliche Höchstarbeitszeit streichen – immer nach dem Motto „Was kümmern uns Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer!“.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Die deutsche Industrie zahlt Spitzenlöhne im weltweiten Vergleich!)

Sie können es nicht bestreiten: Ihre Vorschläge triefen von der Hoffnung, dass die hart erarbeiteten gewerkschaftlichen und sozialpolitischen Erfolge der letzten Jahrzehnte geschliffen werden und die Menschen aus Angst vor einem Abstieg wieder schlechtere Jobs annehmen.

In demselben Geist wollen Sie das Lieferkettengesetz der EU weiterhin blockieren bzw. streichen. Man muss es in aller Deutlichkeit sagen: Die Lieferkettenrichtlinie der EU würde absichern, dass ausländische Unternehmen keine ungerechten Wettbewerbsvorteile genießen und sie ihrer Unternehmerverantwortung gerecht werden müssen. 80 Prozent der Unternehmer halten dies für umsetzbar.

Weil dazu in den letzten Tagen viel herumgegeistert ist: KMUs sind von den Regelungen ausdrücklich nicht betroffen, KMUs treffen keine eigenen Sorgfaltspflichten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lediglich Großunternehmen müssen sich vertraglich absichern, dass keine Menschenrechts- und Umweltverstöße vorliegen. Die Compliance-Kosten verbleiben bei den Großunternehmen. Und es gibt keine zusätzlichen Berichtspflichten, also keine zusätzliche Bürokratie. Dementsprechend wäre es schön, wenn wir auch da mal zu mehr Wahrhaftigkeit zurückkommen könnten.

Und natürlich ist auch klar, dass wir in Deutschland mehr investieren müssen.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ach was?)

Wir müssen Investitionen von Unternehmen steuerlich fördern, Abschreibungsmöglichkeiten verbessern, die Rahmenbedingungen verbessern, um die Binnennachfrage anzuregen. So wachsen wir uns aus der Krise – aber nicht durch Oppositionspropaganda.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: „Propaganda“? Das ist aber echt unterirdisch! „Propaganda“? Also, so tief müssen Sie echt nicht sinken! „Propaganda“, wenn man einen Antrag macht, „Propaganda“? Leute, Leute, Leute! – Gegenruf des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das ist die SPD Bayern, die liegen knapp über 5 Prozent!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7607193
Wahlperiode 20
Sitzung 153
Tagesordnungspunkt Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft
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