Sebastian RoloffSPD - Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Klöckner, ich wäre schon dankbar, wenn die Debatte wenigstens mal den Ernst der Lage reflektieren würde.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie haben uns Propaganda vorgeworfen! Sie waren das mit der Propaganda gestern!)
Und Sie – ich gehe darauf ein – könnten bitte wenigstens bei der Wahrheit bleiben. Wenn Sie auf meinen Redebeitrag gestern zurückkommen – Sie können es im Protokoll nachlesen –: Ich habe nicht Ihren Antrag als Propaganda bezeichnet.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie haben uns als Ganzes als Propaganda bezeichnet!)
– Nein, habe ich überhaupt nicht. Das ist gelogen, und das können wir im Protokoll gerne überprüfen. Ich habe gesagt, dass wir uns aus der Krise wachsen müssen, dass wir dafür Vorschläge brauchen, die in sich stimmig sind und die gegenfinanziert sind. Dann können wir uns aus der Krise wachsen, und wir brauchen keine Oppositionspropaganda. Das habe ich gesagt.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das macht es nicht besser!)
Dass Sie hier neuerdings die Sprachpolizei sind, finde ich bemerkenswert. Sie waren ja noch nicht mal in der Lage, auf die Demos gegen Rechtsextremismus zu gehen, weil Ihnen die Titel nicht gepasst haben.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Bitte? – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ein Unsinn!)
Wenn das Ihre Schwerpunkte sind, dann wundere ich mich tatsächlich nicht.
(Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Bitte, die Zwischenfrage lasse ich gerne zu, Frau Präsidentin, wenn Sie sie auch zulassen.
(Heiterkeit bei der SPD)
Selbstverständlich. – Frau Klöckner, Sie haben das Wort.
Ganz herzlichen Dank. – Ihre Erklärung macht es jetzt nicht besser; denn Sie sprachen von Oppositionspropaganda. – Aber Sie sollten, wenn Sie mir was vorwerfen, bitte auch bei den Fakten bleiben. Vielleicht haben Sie mitbekommen, dass ich bei einer Demo in Aachen gewesen bin. Würden Sie Ihre Behauptung dann bitte zurücknehmen?
Ich stelle hier auch gerne noch mal was klar: Wenn links der Mitte im politischen Raum in Ordnung ist, dann ist auch rechts der Mitte in Ordnung. Wenn Sie das so verschieben, dass alles, was links der Mitte ist, in Ordnung ist, aber was rechts der Mitte ist, nicht in Ordnung ist und damit gleich rechtsradikal oder rechtspopulistisch ist, dann dienen Sie nicht unserer Demokratie, sondern dann haben Sie ein anderes Problem. Sie haben eben von der Sprachpolizei gesprochen. Sie bedienen dann nämlich eine Denkpolizei.
Ich sage sehr klar, dass wir in diesem Land ein breites demokratisches Spektrum brauchen, in dem wir diskutieren können, Damit wir einen klaren Blick behalten, was rechtsextrem, was linksextrem ist – etwas Problematisches für unser Land; alles, was extrem und radikal ist, ist eine Gefahr für uns – und was Fundamentalisten sind, die religiös begründet handeln. Wenn Sie das nicht wahr- und ernst nehmen, dann ist, glaube ich, unser gemeinsames Problem noch viel größer.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich danke Ihnen für den Hinweis. Ich habe darauf Bezug genommen, dass Sie sich öffentlich darüber aufgeregt haben, dass die Demos „Demos gegen rechts“ genannt wurden, und das kritisiert haben.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Und zu Recht! Genau so! Das haben Sie richtig verstanden! Aber ich bin bei einer Demo gewesen! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Genau so!)
– Darf ich jetzt auch mal was sagen, bitte?
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Machen Sie es doch!)
Außerdem habe ich mich geärgert, dass zum Beispiel Herr Eisenreich aus Bayern gesagt hat, er gehe nicht zur Demo, weil Fridays for Future Co-Veranstalter ist.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Na ja, gut! Greta Thunberg ist auch nicht so der Renner, gell?)
