23.02.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 155 / Zusatzpunkt 25

Philipp AmthorCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Schutz der Meinungsfreiheit vor staatlichen Übergriffen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn man über die Meinungsfreiheit in Deutschland redet, dann ist ein Befund ganz klar – auch nach beiden Beiträgen –: Es ist nicht geholfen mit hyperventilierenden Interpretationen von links oder von rechts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zur Meinungsfreiheit zwei Bemerkungen:

Erstens. Es ist schon so – und das ist in dieser Debatte richtig adressiert worden –: Das Recht auf Meinungsfreiheit beinhaltet eben nicht das Recht, dass Meinungen unwidersprochen bleiben. Das ist ja insbesondere bei der AfD immer wieder erklärungsbedürftig. Denn es ist ja immer wieder ein beliebtes Vorgehen: Ich erzähle irgendeinen Stuss, anschließend beklage ich mich darüber, dass jemand diesem Stuss widerspricht, und sage: In Deutschland gilt doch die Meinungsfreiheit.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

So funktioniert das nicht. Dieser wehleidige Opfermythos ist keine richtige Interpretation der Meinungsfreiheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Widerspruch muss man aushalten.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das machen wir jeden Tag!)

Das ist demokratisch, das ist richtig, und das ist notwendig.

Zweitens. Wir müssen uns aber schon klar vor Augen führen: Was ist die Aufgabe von Politik, was ist die Aufgabe der Gesellschaft, und was ist die Aufgabe des Staates? Da muss eben klar sein: In einem freiheitlichen Rechtsstaat gilt die Meinungsfreiheit nicht absolut, nicht schrankenlos. Es muss uns klar sein: Das Grundgesetz weist die Meinungsfreiheit auch in Schranken – in allgemeinen Gesetzen, in der Praxis vor allem im Strafrecht und im Recht der persönlichen Ehre.

In dieser Rechtslage muss uns klar sein: Ein funktionierender Rechtsstaat darf es nicht dulden, dass unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu Extremismus aufgerufen wird, dass Gruppen herabgewürdigt werden. Ganz im Gegenteil: Hier müssen die Grenzen klar gezogen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber – und das sage ich auch in Richtung der Ampel – uns muss bei allem legitimen Kampf gegen den Extremismus auch klar sein, dass sich der Staat nicht zum absoluten Hüter der Wahrheit aufspielen darf. Deswegen muss ich Ihnen schon sagen: Ich habe einigermaßen irritiert zur Kenntnis genommen, wie die Bundesinnenministerin gemeinsam mit dem Verfassungsschutzpräsidenten in der letzten Woche eine Einordnung ihres sogenannten Pakets gegen Rechtsextremismus vorgenommen hat.

Wenn man sich das mal vor Augen führt: Frau Faeser hat erklärt, wie sie denn jetzt auf den öffentlichen Diskurs staatlicherseits Einfluss nehmen will. Eine – Zitat – „Früherkennungseinheit“ soll Desinformationskampagnen erkennen. Die Zitatresilienz von Journalisten soll gestärkt werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll geschützt werden.

Wenn man sich das alles und die Tonalität dieser Debatte von linker Seite vor Augen führt, dann muss man sagen: Das hat eine Schlagseite, und das dient einer Entfesselung staatlicher Gewalt zugunsten einer Herrschaft des Verdachts. Das ist nicht demokratisch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Und ich sage Ihnen: Es hilft uns nicht, wenn man unter vagen Begriffen wie „rechts“, „Delegitimierung“ und „Hetze“ versucht, das eigene Politikprogramm durchzusetzen. Wir haben einen wehrhaften, einen evidenzbasierten Rechtsstaat,

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ich dachte, die WerteUnion ist nicht mehr Teil der Union!)

und uns muss klar sein: Da helfen hyperventilierende, undifferenzierte Vorstellungen von einem Kampf gegen rechts nicht.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Was ist denn das für ein Geschwurbel!)

Wir brauchen einen klugen und einen zielgenauen Kampf gegen Rechtsextremismus, und zu dieser Differenzierung müssen Sie fähig sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn ich sage Ihnen: Wenn rechts verschwindet, was bleibt denn dann noch übrig? Links und grün. Und das ist zu wenig für eine Demokratie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Sie haben zu viel Redezeit heute! – Maja Wallstein [SPD]: Sie machen sich gerade zum Steigbügelhalter!)

Ich will Ihnen etwas in einem gekürzten Zitat von Harald Martenstein aus der „Welt“ vortragen – besser hätte man es nicht formulieren können; ich zitiere –:

„Bismarck, Begründer des deutschen Sozialstaats: rechts. Gustav Stresemann, der bei den Nazis verhasste Kanzler und Friedensnobelpreisträger: rechts. Der Hitler-Attentäter Stauffenberg und sein Team: rechts. Wer glaubt, „rechts“ bedeute das Gleiche wie „rechtsradikal“, ist dumm.“

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

„Ich meine das nicht so böse, wie das vielleicht klingt. Es muss auch dumme Menschen geben, die Evolution hat es so gewollt.“

Diesem Zitat ist nichts hinzuzufügen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Man muss auch zuhören! – Maja Wallstein [SPD]: Herr Amthor, Sie machen sich gerade zum Steigbügelhalter!)

Uns muss schon klar sein: Wir müssen differenzieren. Es kann nicht sein, dass Sie in dem gemeinsamen Kampf, den wir gegen Rechtsextremismus brauchen, eine Politik des Verdachts auf den Weg bringen,

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Alles richtig! Genau richtig!)

die alle nicht linken Organisationen kriminalisiert, während Ihre linken Vorfeldorganisationen durch das Demokratiefördergesetz finanziert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dorothee Martin [SPD]: Das ist peinlich!)

Das kann nicht funktionieren. Sie haben uns an der Seite im Kampf gegen Rechtsextremismus, aber nicht bei der Ausgrenzung von allem, was nicht links und grün ist in diesem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Was für ein Blödsinn! Unglaublich! – Dorothee Martin [SPD]: Das ist so peinlich! – Weiterer Zuruf von der SPD: In Wort und Inhalt vollkommen unangemessen! – Gegenruf des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU]: Wenn es Sie schmerzt! – Dr. Jens Zimmermann [SPD], an den Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU] gewandt: Ja, das schmerzt uns wirklich sehr! – Aydan Özoğuz [SPD], an den Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU] gewandt: Das war eher Geschwurbel als Schmerz!)

Für Bündnis 90/Die Grünen ist Marcel Emmerich der nächste Redner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7607811
Wahlperiode 20
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Schutz der Meinungsfreiheit vor staatlichen Übergriffen
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