23.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 155 / Zusatzpunkt 18

Thomas JarzombekCDU/CSU - Stärkung der Fusionsforschung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab einmal einen Bundespräsidenten, der hatte das Motto „Versöhnen statt spalten“. Das ist, glaube ich, ein Leitmotiv, um zu erklären, worüber wir hier heute reden. Wir reden hier nicht über Kernspaltung, sondern über Kernfusion.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha! Ach so!)

– Ich sehe interessierte Gesichter hier im Plenum. Ich finde, es ist sehr wichtig, zu Beginn zu erklären, dass der Vorteil der Fusionstechnik erstens darin besteht, dass es kein Risiko für eine Kettenreaktion und den gefürchteten Super-GAU geben kann, und wir zweitens kein Endlagerproblem mit Atommüll haben.

Fusionsenergie ist, wenn sie denn ans Funktionieren kommt, eine Quelle für unendliche Mengen an Energie, die wirtschaftlich erzeugt werden kann, CO2-arm bis CO2-frei, die wenig Flächenverbrauch haben wird, die auch nicht in Konkurrenz stehen wird zum Natur- und Artenschutz, wie wir es momentan bei anderen Dingen erleben, und die uns auch in die Lage versetzen wird, souverän Energie zu erzeugen. Ich finde, das sind fünf sehr wichtige Gründe dafür, das Thema Fusionsenergie nach vorne zu bringen.

Deutschland ist gut, was die Forschung der Fusionsenergietechnik betrifft. Wir sind weltweit anerkannt. Auch viele von denen, die jetzt in den USA an Lösungen bauen, haben zum Beispiel beim IPP, dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, ihre Zeit verbracht und Dinge gelernt. Wir haben mit Wendelstein 7-X eine exzellente Forschungsanlage und darüber hinaus noch weitere in Deutschland. Es gibt vier Teams, die bereits private Investoren überzeugen konnten und jetzt an den Start gehen, um tatsächlich Fusionskraftwerke aus dem Labor in die industrielle Fertigung zu bringen. Das liegt auch an den Programmen, die wir in 16 Jahren Union im Forschungsministerium sehr vorangetrieben haben. Die 1 Milliarde Euro, die in den nächsten Jahren dafür investiert wird, ist exakt eine Fortschreibung unserer Programme.

Damit kommen wir auch schon zu den Problemen. Am Ende kommen nur 15 Millionen Euro in diesem Jahr dazu. Wenn man das vergleicht mit anderen Haushaltstiteln, ist das nicht viel. Davon abzuziehen sind noch die globale Minderausgabe, die Inflationswirkung und andere Dinge. Marvel Fusion, das erste dieser vier Start-ups, hat jetzt tatsächlich einen Forschungsschwerpunkt in den USA errichtet, weil hier die Unterstützung, die man sich gewünscht hätte, offenbar nicht bereitgestellt werden konnte.

Das bringt uns dazu, in dieser Debatte heute noch mal zwei wichtige Punkte zu benennen; das ist der Kern unseres Anliegens hier.

Erstens. Es geht darum, hier privates Geld zu akquirieren und nicht nur staatliches. Das Tolle an der Fusionsforschung ist, dass es viele private Investoren gibt, die bereit sind, ins Risiko zu gehen, statt immer nur der Staat. Heute werden Investitionsentscheidungen für eine Technologie getroffen, von der natürlich keiner weiß, wann diese Kraftwerke wirklich entstehen werden. Aber wenn wir heute nicht die richtigen Entscheidungen treffen, dann können wir sicher sagen: Sie werden nicht bei uns entstehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen nicht, dass in Deutschland Fusionskraftwerke von amerikanischen Tech-Unternehmen gebaut werden, sondern wir wollen selber Fusion zum Exportschlager machen. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier einen Wettbewerb aufbauen, Stichwort „Technologieneutralität“ – ein Credo, das ich auch von den Liberalen immer wieder höre. Deshalb wollen wir auch, dass zwei Teams und zwei Kraftwerke gegeneinander antreten, vielleicht Laser- gegen Magneteinschluss oder wie auch immer. Wir sollten jedenfalls offen sein für diese unterschiedlichen Ansätze.

Zweitens – und das ist aktuell der allerwichtigste Punkt – steht das Thema Regulierung im Raum. Das Atomgesetz ist offenkundig – dazu gibt es ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes – nicht gültig für Fusionskraftwerke. Das festzuhalten, ist richtig und wichtig, weil es Regelungen enthält, die völlig übertrieben sind, würde man sie auf Fusionskraftwerke anwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir brauchen jetzt pragmatische Lösungen; denn wir hören natürlich, dass es Investoren gibt, die sagen: Wir glauben daran, dass es in Deutschland Topteams gibt – in die würden wir investieren – mit Toptechnologien – auch in die würden wir investieren –; aber wir sind nicht sicher, ob ihr es in Deutschland überhaupt erlaubt, eine solche Maschine zu bauen, und zwar zu konkurrenzfähigen Bedingungen erlaubt.

Deshalb ist es heute so wichtig, dass von hier aus – das wünsche ich mir auch von Ihnen, Frau Ministerin – ein klares Signal ausgeht, wie der Prozess für eine Gesetzgebung hinsichtlich der Regulierung von Fusionskraftwerken entlang des Strahlenschutzgesetzes aussieht. Das wäre der pragmatische Rahmen. Das ist der entscheidende Punkt, um die privaten Investoren tatsächlich dazu zu bringen, in unsere Forscherinnen und Forscher zu investieren und diese Technologie zur Reife zu bringen.

Wir wollen, dass das Thema Fusion ein Exportschlager „made in Germany“ wird. Dafür müssen Sie jetzt die richtigen Rahmenbedingungen setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie zunächst einmal alle ganz herzlich und gebe sogleich das Wort an Holger Mann für die SPD Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7607701
Wahlperiode 20
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Stärkung der Fusionsforschung
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