22.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 154 / Zusatzpunkt 11

Konstantin KuhleFDP - Aktuelle Stunde - Einführung der Bezahlkarte

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir müssen im Zusammenhang mit der Diskussion über Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik aufpassen, dass die Menschen in unserem Land nicht den Glauben an die Handlungsfähigkeit des Staates verlieren.

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Die Lage in der Migrationspolitik ist kompliziert, vor allen Dingen mit Blick auf die Zuständigkeiten. Für das Ausländer- und Asylrecht an sich ist der Bund zuständig, für die Durchsetzung des Ausländerrechts sind die Länder zuständig, und für Versorgung und Unterbringung – das ist die Hauptlast – sind die Kommunen zuständig. Viele Menschen blicken durch dieses Zuständigkeitswirrwarr nicht durch.

Die verschiedenen Zuständigkeiten dürfen aber keine Entschuldigung dafür sein, wenn sich in der Migrationspolitik nicht genug in Richtung Ordnung und Kontrolle tut. Deswegen müssen wir weiter auf diesem Weg schreiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])

Weil das so ist, haben die unterschiedlichen staatlichen Ebenen bereits Dinge auf den Weg gebracht. Ich will nur daran erinnern, was wir auf Bundesebene schon auf den Weg gebracht haben: Erst vor wenigen Wochen haben wir hier im Deutschen Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung auf den Weg gebracht, um mehr Abschiebungen möglich zu machen. Wir haben mit dem Chancen-Aufenthalt schon vor einigen Monaten den Weg dahin gewiesen, dass mehr Menschen in den Arbeitsmarkt wechseln können. Und wir haben mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz unseren Beitrag dazu geleistet, dass irreguläre Migration nach Deutschland weniger attraktiv und reguläre Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt attraktiver wird. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stephan Stracke [CDU/CSU])

Wir müssen aber – die Diskussion darf an dieser Stelle nicht haltmachen – auch über das Asylbewerberleistungsgesetz sprechen. Auch das Asylbewerberleistungsgesetz ist Teil des deutschen Migrationsrechts, und auch hier müssen Veränderungen stattfinden. Deswegen bin ich froh, dass die Koalition im Januar beschlossen hat, dass der Übergang aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung nicht mehr nach 18, sondern erst nach 36 Monaten stattfindet. Das verringert Fehlanreize. Das trägt dazu bei, dass man sich auf eine Beschleunigung der Verfahren einstellen kann. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichzeitig hat die Ministerpräsidentenkonferenz gesagt, dass die Länder und Kommunen selber Bezahlkarten einführen wollen. Es war der Wunsch der Ministerpräsidenten und es war auch der Wunsch der Kommunen, Bezahlkarten einzuführen.

Wenn man sich über Bezahlkarten unterhält, dann ist es schon wichtig, sich einmal klarzumachen, warum es so was gibt wie das Asylbewerberleistungsgesetz. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist kein Instrument der Dauerversorgung, sondern das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Instrument, um während des laufenden Asylverfahrens eine menschenwürdige Versorgung sicherzustellen. Je schneller das Asylverfahren beendet ist, desto besser.

(Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])

Je schneller wir wissen, ob jemand rechtmäßig in Deutschland ist, desto besser. Je schneller wir wissen, ob jemand nicht rechtmäßig in Deutschland ist, desto besser; denn dann kann man sich um die Rückführung kümmern, so wie man sich um die Integration in den Arbeitsmarkt kümmert, wenn jemand rechtmäßig in Deutschland ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen müssen wir doch daran arbeiten, dass die Verfahren schneller werden. Ich wundere mich schon, dass hier so getan wird, als seien das Asylbewerberleistungsgesetz und die Bezahlkarte gewissermaßen Lebensschicksale. Wir brauchen weniger Geduldete, wir brauchen schnellere Verfahren, und wir brauchen mehr Klarheit darüber, wer rechtmäßig in Deutschland ist und wer nicht rechtmäßig in Deutschland ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir das hinkriegen, dann ist die ganze praktische Geschichte mit der Bezahlkarte im Grunde sehr schnell erledigt.

Wenn wir den Kommunen und den Ländern zuhören und die Kommunen und die Länder sagen: „Wir haben einen praktischen Hinweis an euch als Bundesebene, und wir wünschen uns eine Erweiterung der rechtlichen Grundlage“, dann sollten wir als Koalition sehr gut überlegen, ob wir nicht einfach für die Kommunen und die Länder diese Rechtsänderung beschließen, damit die Bezahlkarte flächendeckend und rechtssicher in Deutschland genutzt werden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Der Bundeskanzler hat’s sogar versprochen! – Zuruf von der CDU/CSU, an den Abg. Stephan Stracke [CDU/CSU] gewandt: Ja, genau!)

Wenn wir über den Bund sprechen, über die Länder sprechen, über die Kommunen sprechen, dann müssen wir schon auch darüber sprechen, wie unterschiedlich die Verfahren in Deutschland aktuell eigentlich aussehen. Ich habe es gesagt: Je schneller ein Verfahren beendet ist, umso besser für die Rechtsklarheit im Einzelfall, umso besser für die Lösung der praktischen Probleme bei der Bezahlkarte.

Es ist aber doch interessant, zu sehen, wie lang beispielsweise die Asylgerichtsverfahren in Deutschland sind. In Nordrhein-Westfalen dauert ein Asylgerichtsverfahren im Schnitt 21,5 Monate. In Brandenburg, beim Spitzenreiter, sind es 35,3 Monate. Man muss sich ja nicht wundern, dass es zu Schwierigkeiten bei der Klarheit über den Aufenthaltsstatus kommt, wenn es über drei Jahre dauert, um herauszufinden, ob die Leute rechtmäßig hier sind oder nicht. Dass das Ganze kein Naturgesetz ist, zeigt übrigens Rheinland-Pfalz mit einer Dauer von 3,5 Monaten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Manuel Höferlin [FDP]: Aha! Wer regiert denn da? Wer ist denn da Justizminister?)

Deswegen ist mein Appell an alle Verantwortlichen in den Ländern, jetzt dazu beizutragen, dass die Asylverfahren schneller werden, dass die Asylgerichtsverfahren schneller werden. Das können wir auf Bundesebene begleiten, indem wir eine rechtssichere Grundlage für die Bezahlkarte schaffen. Wir alle sollten an dieser Stelle als staatliche Ebenen unsere Hausaufgaben machen und damit dazu beitragen, dass die Menschen sehen: Wir tun etwas für Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik, und unser Staat, unser Gemeinwesen ist handlungsfähig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die nächste Rednerin aufrufe, möchte ich noch mal daran erinnern, dass um 16.40 Uhr die Urnen schließen sollen. Falls also ein Mitglied des Hauses noch nicht abgestimmt hat: Bitte jetzt die Gelegenheit nutzen!

Damit rufe ich für den Bundesrat die Ministerin aus Baden-Württemberg, Marion Gentges, auf. Bitte schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7607485
Wahlperiode 20
Sitzung 154
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Einführung der Bezahlkarte
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