13.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 156 / Zusatzpunkt 1

Jens LehmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr

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Frau Präsidentin! Frau Wehrbeauftragte! Meine Damen und Herren! Herr Droßmann, die Einberufung dieser Aktuellen Stunde hätte ich mir vor allen Dingen von den Ampelfraktionen gewünscht. Aber Sie haben stattdessen die von uns beantragte Sondersitzung verzögert. Und auch der Bundeskanzler wollte sich den Fragen im Ausschuss nicht stellen. Aber wir sprechen hier über gleich zwei höchst brisante Sachverhalte. Es geht um Detailfragen beim Marschflugkörper Taurus und um abgehörte Gespräche deutscher Luftwaffenoffiziere.

Meine Damen und Herren, der Abhörvorgang der Russen durfte nicht passieren. Da Putin ihn natürlich zu Propagandazwecken missbraucht, sollte spätestens jetzt dem letzten naiven Russlandfreund klar sein, dass Russland nicht nur in der Ukraine einen physischen Krieg führt, sondern auch asymmetrisch in Deutschland. Dass unsere Luftwaffenoffiziere abgehört wurden, deckt im Übrigen schonungslos auf, dass wir dringend besser werden müssen, wenn es um verschlüsselte Kommunikation und vor allen Dingen um deren Anwendung geht. Ich denke, wir alle erwarten eine vollständige Aufklärung von Minister Pistorius mit entsprechenden Konsequenzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ehrt ihn, wenn er sich vor seine Soldaten stellt, sie in Schutz nimmt und erst einmal disziplinarische Ermittlungen abwartet. Dasselbe hätte ich mir auch im Fall von General Kurczyk erwartet. Aber hier misst Boris Pistorius offenbar mit zweierlei Maß.

Meine Damen und Herren, im Telefonat über den Taurus haben die beteiligten Soldaten ihren Job gemacht: Sie sind Einsatzmöglichkeiten der Waffe durchgegangen. Es ist jedoch ein maßgeblicher Widerspruch zwischen den Inhalten des abgehörten Gespräches und den Aussagen des Bundeskanzlers offensichtlich geworden:

(Beifall des Abg. Jürgen Hardt [CDU/CSU] – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Eben gerade nicht!)

Wie verhält sich der Inhalt des Gespräches mit den Aussagen von Bundeskanzler Scholz? Für mich passt das nicht zusammen. Einer muss die Unwahrheit sagen. Es kann nur eine Wahrheit geben. Entweder braucht es deutsche Soldaten in der Ukraine, um den Taurus zu begleiten, oder nicht. Da ich keine Bundeswehrsoldaten in den Taurus-Nutzerstaaten Spanien und Südkorea sehe, scheint die Antwort klar zu sein.

Angesichts der Brisanz des Themas ist es zwingend, dass Sie dem Parlament umfassend erklären, warum Sie keine Taurus-Marschflugkörper liefern wollen. Sie haben die Chance am Montag zur Sondersitzung verpasst, und auch Ihre heutigen Aussagen machen die Sache nicht besser. Es ist Ihre Pflicht, vor den gewählten Vertretern des Volkes wichtige Dinge zu erklären. Ich möchte nicht in die nächste Schülerzeitung schauen müssen, um Ihre aktuelle Meinung und Argumentationen zu Taurus zu erfahren. Ein Basta vor Schülern ersetzt nicht die Erklärung vor dem Parlament.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier erwarte ich eine klare Aussage, vor allem mit gleichbleibenden und stichhaltigen Argumenten, die das Parlament überzeugt und den Bürgern eine klare Linie vermittelt. Meine Damen und Herren, die Argumentation des Kanzlers bei Taurus ist die gleiche wie bei der Lieferung von schweren Waffen wie Panzerhaubitze oder Leopard, wo es im Übrigen auch erst hieß, wir können nicht liefern, weil die Systeme zu kompliziert seien, weil wir uns dann direkt am Krieg beteiligen würden. Schlussendlich und auf massiven Druck hin stimmte der Kanzler der Lieferung der Waffen zu.

Deutschland befindet sich glücklicherweise nicht im Krieg mit Russland. Aber wir unterstützen mit der Ukraine ein Land, das sich gegen einen Aggressor wehrt, und geforderte Verhandlungen mit Russland kann und wird es nur geben, wenn wir eine wehrhafte Ukraine haben. Daher auch meine Fragen an die Bundesregierung und den Bundeskanzler, der ja die englische und französische Präsenz in der Ukraine bekannt gegeben hat: Befinden sich die NATO-Staaten England und Frankreich im Krieg mit Russland? Ich nehme die Antwort vorweg: Nein. Beide Länder sind keine Kriegsparteien – und das, obwohl sie ähnliche Waffensysteme wie Deutschland an die Ukraine liefern.

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich von der Argumentation des Kanzlers nicht täuschen. Wenn er behauptet, Taurus könne nicht geliefert werden, weil man damit weit ins russische Hinterland wirken kann, dann ist das eine schwache Argumentation. Die Ukrainer könnten beispielsweise auch mit Panzerhaubitzen sehr weit ins Hinterland wirken. Ich denke, der Kanzler hat kein Vertrauen in die ukrainische Armee. Die Ukrainer haben bisher alle auferlegten Regeln der Lieferländer penibel eingehalten, und das wird auch so bleiben. Da bin ich mir sicher.

Meine Damen und Herren, wir sollten aus der Abhöraffäre und dem Kanzlerveto zum Taurus Folgendes für unsere Arbeit hier im Parlament mitnehmen: Für unsere Sicherheit muss investiert werden. Wir brauchen eine voll ausgestattete Bundeswehr, um abzuschrecken. Deshalb muss der Einzelplan 14 um 10 Milliarden Euro jährlich wachsen, um auch nach dem Sondervermögen wichtige Beschaffungen tätigen zu können. Werte Kollegen, sorgen Sie in den Haushaltsverhandlungen dafür, dass der Verteidigungsetat auch tatsächlich auf diese 2 Prozent angehoben wird.

Mit einem Zitat von Wilhelm von Humboldt, der schon vor 200 Jahren wusste, „… ohne Sicherheit ist keine Freiheit“, möchte ich schließen.

Danke

(Beifall bei der CDU/CSU)

Agnieszka Brugger für Bündnis 90/Die Grünen ist die nächste Rednerin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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