22.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 154 / Tagesordnungspunkt 8

Gabriela HeinrichSPD - Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit zehn Jahren versucht Wladimir Putin, imperialistische Großmachtfantasien auf Kosten der Ukraine durchzusetzen. Viele Menschen sind gestorben, unzählige traumatisiert. Kinder wurden entführt, Familien auseinandergerissen, Frauen vergewaltigt. Umso mehr gelten unsere Bewunderung und unser Dank den Ukrainerinnen und Ukrainern, die ihr Land tapfer und erfolgreich verteidigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die europäische Friedensordnung hatte seit Jahrzehnten Geltung. Jetzt hat Russland sie über den Haufen geworfen. Unsere Freiheit wird derzeit in der Ukraine verteidigt; wir wissen das. Dort geht es auch darum, ob Europa eine friedliche Zukunft hat. Die Ukraine zu unterstützen, ist deshalb in unserem ureigenen Interesse.

Deutschland ist nach den USA wichtigster Geber für die Ukraine. Der Bundestag hat die militärische Unterstützung für das Jahr 2024 – der Minister hat es bereits gesagt – von 4 Milliarden auf mehr als 7 Milliarden Euro erhöht. Es gibt keinen Grund, dieses immense Engagement, das wir mit unserem heutigen Antrag bekräftigen, kleinzureden. Dabei ist auch klar: Deutschland kann nicht alleine unterstützen. Deswegen ist es richtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz weltweit um Partner wirbt, um gemeinsam eine friedliche Weltordnung zu verteidigen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Kanzler vermittelt den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland Sicherheit – die Sicherheit, dass Deutschland nicht zur Kriegspartei wird.

Die verkürzte Debatte – wieder einmal – über einzelne Waffensysteme verstellt den Blick auf das Wesentliche. Niemand kann doch mit Sicherheit behaupten, dass ein einzelnes System der Gamechanger ist. Wir stehen für eine umfassende Hilfe, und das wird in diesem Antrag, den wir in der Koalition übrigens alle wollten, deutlich.

Liebe Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Unionsfraktion?

Bitte schön.

(Wolfgang Hellmich [SPD]: Jetzt kommt noch mal dasselbe!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Heinrich, der Minister hat uns ja an die Antragsteller verwiesen. Und die Kollegin Strack-Zimmermann hat ausgeführt, dass die Passage – ich zitiere – „Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition“ in Ihrem Antrag unterschiedlich ausgelegt werden kann. Deswegen ist meine Frage an Sie: Umfasst diese Formulierung Ihrer Ansicht nach auch die Lieferung von Taurus-Systemen? Ja oder nein?

Nicht zwingend.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Frage lässt sich nicht verkürzt mit Ja oder Nein beantworten. Sie haben es ja selber schon erwähnt: Das ist eine Interpretationsfrage.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind so feige!)

Es ist ein Kompromiss, auf den wir uns geeinigt haben und dem die SPD-Fraktion so zustimmen konnte, wie er formuliert ist.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Es geht nicht um die Ampel! Es geht um die Ukraine! – Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Das ukrainische Volk kann nicht interpretieren! Es muss leiden!)

– Sie sind gleich dran. Sie können dann gerne sagen, was Sie möchten. Jetzt wurde ich gefragt.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP])

Fakt ist: Wir haben an der Stelle keine rote Linie gezogen, und das hat übrigens auch der Kanzler nicht getan. Sie wissen ganz genau, dass es bisher kein Nein gibt.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Der Regierungssprecher ist doch gerade zitiert worden!)

Im Moment ist es so, dass weiterhin geprüft wird. Wir halten das für richtig, weil wir wissen, wie der Ernst der Lage ist. Was eine Kollegin von der FDP sagt, mag für sie richtig sein. Für mich ist es das nicht.

(Beifall bei der SPD – Peter Beyer [CDU/CSU]: Sie haben total abgewirtschaftet! – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Es geht nicht um die Ampel! Es geht um die Ukraine!)

Ich sage es noch mal: Wir stehen für eine umfassende Hilfe, humanitär, diplomatisch und natürlich auch mit Waffen und Ausbildung, alles in Absprache mit unseren Partnern. Eben das wird – auch wenn es Ihnen nicht gefällt – von der Ukraine deutlich gewürdigt. Was der Ukraine am meisten hilft, ist die Sicherheit, dass Deutschland und Europa fest an ihrer Seite stehen, jetzt und in Zukunft. Im Antrag haben wir das auch noch mal deutlich benannt.

Aber die von Kanzler Scholz ausgerufene Zeitenwende hatte von Anfang an nicht nur eine militärische Komponente. Seit Februar 2022 hat das Entwicklungsministerium über 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Juni werden wir gemeinsam mit der Ukraine die internationale Ukraine Recovery Conference in Berlin ausrichten. Das, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist doch ein sehr deutliches Signal.

Erst vergangene Woche schlossen der Bundeskanzler und der ukrainische Präsident eine historische Sicherheitsvereinbarung ab, und auch hier ist der Begriff „Sicherheit“ umfassend zu sehen. Es geht nicht nur um die langfristige militärische Zusammenarbeit und auch nicht nur um Cyberabwehr. Es geht um Wiederaufbau, Nachhaltigkeit, Resilienz, und Reformen sind ebenfalls Teil der Abmachung.

(Zuruf von der CDU/CSU: Schlagworte!)

Wir begrüßen ausdrücklich diese und andere bilaterale Sicherheitsvereinbarungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist mir besonders, dass die Verantwortlichen für die grausamen Verbrechen in der Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb befürworten wir die Einrichtung einer Gerichtsbarkeit für das Verbrechen der Aggression. Der Kreis der Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs ist zu erweitern, das Römische Statut zu reformieren. Täter dürfen nicht straflos bleiben. Und es darf keine Immunität für diejenigen geben, die das Begehen solcher Verbrechen befehlen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die Unionsfraktion hat das Wort Florian Hahn.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7607368
Wahlperiode 20
Sitzung 154
Tagesordnungspunkt Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine
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