Ich begrüße aber sehr, dass Sie in Aachen dabei waren; das wusste ich nicht. Selbstverständlich müssen alle demokratischen Kräfte, selbstverständlich inklusive der Union und der konservativen Kräfte, da für die Demokratie zusammenhalten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Da haben wir überhaupt keinen Dissens. Ich begrüße sehr, dass Sie dabei waren. Ich wäre aber froh, wenn wir uns vielleicht auf die Debatten fokussieren könnten und nicht billige Punkte durch irgendwelche kleineren rhetorischen Scharmützel machen würden.
(Beifall bei der SPD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ob was billig ist, entscheiden Sie, ja? Sie haben doch begonnen!)
– Es liegt in der Entscheidung des Betrachters. Aber so viel dazu.
Weil wir bei dem Thema Wahrhaftigkeit waren: Herr Dobrindt, der Blick auf Bayern ist mir ja immer ganz besonders wichtig. Da stellen Sie sich hierhin und sagen breitbeinig, Bayern sei bei den erneuerbaren Energien vorne. Ja, nach absoluten Zahlen. Wenn wir uns angucken, wie viele Windräder 2023 in Deutschland gebaut wurden, sehen wir: Es waren 745. In Bayern waren es ganze 7. Respekt! Da können Sie die Statistik so drehen, wie es Ihnen passt; aber die Menschen durchschauen das, und die Lage ist dafür tatsächlich auch zu ernst.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Warum wir in der aktuellen Situation sind, wurde schon oft skizziert. Wir müssen weiter auf die positiven Seiten blicken. Die Inflation hat sich bald bei den magischen 2 Prozent eingependelt.
(Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])
Wir haben sinkende Energiepreise. Wir haben einen Anstieg der Reallöhne. Und wir haben eine ganze Reihe von ausländischen Direktinvestitionen. 103 Milliarden Euro sind an Großinvestitionen in den Standort Deutschland angekündigt. Das sind alles außerordentlich positive Zeichen. Diese müssen wir als Politik natürlich flankieren, und das tut die Bundesregierung.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wachstumschancengesetz, Bürokratieentlastungsgesetz, Planungs- und Genehmigungsverfahren werden beschleunigt, Fachkräfteeinwanderungsgesetz, Zukunftsfinanzierungsgesetz, Novellierung des EEG, neue Handelsverträge, neue Rohstoffabkommen. Das sind alles Dinge, die schon wirken, aber die ihre Früchte teilweise erst ein bisschen zeitversetzt tragen. Das gilt übrigens insbesondere für die Unterstützung von Forschung und Entwicklung in Schlüsseltechnologien, in der Mikroelektronik, in der KI, in der Quantentechnologie und in der Raumfahrt. Da sind die richtigen Zeichen gesetzt, und diesen Weg werden wir weitergehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Klar ist auch, dass der Jahreswirtschaftsbericht eine Mahnung ist. Wir müssen ein investitionsfreundlicheres Klima schaffen, ein noch freundlicheres. Wir müssen Anreize setzen und die Infrastruktur auf den Stand der Zeit bringen. Ich glaube, die Erkenntnis, dass die Schuldenbremse reformbedürftig ist, setzt sich sukzessive durch. Wir können aber in der Zwischenzeit auch mit Investitionsprämien oder der Verbesserung von Abschreibungsmöglichkeiten arbeiten. Ich freue mich sehr auf die Vorschläge des Bundesfinanzministers zu dem Thema. Die SPD hat auch noch einiges vor. Ich bin mir sicher, dass wir da zu guten Kompromissen in der Ampel kommen.
Zum Abschluss darf ich noch sagen, dass der Jahreswirtschaftsbericht auch mit Blick auf einen anderen Aspekt ein Weckruf sein muss. Die schwierige Lage und gerade die Belastungen aufgrund der Transformation treffen Menschen mit niedrigen Einkommen meistens besonders hart. Die müssen wir im Blick behalten. Das betrifft insbesondere Geringverdiener. Die müssen wir – unabhängig von einer geringen Inflation – aber auch mit entsprechenden Maßnahmen, zum Beispiel mit einem sozial gestaffelten Klimageld, besonders entlasten. Die haben wir besonders im Auge. Dafür wird die Ampel auch in Zukunft die richtigen Schritte einleiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächster hat das Wort für die Gruppe BSW Klaus Ernst.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607262 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 154 |
Tagesordnungspunkt | Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland |