Julia KlöcknerCDU/CSU - Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Eine solche Plenardebatte zu einem Jahreswirtschaftsbericht, zu einer Regierungserklärung ist das, was man erwartet: Regierung und Opposition positionieren sich gegenseitig, hauen auch mal drauf – geschenkt, alles klar.
(Zuruf des Abg. Dr. Johannes Fechner [SPD])
Aber wir sind jetzt in einer Zeit, die irgendwie nicht so wie immer ist.
(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was!)
– Jetzt der Zwischenruf „Ach was!“ gerade von Ihnen, Frau Detzer. Sie haben doch gesagt: Diesen Weg gehen wir weiter. – Aber genau das ist das Problem,
(Beifall bei der CDU/CSU – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau!)
und das in dieser Zeit, wo wir massiv – ich sage es mal salopp – abschmieren. Deutschland kommt von einem hohen Niveau, ja. Aber wir müssen sehen, in welche Richtung wir gehen.
Sie haben sich neulich gefeiert dafür, dass Deutschland jetzt Japan als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt überholt hat. Na ja, man kann auch immer anspruchsloser werden. Die Abwertung des Yen ist so stark, dass wir jetzt aufgestiegen sind. Aber ist das unser Anspruch an Wirtschaftspolitik?
Schauen wir uns doch an, wie es in Deutschland aussieht. Hier gab es keinen einzigen Funken von Selbstkritik.
(Verena Hubertz [SPD]: Doch!)
Stattdessen bekommen wir die moralische Ansage vom Kollegen Westphal –
(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)
ich zitiere –: „In der Krise beweist sich Charakter.“
(Bernd Westphal [SPD]: Genau! Das ist so!)
Das stimmt.
Und jetzt sage ich Ihnen mal, wie gestern die Debatte zu unserem Antrag, zu unseren Vorschlägen lief, die wir gemacht haben.
(Zuruf des Abg. Dr. Johannes Fechner [SPD])
Man muss ja Vorschläge nicht teilen, aber zu einer Demokratie gehört: Rede, Gegenrede, zwei Meinungen, vielleicht findet man sich in der Mitte. Bei der SPD haben wir den Eindruck, es gibt immer nur eine Meinung, nämlich Ihre. – Dazu wird jetzt auch von Ihnen noch genickt. Super Sache!
Und Sie haben uns gestern vorgeworfen, dass ein Antrag der Union „Propaganda“ sei. Soll ich Ihnen was sagen? Sie wollen, dass nur das gilt, was Sie hier machen, und nicht das, was in einer Demokratie möglich ist.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der AfD: Das sind Marxisten!)
Wissen Sie, in Russland würde man sich freuen, wenn so eine Debatte möglich wäre.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie müssen echt achtgeben, wohin Sie hier gerade steuern.
Ich komme noch einmal darauf zurück: Sie wollen genauso weitermachen wie bisher, Frau Detzer. Und genau das macht uns Angst. Herr Habeck sagte in der „Bild“-Zeitung im April 2019:
„Wir können unsere Industriegesellschaft auf der Basis von erneuerbaren Energien aufbauen. … Wir können sagen: Hey, wir bauen ein reiches Industrieland um. Das kann gelingen. Es kommt auf jeden Einzelnen an. Wer macht mit?“
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, es kommt auch auf Sie an!)
Und ich sage Ihnen mal, wer mitmacht: die Leute, die realistisch da draußen ihre Arbeit machen. Aber sie werden von Ihren Entscheidungen gestört. Die einzige Erklärung, die heute kam, war, dass wir eine schlechte Weltwirtschaft haben. Ja, die Weltwirtschaft war schon mal besser; aber die IWF-Prognose für die Weltwirtschaft liegt bei 3,1 Prozent Wachstum. Das erreichen wir in Deutschland nicht.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Da sind auch hausgemachte Fehler dabei. Ich nenne Ihnen mal als Beispiel Feinsteuerungen aus dem BMWK. Mit Technologieoffenheit hat das nichts zu tun, sondern es wird versucht, eigene Fehler mit hohen Milliardenbeträgen weg zu subventionieren. Und Sie sagen: Wir wollen genau damit weitermachen.
(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist ein Problem für dieses Land. Deshalb machen wir andere Vorschläge, weil wir uns sorgen um die Stabilität und den Sozialstaat Deutschland. Darauf kommt es nämlich am Ende an.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie sprachen von einem Wirtschaftswunder, das kommen würde.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Sie rufen jetzt wieder rein.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, sagen Sie mal!)
Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen. Das ist ja heute ein Erfolgsmodell von Ihnen.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Ich bin gerne bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten.
Sie sprechen davon, dass noch ein grünes Wirtschaftswunder kommen wird. Wissen Sie: Hoffen ersetzt kein Handeln. In der Zwischenzeit sind die Fakten ganz andere. Es wurde ja eben Rheinland-Pfalz als Beispiel erwähnt, wo es so super laufen würde. Gehen wir mal in die Zahlen rein. Ihr Problem ist ja, dass Sie Einzelbeispiele von Investitionen nennen und dann sagen: Deutschland geht es gut. – In Rheinland-Pfalz zum Beispiel ist im vergangenen Jahr in den ersten sechs Monaten die Wirtschaftsleistung stark zurückgegangen. Das Bruttoinlandsprodukt ging laut Statistischem Landesamt preisbereinigt um 5,4 Prozent zurück im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Rheinland-Pfalz liegt damit auf dem letzten Platz der Bundesländer. Und Sie sagen, das sei ein super Beispiel für Deutschland. Das ist Ihr Problem als Ampel.
Wir wollen ein anderes Beispiel für Deutschland haben. Wir wollen, dass wir Wachstum bekommen. Mit Wachstum können wir die Transformation finanzieren. Wir wollen Anreize, um Arbeit aufzunehmen, und nicht Überlegungen, ob man Arbeitszeit reduziert und dann aufstockt. Wir wollen, dass Netzentgelte halbiert werden, dass die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß dauerhaft gesenkt wird.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir wollen die Unternehmen entlasten. Wir wollen Arbeit und Leistung belohnen, weil dadurch erst ein Land wieder in Schwung kommt. Das ist der Unterschied zu Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie die wirtschaftlichen Kennzahlen ernst nehmen würden, dann würden Sie auch unsere Vorschläge ernst nehmen. Und sagen Sie doch nicht, dass die wirtschaftliche Lage am Ende daran hängt, dass diese 3 Milliarden Euro im Vermittlungsausschuss noch nicht freigegeben worden sind! Wenn das Ihre Vorstellung ist, dann würde ich mir wünschen, dass der Kanzler überlegt, ob er noch am richtigen Platz ist und ob Sie als Koalition noch die gleiche Sprache sprechen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wie stimmen Sie denn ab?)
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Sebastian Roloff.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607261 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 154 |
Tagesordnungspunkt | Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland |