Ingeborg GräßleCDU/CSU - Unterricht für Kinder mit und ohne Deutschkenntnisse
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich sollten wir uns heute doch schon hinlänglich verausgabt haben, sodass wir es jetzt mal ruhig und sachlich angehen könnten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Leider ist der Antrag – das wurde schon mehrfach gesagt; deswegen will ich es kurz machen – überhaupt nicht sachdienlich. Er ist extrem verwirrend. Vor allem – der Kollege Rohwer hat es gesagt – betrifft er eine Kompetenz, die nicht die des Bundes ist. Wir sind schwerpunktmäßig dafür nicht zuständig, also kann man ja einfach mal drauflosreden.
(Heiterkeit des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])
Ich muss Ihnen sagen: Das ist schon befremdlich und enttäuschend, und wir geben auch ein fatales Beispiel, wenn wir in diesem Hause so vorgehen. Deshalb meine dringende Bitte: Liebe AfD-Kollegen, geben Sie sich doch ein bisschen mehr Mühe!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich war wirklich angefressen und freue mich überhaupt nicht über die Redezeit.
Wir führen also eine Debatte ohne Kompetenzen, und wir führen eine Debatte über eine Politik, die von der AfD beklagt wird, die aber Ihr Kumpel Putin direkt verursacht hat. Ich kann dazu nur sagen: Es ist natürlich eine schwierige Situation, wenn während eines Schuljahrs plötzlich eine große Gruppe von Kindern hinzukommt, die kein Deutsch kann. Das ist eine fürchterlich schwierige Situation, zuerst für die Kinder selber, aber natürlich auch für die Lerngemeinschaften, für die ganze Schule, für die Lehrer. Es ist eine schwierige Situation.
Ich muss hier auch mal sagen, auch wenn ich nicht zuständig bin: Ich finde es großartig, wie die Schulen damit umgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde es großartig, wie die Lehrerinnen und Lehrer damit umgehen, wie die anderen Kinder damit umgehen, wie auch die Eltern damit umgehen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Denen bleibt ja auch gar nichts anderes übrig!)
Mir sagen meine kommunalen Vertreter: Wir sind so froh, dass die Eltern das alles mitmachen und nicht gleich nach anderen Klassen, mehr Lehrern und sonst was rufen. – Von daher: Danke an alle, die sich mit Schweiß, Ideen, Fleiß und viel Engagement in dieser schwierigen Situation einbringen!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jeden Tag wird Beachtliches geleistet. Wenn das Startchancen-Programm schon voll ausgerollt wäre, wäre das gut, weil wir es dringend brauchen. Deswegen, liebe Ampelkollegen: Macht hinne, damit die auf der rechten Seite hier endlich nicht mehr Dinge behaupten können, die so nicht stimmen, und damit wir denjenigen vor Ort helfen können, denen wir dringend helfen müssen! Deswegen: Macht hinne!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der AfD-Antrag will weder den Kindern helfen noch den Schulen. Das ist reine Stimmungsmache.
(Zuruf von der AfD)
Sie nehmen sich des wirklichen Problems ja gar nicht an. Sie zeigen mal wieder, dass Ihr sogenanntes Programm nur durch Rechtsbruch zu realisieren ist: Bruch des internationalen Rechts sowieso, Bruch des nationalen Rechts, Bruch von allem, was mühsam aufgebaut und für gut befunden wurde. Jetzt sollen es Migrationsklassen werden, wie Sie sagen. Also: Segregation statt Integration.
(Zuruf von der AfD)
895 Volkshochschulen sollen also das regeln, was 15 500 Grundschulen in diesem Land angeblich nicht fertigbringen. Das ist einfach absurd!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das löst auch kein Problem, weil der Lehrermangel alle Einrichtungen betreffen würde. Ich habe mal an der Volkshochschule Italienisch gelernt. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass diese wirklich verehrungswürdige Italienischlehrerin Grundschüler vor sich hat – dann täte mir das leid für beide Seiten.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir brauchen ein flexibles System, weil wir nur so vorankommen können.
Dank des BMBF wissen wir – dazu gab es eine schöne Studie, Herr Staatssekretär –, dass der Stand der Integration abhängig ist von der Bildungspolitik des Bundeslandes. Da kann ich nur sagen: Grüße an die Länder! Es ist halt nicht egal, wer regiert – wir wissen das –, und es ist auch nicht egal, was gemacht wird.
An die Kolleginnen und Kollegen der AfD noch ein heißer Tipp: Beim Deutschen Schulportal der Robert-Bosch-Stiftung kann man lernen, was die Bundesländer alles machen in Sachen Schule und Integration, auch für die Integration von ukrainischen Kindern. Da kann man intensiv nachschauen.
(Zuruf der Abg. Nicole Höchst [AfD])
– Liebe Frau Kollegin Höchst, der Ruhm der Vergangenheit nützt keinem, uns leider auch nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es nützt nichts, wenn wir zurückblicken.
Wir wollen eine flächendeckende Diagnose der Sprachkenntnisse von Drei- bis Vierjährigen und im Fall von Förderbedarf natürlich verpflichtende Sprachförderprogramme; das wird zum Teil schon gemacht. Wo es an Sprachkompetenz fehlt, müssen wir natürlich nachlegen. Die etwas älteren Kinder sollen durch ergänzende Förderprogramme im Schulalltag unterstützt werden, ohne die Kinder auszugrenzen. Wir wollen die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund. Also: Zusammenhalt statt Ausgrenzung.
Frau Präsidentin, ich habe noch einen schönen Satz aufgeschrieben bekommen von einem Praktikanten, der ganz neu ist bei mir im Büro; den muss ich noch vortragen, sonst ist er angefressen.
(Zuruf von der AfD: Mit welcher Qualifikation?)
– Oh, der kann mit Ihnen mithalten. Vorsicht! Bei mir kommen keine Idioten ins Büro.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Also: Lasst uns zusammenstehen für ein Bildungssystem, das alle willkommen heißt und dort ansetzt, wo es sinnvoll ist – ein System, das nicht von Ausgrenzung und Ablehnung lebt, sondern durch direkte Unterstützung diesen Kindern unter die Arme greift.
Ich habe es gesagt: Wir lehnen den Antrag ab.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Man möchte „Zugabe“ rufen! – Nicole Höchst [AfD]: Alles zusammengewürfelt!)
Vielen Dank. – Der letzte Redner in der Debatte ist für die SPD-Fraktion Dr. Holger Becker.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607784 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 155 |
Tagesordnungspunkt | Unterricht für Kinder mit und ohne Deutschkenntnisse |