Nadine SchönCDU/CSU - Stärkung der Fusionsforschung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Christmann, danke für Ihr engagiertes Plädoyer für die Kernfusion. Wenn man diese Debatte aufmerksam verfolgt hat, fragt man sich nur, ob das, was da an Euphorie zu spüren war, denn auch von allen Koalitionsfraktionen einheitlich so getragen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ist, glaube ich, eine Einzelmeinung bei den Grünen!)
Wir haben jetzt eine Vielzahl von Reden gehört, und ich muss sagen: Bei den Grünen und bei der SPD erstreckt sich das Spektrum der Bewertung von Euphorie über Aussagen, dass das alles mehr oder weniger Zukunftsspinnerei ist, bis zu wirklichen Horrorszenarien.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Genau so ist es! – Holger Mann [SPD]: Wer hat das denn gesagt? – Sönke Rix [SPD]: Bei welcher Rede war das denn? – Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie nicht zugehört!)
Ich frage mich wirklich: Was ist die Position der die Bundesregierung tragenden Fraktionen als Ganzes?
(Dr. Holger Becker [SPD]: Ich habe Ihnen doch eine Wette angeboten! – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind geschlossen elektrisiert; das ist klar!)
Und: Sind die Aktivitäten, die das FDP-geführte Forschungsministerium in diesem Bereich erzeugen will, überhaupt von einem politischen Konsens innerhalb der Regierungsfraktionen gesichert?
(Beifall bei der CDU/CSU – Sönke Rix [SPD]: An welcher Rede haben Sie es festgemacht, Frau Schön?)
Ich weiß gar nicht, wieso immer wieder unterstellt wird, wir hätten gesagt, Kernfusion sei die Lösung für die Energiekrise oder für die Bewältigung des Klimawandels. Ich will klarstellen: Wir haben in unseren Anträgen und auch in unseren Reden immer wieder betont, dass wir das nicht so sehen. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Man muss das auch tun.
(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: So ist es!)
Klar ist: Wir setzen auf Kernfusion, und damit sind wir nicht allein. Etliche Forscherinnen und Forscher haben in den letzten Jahren in ganz kurzer Folge Durchbrüche erzielt, sowohl in der Magnet- wie auch in der Laserfusion. Erst vor zwei Wochen haben die Forscher des JET in Großbritannien wieder einen Rekord erzielt. Auch wir in Deutschland – das wurde zum Glück auch gesagt – haben eine wirklich exzellente Forschungsinfrastruktur, ganz tolle Forscher, die zu bahnbrechenden Erkenntnissen kommen.
Start-ups setzen auf Kernfusion. Es gibt dazu mittlerweile weltweit etwa 50 vielversprechende Start-ups, 4 davon in Deutschland; darauf können wir wirklich stolz sein.
Investoren setzen auf Kernfusion. Etliche internationale Fonds investieren derzeit in Kernfusion. Man spricht von Investitionen privaten Kapitals von über 6 Milliarden Euro. Und es ist doch so: Wenn Menschen bereit sind, ihr Kapital in eine Sache zu investieren – und das auch in großen Mengen –, dann ist das ein sehr guter Hinweis darauf, dass eine Sache viel Potenzial hat.
Wir sind der Meinung, es wäre gut, wenn unser Land von diesem Potenzial profitieren würde, und zwar nicht nur als Nutzer der Technologie, sondern als das Land, in dem der erste Fusionsreaktor steht. Deshalb haben wir bereits im Mai 2023 einen Antrag eingebracht und darin gefordert, dass erstens ein klares Bekenntnis zur Fusionsenergie abgegeben wird – das hat mir heute gefehlt –, dass zweitens ein Vorschlag für eine innovationsfreundliche Regulierung des Einsatzes von Fusionstechnologie erarbeitet wird
(Zuruf der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und dass drittens der Bau von Fusionsreaktoren angestrebt wird, und zwar mit vorkommerzieller Beschaffung und mit Meilensteinwettbewerben.
Zu diesem Antrag hatten wir eine sehr gute Anhörung im Ausschuss. Ausnahmslos alle Sachverständigen haben uns zurückgespielt, dass wir genau die richtigen Themen adressieren. In dieser Anhörung ist Mehreres deutlich geworden:
Zum Ersten. Die Relevanz von Kernfusion ist riesig. Der zeitliche Horizont, bis wann der erste Reaktor in Betrieb sein und Kernfusion auch wirtschaftlich werden könnte, wird mehrheitlich auf in etwa 20 Jahren prognostiziert.
Zum Zweiten. Es braucht weiterhin massive Forschung. Forschungsgelder müssen kontinuierlich und verlässlich zur Verfügung gestellt werden. Die Leopoldina hält das, was die Bundesregierung hier an Summen aufruft, für deutlich zu gering.
Zum Dritten. Es braucht eine adäquate Unterstützung von Start-ups; denn Start-ups sind diejenigen, die beweglich sind und das, was in der Forschung passiert, schnell auf den Weg bringen.
Wir schlagen als Methode die vorkommerzielle Beschaffung vor: der Staat als Ankerkunde, der die privaten Akteure die besten Lösungen im Wettbewerb entwickeln lässt.
Dazu braucht es Fachkräfte. Deshalb gilt es, sicherzustellen, dass Technikbegeisterung unterstützt wird, dass die Universitäten attraktive Studienangebote machen und dass aus den Hochschulen und aus den Instituten neben genialen Forschern auch gute Fachkräfte für die Wirtschaft entstehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Schließlich braucht es – und das ist der Kern unseres heute vorliegenden Antrags – ein regulatorisches Umfeld, das Investitionssicherheit schafft. Es reicht nicht, wenn die Ministerin sich dafür einsetzt – sie muss es voranbringen; sie ist ja in der Regierung.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Jo!)
Nach welchen Regeln würde man heute einen Fusionsreaktor bauen? Möglicherweise nach dem Atomgesetz. Aber Fusion und Spaltung unterscheiden sich fundamental. Physikalische Eigenschaften wie Halbwertzeiten, Aktivität, Strahlenart und Abfallprodukte sind komplett verschieden.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Um Investitionssicherheit zu schaffen, ist es wichtig, dass wir einen regulatorischen Rahmen schaffen, der Sicherheit gibt, und dass wir weiter in Forschung und auch in Start-ups investieren. Deshalb wollen wir ein Bekenntnis zu dieser Technologie und deutliche Aktivitäten dieser Bundesregierung sehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der nächste Redner ist Ruppert Stüwe für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607714 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 155 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Fusionsforschung |